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baute, kam selbst von Straßburg und ging dahin und nach Ulm. Und wenn
wir auf die Neuzeit blicken, so hat in Bern der Gedanke an den Ausbau des
Turmes, wenn auch schon 1796 der Werkmeister N. Sprünglin am Münster
und andere später wieder ihn neu angeregt hatten, erst durch das Bauen in Köln
seit 1841 einen kräftigen und nie mehr ganz vergessenen Anstoß erhalten. Und
derjenige, welcher dem 1878 besonders durch Professor vr. Ferd. Vetter gegründeten
Münsterbauverein die Möglichkeit und den Weg des Ausbaues entgegen den gegen-
teiligen Ansichten fast aller einheimischen Sachverständigen nachgewiesen hat,
war niemand anders als der Meister von Ulm: Münsterbaumeister Professor
vr. von Beyer, der durch seine geniale Unterführung die alten Schäden ge-
heilt, als Oberleiter mit Architekt Aug. Müller in Bern den Ausbau her-
beigeführt und damit seinem Ulmer Ruhmeskranz ein neues schönes Blatt hinzu-
gefügt hat. Es ist hienach nur voll begründet, wenn man auch in Deutschland
und zumal in Schwaben an dem Berner Werk herzlich Anteil nimmt, und unser
Kunstblatt möchte dem in erster Linie Ausdruck geben. Stellen wir uns zu
weiterer Entfachung innerer Anteilnahme den ganzen Bau, der nun seine Krönung
erhalten hat, etwas näher vor Augen. Es bietet sich uns dabei als vorzüglicher
Führer die treffliche, reich und schön ausgestattete Festschrift dar, welche, wiederum
in schönem Bunde deutschen und schweizerischen Geistes, der deutsche Kunsthistoriker
und der obengenannte bauleitende Berner Architekt fertig gestellt haben.*)
Wir können uns dabei natürlich nicht auf alles einlassen, was diese Fest-
schrift mit ihrer so gründlich alles, was irgend noch zu haben war, zu Rate
ziehenden und sorgfältig nachweisenden Arbeit ergänzend, berichtigend, mehrend
unsrem bisherigen Wissen hinzugefügt hat, oder auf kritische Beleuchtung aller
etwaigen schwachen Punkte in ihren neuen Aufstellungen. Wir versuchen nur
einmal in einer Übersicht an der Hand der Geschichte den Bau neu vor unserem
geistigen Auge erstehen zu lassen, und wollen dann wichtigere Einzelheiten aus
der Beschreibung noch besonders hervorheben. Anderes, wie z. B. die so viele
Nöten für die Berner bringende und an sich auf den Münsterbau so viel ein-
wirkende einstige „Kirchhofmauer", die großartige Münsterterrasse, und deren wenig
erquickliche Geschichte seit ihrem Beginn im Jahr 1334, können wir als für uns
weniger wichtig füglich übergehen.
I. Aus der Geschichte des Gaues.
n) Bis zum Ausbau.
Als die Berner im Jahr 1421 thatsächlich zu dem seit 1406 ernstlich ins
Auge gefaßten Bau ihres Münsters schritten, da galt es wie so vielfach sonst
den Bau einer neuen Kirche aus einer Stätte, auf welcher schon vorher eine
*) Das Münster in Bern, Festschrift zur Vollendung der St. Vinrenzenkirche von
vr. Berth. Händcke und Aug. Müller. Bern, Schmid, Fraucke u. Cie. 1894. Folio 180 S.
Auf ausdrücklichen Wunsch des Herrn Münsterbanmeisters stellen wir gleich hier eine Un-
genauigkeit des sonst sehr zuverlässigen Werkes richtig: nicht Herr Münsterbanuicister von Beyer,
sondern Herr Hofbandirektor von Egle hat die Wiederherstellung der Eßlinger Frauen-
kirche geleitet. D. R.
 
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