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Chronik der Stadt Heidelberg — 12.1904 (1906)

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https://doi.org/10.11588/diglit.2730#0166
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geführt; hier besuchte er bis 1875 das Gymnasium, um daun
an der hiesigen Universität, in Leipzig und Berlin erst Rechts-
wissenschaft, bald Geschichte, deutsche Sprache und besonders Philo-
sophie Zu studieren. Mehrfach durch Krankheit in seiner geistigen
Arbeit gestört, drang er doch durch alle Schwierigkeiten hindurch und
bestand in Berlin seine Prüfung in den gefaulten Hauptfächern seines
Studiums, denen er dann noch Ergänzungsprüfungen in den alten
Sprachen und im Englischen folgen ließ. Nachdem er (1882) frei-
willigen Dienst am Heidelberger Gymnasium getan hatte, wurde er nach
Bruchsal versetzt, wo er von 1883—1893 blieb und die entscheiden-
den Grundlagen seines Lebens gewann: er promovierte, er wurde
(1888) zum Professor ernannt, er konnte auf einer längeren Reise
englische Sprache und englisches Leben, besonders in der Erziehung,
an der Quelle kennen lernen, er gründete sich einen eigenen Haus-
stand. In Heidelberg hat er dann 10 Jahre von 1893 an gewirkt,
durch erneute Krankheit einmal längere Zeit zur Ruhe gezwungen.
Trotzdem entfaltete sich hier sein Wesen völliger und reicher, beson-
ders war er bedacht, seinen deutschen und geschichtlichen Unterricht
philosophisch zu vertiefen, so daß er wohl auch an seine Schüler nicht
geringe Anforderungen stellte, aber sich immer von strenger Ge-
rechtigkeit in seinem Urteil leiten ließ. Dabei war er mit manchen
überlieferten Anschauungen nicht einverstanden; eine vornehme und
wahrhafte Natur, die den Widerspruch nicht scheute, war er aber doch
auch den Gründen des Gegners nicht unzugänglich. Freudig erfaßte
er die Aufgaben feines Berufs und wußte ihnen, zugleich ein liebens-
würdiger Kollege voll warmer Empfindung für das Schicksal anderer?
gerecht zu werden, so sehr ihm mitunter sein Körper hindernd in
den Weg trat. Seine höchste Befriedigung fand er in seinem Fa-
milienleben; aber des in schönster Lage erbauten eigenen Heims sollte
er sich freilich nicht lange erfreuen.
Am 18. Februar verlor Heidelberg in seinem Ehrenbürger Dr.
Wilhelm Blum einen seiner besten Männer, der in einem langen
Leben seine reiche Kraft nur in den Dienst der Öffentlichkeit und
ihrer vielseitigen Interessen gestellt hatte. In Dorpat (1831) ge-
boren, aber aus einer Hanauer Familie stammend, war er nut seinem
 
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