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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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23. Heft
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0889

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AUSSTELLUNGEN

wie man es angeblich beabfichtigt. Gerade in
der Provinz, wo nicht soviel ausgezeichnetes
heimifches Material zu fehen ift, wie in Berlin,
kann folche Darbietung leicht falfehe Vorsehungen
von der Überlegenheit ausländifcher Leitungen
erwecken und können diefe z. T. unendlich wenig
wohnlichen Möbel mit ihrem überflüffigen Zierat
eine durch Unkenntnis vorhandene Abneigung
gegen modernen Hausrat wachhalten und ver-
ftärken. Wie viel lieber würde man es fehen,
wenn eine aufs sorgfältigfte unter genauerer
Berückfichtigung bürgerlicher Änfprüche zufam-
mengefeßte deutfche Wanderausfteilung ihren
Weg durch die Provinzen anträte und Zeugnis
ablegte von dem, was deutfche Künftler er-
reicht haben, nicht von dem, was Fremde
verfuchen. J. Sievers.

BERLIN Aus den Berliner Kunftfalons ift nicht
viel Neues zu berichten. SCHULTE benußte
feine Räume, um die Sammlung La Roche-Ririg-
wald aus Bafel, welche bei ihm verfteigert wurde,
dem Publikum vorzuführen.1 Eine Auktion bei
Schulte ift ein feltenes Ereignis, das viele Inter-
effenten herbeizieht. Es ift natürlich, daß man
mit großen Erwartungen die dicht gefüllten Säle
betrat. Mit geringen Ausnahmen handelt es fich
um Deutfche, unter denen ich vielleicht einem
Trübner von 1873 die Krone zuerteilen möchte.
Das „Kaffenfturz“ genannte Bildchen zeigt einen
betrübt dafißenden Neger, der refigniert das leere
Portemonnaie in feiner Hand betrachtet. Wie
das gemalt ift, wie jeder Pinfelftrich ein gerade-
zu unerhörtes Empfinden für die Bedeutung
auch der leifeften Nuance verrät, ift erftaunlich.
In ihrer Art befonders gut und reizvoll ift eine
kleine Mainlandfchaft von Anton Burger (1878),
ein Zigeunerlager im Walde von Munkaczg und
ein Zügelfches Ochfengefpann von 1875. Die
vier Böcklins, die zu den Hauptbildern der
Sammlung zählen, verraten keinen fichern Blick
des Sammlers. Eine büßende Magdalena von
1879 ift wenig packend, während eine Pieta
durch den unangenehm verzerrten Gefichtsaus-
druck der Maria recht abftoßend wiikt. Am
Beften ift noch das große, etwas füßhch gemalte
„Bergfehloß“ mit feinem Zug rotgekleideter
Reiter. Die von Ausheilungen her bekannte
„Sufanna im Bade“ von 1888 mag auch mancher
herzliche Böcklinverehrer mehr zu den kuriofen
Werken des Meifters rechnen. Das KÜNSTLER-
HAUS bringt Studien und kleine Bilder Berliner

1 Inzwifchen hat die Verweigerung diefer Sammlung
mit einem ungewöhnlichen Refultat ftattgefunden, das
ausführlich im nächften Heft des „Cicerone“ mitgeteilt
werden foll. Die Red.

Künftler, deren Zufammenftellung wohl im we-
fentlichen unter dem Zeichen des bevorftehenden
Weihnachtsfeftes erfolgt ift. Erfreulich ift es
nicht, was man da zu fehen bekommt, die bö-
fefte Mittelmäßigkeit herrfeht vor. Unter den
wenigen Ausnahmen mögen ein paar anfpruchs-
lofe Bildchen von Karl Heffner, Hans Hartig
und Hans Hermann figurieren. Bei CASSIRER
mußte die hier bereits gewürdigte vanGogh-Äus-
ftellung verlängert werden, da ihr von allen
Seiten ein ganz außerordentliches Intereffe ent-
gegengebracht wird. Das ift ein gutes Zeichen
wachfenden Verftändniffes. Svs.

KÖLN Die zehnte Jahresausftellung der Ver-
einigung KölnerKünftler zeigt die bekanntenTeil-
nehmer Weftendorp.F. Bürgers,Schneider-
Didam, R. Seuffert, E. Hardt und W.
Schreuer auf einer angemeffenen Höhe ihres
kiinftlerifchen Schaffens. Die abgeklärte Ruhe
und Befonnenheit in der Wahl der künftlerifchen
Mittel ift charakUriftifch. Weftendorp geht in
den Motiven aus Brügge auf unbedingte Ge-
fchloffenheit einer bildmäßigen Wirkung. Das
Skizzenhafte ift ihm fremd. Der tektonifche Auf-
bau der Kompofition, das Abwägen gleich-
wertiger Farbmaffen verhindert ein Zerflattern
des Intereffes des Befchauers. Durch ftark be-
tonte Richtungslinie wird der Blick jedersmal
auf den für die Gefamtwirkung wefentlichen
Punkt des Bildes gelenkt. In feinen kleinen
Meer- und Strandfkizzen erfreut er durch Frifche
der Beobachtung, die die Beweglichkeit des far-
bigen Lebens am Strande fchatf erfaßt.

R. Seuffert mildert feine frühere realiftifche
Äuffaffung, die in der alten Lott, in Änklang
an Janffen, fichtbar wird, durch malerifdre Mittel,
die auf eine dekorative Wirkung hindrängen.
Ein Mädchen mit Blumenkranz und zwei Da-
menbildniffe find dafür charakteriftifch. Der
durch diefe Verfchmelzung gewonnene eigen-
artige Stil erfährt in dem Porträt des Bildhauers
Benjamin feine höchfte Vollendung.

Auch Schneider-Didam hat durch Betonen be-
ftimmter äfthetifcherGefeßmäßigkeiten eine künft-
lerifche Abrundung erfahren. Felix Bürgers-
Dachau gehört der Münchener Schule an. Aus
der Beobachtung der farbigen Werte in der
Landfchaft erhält er die Mittel für feine ftim-
mungsvollen Bilder. Hardt und Schreuer zeigen
ihre bekannte Art. Von den Plaftiken fei die
kraftvoll behandelte männliche Geftalt „Am
Poller“ von Nie. Friedrich erwähnt. G. E. L.

LEIPZIG Nach der franzöfifchen Äusftellung
im hiefigen Kunftverein ift foeben Friß Erler

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