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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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20. Heft
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Ausstellungen
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AUSSTELLUNGEN

liehen Unmittelbarkeit erfaßt und bieten uns
doch unendlich mehr als bloße Impreffionen,
weil fie aus einem reichen Gefühls- und Än-
fdiauungsvorrat heraus entftanden find. Brass
ift der berufenfte Maler Venedigs. Er zaubert
nicht nur das Leben der Lagunenftadt vor unfere
Äugen, wie wir es aus eigener Erfahrung kennen,
fondern läßt durch feine Äuffaffung, fein Tem-
perament, feine Ärt der Formen- und Farben-
gebung auch die alten Flammen auflodern, die
im Venedig der Vergangenheit, im Venedig eines
Tiepolo und Guardi geleuchtet haben.

Es ift der filbergraue Himmel und der bleierne
Glanz der fchwellenden Wafferfläche, deffen an-
fteckender Schönheit Brass am meiften zugäng-
lich ift. Figurale Motive liegen ihm nicht fo
gut. Einige feiner Frauentypen find fogar leer
und dazu manieriert. Die nachhaltige Wirkung
feiner luftigen Landfchaften und ausdrucksvoll
bewegten Gruppen läßt fidi aber durch diefe
kleine Diffonanz nicht zerftören.

Mit Brass zufammen ftellte auch ein junger
ungarifcher Plaftiker, der in Rom wohnhafte
Wilhelm Ländori aus. Der fehr temperament-
volle Künftler, der in feinen kraftftroßenden
Figuren allgemein menfchliche Empfindungen
und Gedanken gewöhnlich in ziemlich draftifcher
Ärt auszudrücken beftrebt ift, kann noch nicht
als ein fertiger Mann angenommen werden.
Seine Figuren und Gruppen find jedoch mit
folcher Überlegung und bewußter plaftifcher Be-
strebung komponiert, daß fie die lobende Er-
wähnung auch an diefer Stelle verdienen.

Takäcs.

FRANKFURT a. M. Der KUNSTVEREIN
hat für kurze Zeit eine Äusftellung gebracht, die
über das Schaffen des Wieners Charles Schuch
einen guten Überblick gibt. Im Verein mit den
andern Schuch-Äusftellungen der lebten beiden
Jahre weift diefe dem Künftler nunmehr end-
gültig feine Stellung in der Gefchichte der deut-
fchen Kunft an, indem fie ihn aus dem Leibi-
kreis heraus als einen Meifter von felbftändig
bedeutfamer Eigenart neben Leibi und Trübner
treten läßt. Das Wefen feiner Kunft wurzelt
in der Farbe und kommt da am reinften zur
Geltung, wo die Bilder ganz nur auf den Aus-
druck der Farbe gestellt find, in den Stilleben.
Hier hat Schuch Werke gefchaffen, die dem
Größten ebenbürtig find. Äber auch diefen
Werken gebricht für mein Gefühl (was Schuch nur
überhaupt ganz feiten zu geben vermochte) der
Rhythmus; es ift, als ob man fich immer wieder
an irgend einer Ecke der Kompofition ftoßen
müffe. Der Landfehafter Schuch tritt nicht eben-
bürtig und vor allem nicht gleich urfprünglich

neben den Stillebenmaler — man fühlt zu ftark
die Lehre Courbets. Vielleicht, daß der Porträt-
maler, den hier einige wenige Beifpiele von
ftaunenswerter malerifcherVollendung und großer
Feinfühligkeit der feelifchen Änalyfe zeigen, uns
noch einmal zu einer Ergänzung des Bildes
diefer künftlerifchen Perfönlichkeit nötigt.

Der Kunftfalon SCHNEIDER brachte eine Äus-
ftellung, in der vor kurzem die Münchener Se-
zeffion Heinrich von Zügel, dem nun Sechzig-
jährigen, gehuldigt, der Kunftfalon SCHAMES
ließ in einer knappen, inhaltreichen Kollektion
die fülle, feine Kunft Jofef Dambergers über-
blicken. C. G.

MÜNCHEN Von den seit dem lebten Be-
richt neu veranftalteten Ausheilungen — es
handelt fich um nur kleinere Zufammenftellungen
- ift ohne Frage die graphifche Äusftellung der
Autonomen bei 0. SCHMIDT-BERTSCH in der
Ludwigftraße die intereffantefte. Diefe Künftler-
gruppe exiftiert noch nicht lange, ift aber vor
einiger Zeit fchon einmal im Kunftverein mit
einer fehr beachtenswerten Äusftellung von
Malereien vor die Öffentlichkeit getreten. Zu-
sammen mit der Vereinigung Sema und der Neuen
Künftlervereinigung München repräfentieren die
Autonomen heute die am meiften modernen Werte
der Münchener Kunft und fie geben dem neuen
Geift Ausdruck, der fich in der bildenden Kunft
unfererTage bemerkbar zu machen beginnt. Es
ift hier nicht der Ort, fich über die bei diefem
Modernismus zutage tretenden Tendenzen des
längeren zu verbreiten, die chronikenartige Kürze
der Äusftellungsberichte, die hier erwünfeht er-
fcheint, verbietet dies und geftattet einen nur
kurzen Hinweis auf die von dem Neuen im Äuge
zu behaltenden Erfcheinungen. Der beachtens-
wertefte aus der Künftlerfchaar der Autonomen,
die durch 11 Mitglieder vertreten ift, ift zweifel-
los Fri^ Lederer, der auch feinerzeit fchon kolo-
riftifch höchft fenfitive Malereien zur Schau ftellte.
Freilich an feinen Radierungen ift noch viel
Spielerifches und äußerlich Senfationelles, fie
geben aber wie auch die Gemälde des Künftlers
Zeugnis von echtem künftlerifchen Sinn und
Empfinden. Einige Porträtradierungen und eine
Landfchaft„Franziskanerklofter“ bilden dieHaupt-
ftücke feiner Kollektion. Auch unter den übrigen
Äusftellern ift manch feffelnde Perfönlichkeit, fo
Frau Langer-Schöller, C. Thiemann und Otto
Weil. Die farbigen Plaftiken von E. Kromer
müßten in ihrer babarifchen Polychromie als ver-
fehlt bezeichnet werden.

In H. THANNHAUSERS MODERNER GALERIE
IM ÄRCOPÄLÄIS find ebenfalls zwei kleinere

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