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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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20. Heft
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Uhde-Bernays, Hermann: Die Neuordnung der Münchener alten Pinakothek
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0669
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Ausstellungen

641

Ausstellung zum ersten Male in einer geschlos-
senen Reihe vortrefflicher Studien und Gemälde
prägnanten Ausdruck findet. Man wird seine
Stilleben wegen der überzeugenden und ge-
wandten Farbenanalysen bewundern und die
Landschaften des Künstlers um ihrer rein male-
lischen Qualitäten und des starken Gefühls für
Naturstimmung und Atmosphäre willen lieben.
Osswald ist so recht ein Beispiel dafür, wie
nützlich für die Konzentration auf das kolo-
ristische Problem gerade Blumenstücke und
andere willkürliche Kompositionen der „toten
Natur“ sind, bei denen dem Licht und der Farbe
zuliebe alle anderen Fragen vorerst in den
Hintergrund treten. Sein „Teekessel mit Blu-
men“ ist von einer frappanten Schärfe der Be-
obachtung; man sieht, wie er in einer schnellen
und leichten Technik die Äusdrucksmittel der
Palette meistert. Er ist recht eigentlich ein
Maler der hellen Töne, der nie genug Licht in
seine Bilder zu bringen meint, und das mag mit
der Grund sein, weshalb er in der Landschaft,
die er hauptsächlich pflegt, fast immer die win-
terliche Natur bevorzugt, und auch diese stets
in heiterer Stimmung. Er verfällt nie in ein
dramatisches Pathos; an seinem Himmel ballen
sich nicht dräuende Wolken, noch biegen to-
bende Stürme die Wipfel seiner frischen Tannen.
Selbst das starre Geäst kahler Laubbäume be-
lebt er mit einer leisen Frühlingshoffnung. Und
stets empfindet man auf all diesen Bildern das
tiefe innerliche Verhältnis heraus, das den
Künstler mit der Natur verbindet. Eine Viel-
seitigkeit in der Betätigung seiner Malerfreude
wirkt selbstverständlich. Daß hier außer dem
Maler der Stilleben, dem Landschafter, über
kurz oder lang auch einer unserer besten Por-
trätmaler stehen wird, läßt die Schultesche Aus-
stellung gleichfalls vorausahnen. So dürfen wir
der Entwicklung dieses munteren, arbeitsfreu-
digen Künstlers mit den stärksten Hoffnungen
entgegensehen. K—1.

8

BERLIN -

Das Hohenzollern - Kunstgewerbehaus ver-
anstaltet in der Zeit vom 20. Oktober bis 6. No-
vember eine Kollektivausstellung des bekannten
Münchener Illustrators und Buchkünstlers Franz
vonBayros, der in seiner spezifischen Rokoko-
note eine typische Erscheinung mehr unserer
modernen Kultur als der modernen Kunst ist.
Die Ausstellung vermittelt einen geschlossenen
Überblick über die reiche langjährige Tätigkeit
des Künstlers vor allem im Dienste der Buch-
ausstattung.

8

LONDON " -

Die bereits hier schon einmal kurz behandelte
Ältmeisterausstellung in den Grafton
Galleries erweist sich als großer populärer
Erfolg und dürfte den Funds der National
Gallery so manchen Schilling zuführen. Sie ist
wie ein verltables Fest arrangiert und in Szene
gesetzt worden. Man hat die Säle schön und
dabei erfreulicherweise ganz schlicht ausgestattet
und die Wände mit verschiedenfarbigem Rupfen,
zum Ton der Mehrzahl der Bilder in dem be-
treffenden Saale passend, bespannt; man hat
das Hängen der Bilder von zwei Künstlern be-
sorgen lassen, so daß man endlich einmal hier
eine Ausstellung zu sehen bekommt, die als ein
Ganzes Freude macht und zum Genuß und zum
Verweilen vor jedem einzelnen Werke einlädt,
denn jedem Bilde wird hier das Seine; man
hat endlich einen Minister zur Eröffnung spre-
chen lassen, der die Befreiung der Kunstwerke
von der Erbschaftssteuer ankündigte, wodurch
diese den Familien der Eigentümer möglichst
erhalten bleiben sollen; und schließlich sprach
auch der sogenannte „Führer der Opposition“
im Parlament, Mr. Balfour, der aus seiner mo-
mentanen Unverantwortlichkeit heraus die Re-
gierung auffordern zu müssen glaubte, nicht
bloß indirekten, sondern auch direkten Segen
über die Kunst auszustreuen, d. h. nicht bloß
des Nehmens sich zu enthalten, sondern auch
des Gebens größerer Summen zum Ankauf von
Kunstwerken für das nationale Institut sich zu
befleißigen. Wären die Rollen des Ministers
und des Oppositionsführers vertauscht gewesen,
hätte Herr Balfour sich wohl gehütet, so frei-
gebig mit öffentlichen Geldern umzugehen.
Während all seiner Ministerpräsidententätigkeit
hat er wenigstens selber keinen Schritt getan,
der Kunst zu helfen. Man dürfte ihn aber wohl
an seine Rede erinnern, sollte die Gelegenheit
dazu sich später einmal bieten. Der gesell-
schaftliche Erfolg der Ausstellung ist also ge-
sichert. Künstlerisch bietet sie verhältnis-
mäßig sehr vieles und sehr bedeutendes sowohl
dem allgemeinen Publikum wie auch dem Lieb-
haber und Kenner, denn sie bringt eine ganze
Reihe überhaupt noch nie öffentlich ausgestellt
gewesener Werke, darunter einige von hoher
Bedeutung, und manche Werke, die man nur
sehr selten und in großen Zwischenräumen zu
sehen Gelegenheit hat. Ein Besichtigen von
Kunstwerken in den Privatgalerien ist ja hier-
zulande nicht gerade eine ganz leichte Sache.
Dagegen bringt die Ausstellung dem eigentlichen
Forscher nichts neues. Man kann wohl sagen,
daß alle diese Werke, soweit sie Bedeutung
 
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