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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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20. Heft
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Uhde-Bernays, Hermann: Die Neuordnung der Münchener alten Pinakothek
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0670

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642

Der Cicerone

Heft 20

haben, bereits besprochen und oft aufs Ein-
gehendste von verschiedenen Seiten von Waa-
gens Zeit her behandelt worden sind, wenn
auch von gar manchen, namentlich natürlich den
dem Giorgione zugeschriebenen Werken die
Zuschreibung noch jetzt keineswegs feststeht.
Äuch sind gerade die interessantesten Werke
schon von dem Ärundel Club für seine Mit-
glieder publiziert worden. Der Katalog gibt
erfreulicherweise viele darauf bezügliche Auf-
schlüsse. Die Ausstellung hier also eingehend
zu behandeln, liegt kein Grnnd vor, wohl aber
kann man Kennern und Liebhabern ihren Be-
such wärmstens empfehlen, wenn sie sich mit
einer Reihe hervorragender Originale bekannt
machen wollen.

Den Clou der Ausstellung bildet unzweifel-
haft Nr. 84: Porträt eines Mannes, das hier
Giorgione zugeschrieben, bei Waagen aber in
seinen Kunstschätzen Englands, Bd. III, S. 334
dem Tizian zuerteilt wird. Der Ärundel Club
hat es im Jahre 1904 publiziert. Dieses wunder-
bare Bild, das künstlerischen Realismus, möchte
man sagen, in höchster Vollendung und un-
trennbarer Einheit verkörpert, ist hier zum
ersten Male öffentlich ausgestellt. Von be-
sonders bedeutenden Werken seien nun hier
zur Orientierung noch aufgeführt: Nr. 7 und 8:
Reynolds, The Dilettanti Society; Nr. 9 und 11:
Gainsborough, Porträt der Lady Le Despencer
und Porträt der Miss Tyler of Bath; Nr. 17:
Watteau, Pastorale; Nr. 29 und 30: P. P.Rubens,
Porträt eines Arztes und Königin Tomyris mit
dem Kopf des Cyrus; Nr. 31 und 32: Velasquez,
Wasserträger und Alte Frau mit Eiern, zwei
sehr frühe Stücke des Meisters; Nr. 35, 39, 43
und 51: Rembrandt, Männerporträt mit Falken;
Porträt eines Mannes mit kurzgeschnittenem
Haar; Saskia bei der Toilette und Porträt einer
alten Frau; Nr. 36, 37 und 38: Frans Hals, drei
Porträts aus der Maurice Kann-Kollektion, von
Duveen Brothers hergeliehen; Nr. 50: Jan Ver-
meer van Delft, Soldat und lachendes Mädchen;
Nr. 52: Carel Fabritius, Instrumentenhändler in
seinem Stand im Freien; Nr. 56 und 58: Van
Dyck, Herrenporträt aus der Genueser Zeit und
Porträt der Paola Adorno, Marchesa Brignole
Sala; Nr. 60: Venezianische Schule, Giorgione
zugeschrieben, Porträt des Giovanni Onigo;
Nr. 64: Andrea del Sarto, II Fattore di San
Marco, Fiorenza; Nr. 65 und 66: Rafael, Porträt
des Kardinal Ferry Carondelet und seines Sekre-
tärs (von Berenson dem Sebastiano del Piombo
zugeschrieben) und Madonna mit Kind (soge-
nannte Cowper Madonna vom Jahre 1508);
Nr. 68: Fra Filippo Lippi, Anbetung der Könige;
Nr. 72: Correggio, Christus sich von seiner

Mutter verabschiedend, frühes Bild des Künst-
lers, 1512 —1514 (Morelli, Italienische Meister,
Bd. II, S. 150); Nr. 74: Meister des Bartholo-
mäus-Ältar, Abnahme vom Kreuz; Nr. 75: H.
van Eyck, Die heiligen Frauen am Grabe, eine
der Perlen dieser Ausstellung, 1902 in Brügge
ausgestellt gewesen; Nr. 76: Le Maitre de
Moulins, Verkündigung; Nr.80: Moretto, Pieta;
Nr. 83: Carpaccio, Heilige Familie mit den zwei
Stiftern; Nr. 85: Der sogenannte Giorgione der
Glasgower Galerie, Die Ehebrecherin vor Christus;
Nr. 86: Tizian, Männerporträt, erstmals aus-
gestellt; Nr. 94: Chardin, La Ratisseuse; Nr. 97:
Tiepolo, Auffindung des Moses.

Aus den angeführten Werken, zu denen
noch gegen 100 Handzeichnungen usw. vor
allem von Watteau, köstliche Blätter voll Grazie,
Charme und doch scharfem Zupacken, hinzu-
kommen, kann man ersehen, daß die Ausstel-
lung sich weite Grenzen gesteckt hat. Aber
freilich, man versuchte Gutes zu bekommen,- wo
man es eben fand, und konnte an eine syste-
matische, in ihren Gaben wohl balancierte Aus-
stellung nicht denken; auch die einzelnen Meister
sind oft nur einseitig vertreten. Wo ist Rem-
brandts „Mühle“! Wo ist überhaupt die Land-
schaft geblieben! Fast der einzige Gainsbo-
rough repräsentiert sie. Man muß die Aus-
stellung als das nehmen, was sie ist: eine
momentane Zusammenbringung von Werken
meist aus englischem Privatbesitz. Da tut sie
dar, was für Schätze trotz allem in den eng-
lischen Privatgalerien noch vorhanden sind, p

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NOTTINGHAM —

Der hiesigen Galerie hat Mr. James Orrock,
Kunstmaler und Sammler, eine Reihe von alten
Gemälden zum Geschenk gemacht, darunter
Werke von der Hand Wilsons, Constables,
Morlands, Boningtons, Ettys, Hollands usw.

PETERSBURG -

Die Kaiserl. Akademie der Künste eröffnet
Mitte Dezember ihre periodische Schwarz-Weiß-
Ausstellung. Eine retrospektive Abteilung soll
diesmal die Geschichte der graphischen Künste
in Rußland illustrieren. P. E.

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