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Diese Epitaphien (von denen manche in Wirklichkeit im bedeutenden Aus-
masse ausgefuhrt wurden, wie z. B. das von Heussler in Brzeg, dass die Hóhe von
6 M. betragt) befinden sich: funf in Brzeg, je eine in Namysłów, Pogorzela (Po-
garełl) und Michałów und drei in Nysa (eines davon fragmentarisch erhałten). Er
schópfte auch ein Ałabasterrełief in Kórnik bei Poznań (Posen) und vielleicht der
Sonnenuhr am Rathause in Otmuchów (Ottmachau). Charakteristisch fur seine
Tatigkeit ist die Anwendung im breiten Ausmasse des Stucks, aus dem er nicht
nur Rełiefs ausfuhrte, aber oft auch ganze Epitaphstrukturen (Weisskopfs in
Brzeg, anonymes in Namysłów) herrstelłte. Er wieś seine grosse Errungenschaft
nicht nur auf dem Gebiete der architektonischen Kompositionen auf, sondem
auch bei der Auswahl kompłizierter, meist allegorischer Szenen. Er hat vielmals
einzełne Rełiefs aus den graphischen Vorlagen nachgeahmt (siehe die in dem
Biłdteile zusammengestełłten Beispiele) und er benutzte dazu „laufend" die aus
den Niederlanden weitverbreitete Graphik eon Collaert, Voss u. a. Er nahm unbe-
kummert Motive von „katolischer" Pragung fur evange!ische Epitaphien und um-
gekehrt. Das Relief in Kórnik und das Bruchstuck eines Epitaphs in Nysa zeigen
ihn ais einen Bildhauer, der mit grossen Kentnissen in Alabaster gearbeitet hat.
Seine lokale Abstammung hatte zur Folgę, dass er in einem viel geringeren Aus-
masse ortodox-niederlandisch war, ais manche anderen zeitgenossischen, schlesi-
schen Bilhauer.
Kramers und Grebachers Verschwinden aus Brzeg, bedeuten das Ende des
Vorranges dieser Stadt, zu Gunsten der Hauptastad des bischóflichen Furstentums.
Jedenfalls, ais der Stadtrat von Brzeg sich im J. 1593 eine neue Kanzel fur die
Hauptkirche zu stiften entschlossen hatte, musste er den Auftrag einem von Na-
men unbekannten Bildhauer in Nysa anvertrauen. Dieses interessante Werk wurde
leider im J. 1945 zerstórt und ist mir nur aus alten Aufnahmen bekannt. Es durfte
von der Hand des „Meisters von grossen Epitaphien" stammen, oder — was noch
wahrscheinlicher ware — des „Meisters der Sitsch-Stiftung".
Dieser bis jetzt noch anonymer Kunstler kann ais der hervorragendste Schópfer
des besprochenen Zeitraumes und Gebietes angesehen werden. Er war bestimmt
ais Bildhauer am Hofe der Bischófe tatig und fur Johann Sitsch die wichtigsten
Auftrage ausfuhrte. Vielleicht ist er identisch mit Georg Pulman (das Monogramm
G.P. findet man auf den Han-Epitaph in der Katedralkirche in Wrocław), aber
uber diesen Bildhauer haben wir nur eine einzige indirekte und verhaltnismass
spate Uberlieferung, dass er im J. 1616 eine Muttergotesfigur der Kirche in Bardo
Śląskie (Wartha) geschenckt hatte — dieselbe Notizt nennt ihn ais „bischóflichen
Hofbildhauer". Demzufolge will ich mich des Arbeitsnamens „Meister der Sitsch-
Stiftung" bedienen.
Mit diesem Kunstler verbinde ich folgende Werke: das erwahnte Epitaph von
Bonawentura Han (1585), dann das Epitaph von Ernest Piast (gestorben ais Kind)
in der Pfarrkirche in Oława. Weitere Werke befinden sich schon alle in Nysa:
das Epitaph von Jakob Schoresius (nach 1590) — eine verwickelte Komposition
die einen von Entwurfen des Cornelis Floris ziemlich treu nachahmt, die steinerne
Umrahmung des Epitaphs von Susanne Saywet (1606), das grosse Epitaph von
Bischof Sitsch (nach 1606) und der von demselben gestiftete Steinaltar (1612).
Ausserdem war er vielleicht Meister einziger weniger wichtigen Denkmaler, wie
die Bekrónung des Portals aus dem J. 1603 (auch eine Stiftung von Sitsch) und
der Wappenkartusche aus dem Jahre 1615.
Der „Meister der Sitsch-Stiftung" war insofern ein konservativer Kunstler ge-
wesen, dass er weiter im Kreise der Einflusse von Cornelis Floris stand, jedoch
immer mehr versucht hatte — im Geiste des spaten Manierismus — in dekorativen
Kompositionen seine eigene Ideen zu verwirklichen. In seinen beiden Hauptwerken

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