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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0127

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AUSSTELLUNGEN

Werken, von denen Liebermann der Akademie-
ausftellung die ftärkfte und bedeutendfte Schöp-
fung, ein Porträt des Frankfurter Oberbürger-
meifters Ädickes, ein Bild von gewaltiger Kraft
gegeben hat. Eine zweite Arbeit des Künftlers,
feinen Garten in Wannfee darftellend, ift etwas
flau in der farbigen Erscheinung. Stuck hat ein
gar kuriofes Bild gefandt, das feine Tochter im
Koftüm einer Velazquezprinzeffin, daneben feine
Gattin und [ich felbft vom Rüchen gefehen mit ins
Profil gedrehtem Kopf zeigt — ein Kunftftück
mehr als ein Kunftwerk zu nennen. Gari Mel-
chers fcheint der frifche gefunde Farbenfinn,
der ihn früher auszeichnete, verloren gegangen
zu fein, die Arbeiten die er hier zeigt, find
konventionell und trocken in der Farbe und
unorginell in der Erfindung. Auch von Zorns
großem, fpiegelglatten Porträt des amerikani-
fchen Botfchafters Hill geht kein fympathifcher
oder gar großer Eindruck aus, da wirkt Leon
Bonnat mit einem gewiß nicht modern gemalten,
aber ungemein kultivierten, vornehm zurückhal-
tenden Damenporträt, doch als der weitaus Ziel-
bewußtere und Unabfichtlichere. Hier und da fieht
man recht vereinzelt noch ein bemerkenswerteres
Bild: ein Häuschen in einem bunten Blumen-
garten, recht frifch und nett von Otto H. Engel
gemalt, ein großer Bracht, eine schneebedeckte
Bergkette, die in den blau-grünlichen Himmel
hineinragt, ein mittelguter Zügel — was dann
noch übrigbleibt, erwähnt man beffer nicht.
Neben den fchon befprochenen Radierungen
Brangwyns, die mehrere Räume füllen, fieht man
verfchiedene Arbeiten Ferdinand Schmusers, des
ausgezeichneten Wiener Radierers, darunter
auch das kompofitionell wenig gelungene Blatt,
welches das klinifche Auditorium des Chirurgen
Profeffor Chrobak zeigt und einige in einer
kombinierten lithographifchen Technik, dem
„Tief-und Flachdruck“ ausgeführte Porträts von
Rudolf Schulte im Hofe. Die Säle mit den
Entwürfen und Photographien von geplanten
fowie ausgeführten Werken der Architektur
hinterlaffen ein trübes Bild. Auszunehmen mag
da Lederers ernfter Entwurf für das Chikagoer
Goethedenkmal und ein paar nette Modelle
neuer Reichsbankbauten, meift von Habicht,
fein, vor allem aber das Gefamtmodell wie
zahlreiche Aufnahmen von Ludwig Hoffmanns
ftädtifchem Alte Leuteheim in Buch bei Berlin,
das man im ganzen wie im einzelnen immer
wieder mit Freude betrachtet, um immer aufs
neue die feinen und stillen Reize diefer vor-
bildlichen Anlage herauszufinden. — Auch in den
Kunftfalons gibt es allerlei neues, wenn auch
nicht allzu Bedeutendes. Gurlitt zeigt eine kleine
Kollektion klaffifcher franzöfifcher Bilder, obenan

einen fchon durch feine außergewöhnliche Größe
bemerkenswerten Corot, der eine mächtige
Baumkuliffe vor hellem Himmel darftellt, neben
der, ganz in der Ferne und kaum fichtbar zwei
kleine Figürchen auftauchen. Diefe Figuren find
von erftaunlicher Plaftik der Bewegung und in
der Komik ihres Ausdrucks unverkennbar als
Don Quixote und Sancho Panfa zu bezeichnen:
fie find von Daumiers Hand in Corots Kompo-
fition hineingemalt worden. Einige Courbets
und Daubignys, ein prachtvoller Araber von
Delacroix (gemalt 1856), eine prächtige Tänzerin
von Degas und verfchiedene nur zartandeutende
Aquarelle Whiftlers find weiter bemerkenswert.
Neben diefen Ausländern hat eine Anzahl Hugo
Vogelfcher Arbeiten in ihrer foliden aber wenig
phantafievollen Art fchweren Stand.

SCHULTE zeigt unter dem Titel „Jagd und
Sport“ eine Reihe von Bildern und Plaftiken ver-
fchiedener Maler, die aber künftlerifch nichts Wert-
volles bieten. Auch über eine größere Kollek-
tion Hans Bohrdts, Motive aus Holland und
Belgien muß man leider dasfelbe Urteil fällen.
In diefer künftlerifch arg mageren Ausftellung
find höchftens einige gewißlich innerlich recht
unbedeutende aber elegant vorgetragene Por-
träts John Laverys und einige hübfche Plaftiken
Rudolf Marcuses erwähnenswert.

Auch CÄSPER bietet diefesmal eine Aus-
heilung unter einem Kollektivtitel und läd dazu
ein den „Hund in Bild und Plaftik“ bei ihm zu be-
trachten. Die Erfahrung lehrt wie fchlimm es in
Deutfchland um die durchfchnittliche Jagd- und
Sportmalerei beftellt ist, und man ahnt daher
wie viel Vergehen gegen Kunft und Natur man
bei einer Darbietung zu befürchten hat, die eine
Reihe von Arbeiten aus diefem Gebiet zu-
fammenbringen muß. Das Schlimmfte fehlt
dann auch hier nicht, wird aber durch ein paar
ausgezeichnete Leiftungen reichlich wettge-
macht. Besonders die Bulldogge hat es in
ihrer grotesken Schönheit den Künftlern ange-
tan, unter denen es Kalckreuth gelungen ist ein
befonders prächtiges Exemplar in einem vor-
trefflichen, breithingeftrichenen Bild voller Wahr-
heit und Leben festzuhalten. Leo von König
malte einen braunen, treuherzigen Jagdhund,
Corinth zeichnete mit glänzendem Verständnis
für das Elaftifche, Sprunghafte aber doch zu-
gleich Schwerfällig das den großen Doggeneigen
ift ein folches geflecktes Tier und Heine wie
Gulbrauffon laffen ihren beißenden Humor an
ariftokratifchen Windfpielen und proletifchen
Möpfen mit der ganzen Tiefe ihrer vermenfch-
lichenden Individualifierungskunft aus.

Bei CASSIRER haben jüngere Münchener
Künftler, die gelegentlich ihres Auftretens in der

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