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Christliches Kunstblatt für Kirche, Schule u. Haus — 51.1909

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Nr. 3 (März 1909)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44121#0094
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lebend, gestaltend in seinem Herzen getragen, was er nun zur Mitfreude
des evangelischen Christenvolks aus seinem Herzen hat rinnen lassen.
An Hand einiger mir vom Komponisten freundlich zugestellien Notizen
möchte ich gerne die Kantate, gedacht als Bestandteil einer sommerlichen
Abendfeier, näher kennzeichnen.
An der Gerhardtschen „Sommerfreude" soll die ganze Gemeinde sich
beteiligen, in ihren einzelnen Elementen: Gruppen (Chor der Kinder und
der Erwachsenen), Individuen (Solostimmen) und in ihrer Gesamtheit:
Gemeindegesang. Die ersten zwei Strophen sind Einzelstimmen zugeteilt —
natürlich, das fordert geradezu der Text: „und siehe wie sie mir und dir
sich ausgeschmücket haben". Mann und Frau singen's einander zu. And
was wäre natürlicher, als daß Kinder sich vom Leben der Tierwelt Nr. 3
und 4 zum fröhlichen Chor erwecken ließen?
Das wundervoll aufgebaute und gegliederte Gedicht zerfällt deutlich in
zwei Hälften, die naturgemäß, vom musikarchitektonischcn Standpunkt so gut
wie in bezng auf den Inhalt der betreffenden
Strophen mit Gemeindegesang abzuschließen
sind. Str. 8 wird ja das einfachste Gemeinde¬
glied, das beim Kunstgesang nur zuhören
konnte, mit fortgerissen und will und muß
jetzt auch mit einstimmen. Daß die letzte Strophe
der Lieder auch wieder der Gemeinde gehört,
versteht sich von selbst.
Der Inhalt rechtfertigt es, daß mit
Strophe 12 der erste Teil in etwelcher Ver¬
kürzung wiederkehren kann. Die Gedanken des
Dichters wenden sich von dem visionären Aus¬
blick in den himmlischen Garten energisch
wieder der Erde zu, wobei sogar ähnliche
Bilder wiederkehren. Musikalisch wird dadurch
eine prächtige Einheitlichkeit rind Abrundung
erzielt. In diesem letzten Abschnitt, der ernsten Betrachtungen gewidmet ist,
haben die Kinder nichts mehr Eigenes zu sagen (die Parallelen zn Str. 3
und 4 fehlen), sondern können höchstens den Alten nachsingen. (Str. 14).
Während der erste Teil und der entsprechende Schlußabschnitt streng strophisch
behandelt sind, ist das kleine Mittelstück zu Anfang des zweiten Teils
(Str. 9—11) dem gänzlich verschiedenen, visionären Charakter entsprechend
frei durchkomponiert. Damit aber doch der musikalische Zusammenhang mit
dem übrigen gewahrt bleibt, tritt wenigstens ein Motiv des ersten Teils,
dasjenige der Kinder aus Str. 3 und 4 leicht erkennbar, wenn auch in
veränderter Taktart, auf („Da so viel tausend Seraphim").
Mit Strophe 9, dem Eintritt des „visionären" Teils, findet gleichsam
eine Szenenverwandlung statt, indem durch die „Terzverwandschaft" L-ciur
sich plötzlich in ^8-cIur verwandelt. — Anderer Art ist der Aebergang von


Ans der Millet-Mappe des
Kunstwarts:
Der Säemann
 
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