Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers (3.1911)

BEVORSTEHENDE AUKTIONEN

gelangen, darunter Arbeiten aus der Rubens-
werkftatt, von Frans Snyders u. a. Typifch
vlämifch find die Gemälde von David Teniers,
Gillis Tilborgh und vor allem der prachtvolle
Adriaen Brouwer (Nr. 63), der zu dem beften
gehört, was der Meifter gefchaffen hat. Damit
aber ift das Wichtigfte erfchöpft, denn die Werke
der übrigen Nationen, die vorwiegend dem
18. Jahrhundert angehören, geben nur vereinzelte
Belege zur Kunftentwicklung. Ein fchöner An-
tonio da Canale, ein Mädchenbildnis der
Jeanne Philiberte Ledoux, eine entzückende
Kindergruppe der Mad am e Lab i 11 e- Guiard
fpiegeln den feinen Gefchmack der Zeit des
Rokoko wider. Ähnlich wirken auch die Arbeiten
des Thomas Lawrence, des George Mor-
land u. a., die fchon zum 19. Jahrhundert hinüber-
leiten, dem der prächtige Turner und Munkäcsy
angehören. Von dem letzteren befißt die Samm-
lung die erfte Faffung des bekannten Ring-
kampfes, deffen Wiederholung im Mufeum zu
Köln hängt. Es fteht zu erwarten, daß auch
dem zweiten Teile der wertvollen Budapefter
Privatfammlung nicht minder großes Intereffe
entgegengebracht wird wie der kunftgewerblichen
Abteilung, von der im vorigen Heft die Rede
war. n.

Bevorstehende Auktionen

FRANKFURT a. M. Am 21. November
und folgende Tage gelangt in Frankfurt a. M.
unter der fachmännifchen Leitung von Hugo
Helbing aus München eine intereffante Kollektion
von Frankofurtenfien zur Auktion.

Diefe Sammlung wurde von dem anfangs der
neunziger Jahre verftorbenen ehemaligen Senator
S. angelegt, zu einer Zeit, wo es noch möglich
war, fich aus vielem das Allerbefte auszufuchen.
Darum find auch faft alle Blätter ausgefucht
fchöne, frühe Abdrücke in feiten guter Erhaltung.
Der Umfang der Sammlung, fie beträgt über
30C0 Blatt, ift bis jeßt bei keiner zum Verkauf
gekommenen Sammlung auch nur annähernd er-
reicht worden. Sie bietet dadurch für die Topo-
graphie und hiftorifche Entwicklung Frankfurts
ein unfchäßbares Material, zumal fie Stücke ent-
hält, die wohl in keiner privaten oder öffent-
lichen Sammlung enthalten find. Der Katalog
beginnt mit den Darftellungen hiftorifcher Be-
gebenheiten, unter denen neben manchem Blatt
von höchftem lokalen Intereffe die Darftellungen
der in Frankfurt ftattgehabten Kaiferkrönungen
von Maximilian 11. (1562) bis Franz II. (1792)
von größter allgemeiner Bedeutung find. Es
handelt fich hier in der Hauptfache nicht um
Illuftrationen aus den fogen. Krönungs-Diarien,

fondern um die feltenen Einzeldrucke und Flug-
blätter.

Unter den Gefamtanfichten finden wir ganz
frühe Holzfchnitte, die für das Stadtbild aus dem
16. Jahrhundert von befonderem Intereffe find.
Es folgen die fchönen, topographifch fo peinlich
genauen Merianfchen Anfichten und Pläne, und
dann die fo malerifch wirkenden Darftellungen
aus dem 18. bis Anfang 19. Jahrhundert von
Koller, Schüß, Radi, Morgenftern, Reinheimer,
die fich neben dem topographifchen Intereffe, das
fie bieten, durch ihre prächtige Farbengebung
vorzüglich als dekorativer Wandfchmuck eignen.
Es würde zu weit führen, hier alles Bemerkens-
werte zu nennen. Befchränken wir uns auf das
befonders Hervorragende, fo muß unter anderem
die komplette Serie der 36 kleinen Anfichten
von Morgenftern hervorgehoben werden, die in
brillant erhaltenen Exemplaren vertreten find.
Auch die Umgebung Frankfurts ift in vielen Dar-
ftellungen wiedergegeben; fowohl die nähere
Umgegend mit den Warten, herrfchaftlichen
Höfen und Befißungen, als auch die fernere Um-
gebung, worunter eine Fülle malerifcherTaunus-
Darftellungen auffallen.

Unter den ca. 750 Porlräts Frankfurter Per-
fönlichkeiten find außer vorzüglichen Schwarz-
kunftblättern des 17. und 18. Jahrhunderts eine
Anzahl humoriftifch dargeftellter Frankfurter Ori-
ginale zu nennen. Es folgen dann Kalender,
von den fchönen wappengefchmückten an bis
zu den modernen der induftriellen Firmen. Dann
eine kleine Kollektion fehr fein gezeichneter
Frankfurter Exlibris und Gefchlechterwappen.
Daran reihen fich Volks- und Militärtypen, dann
einige Werke Frankfurter Künftler, wie Radi,
Preftel, Burger, Peter, Becker und zum Schluß
einige Bände Frankfurter Literatur. Es folgt
dann im Katalog der künftlerifche Nachlaß des
verewigten Frankfurter Mufeumdirektors Otto
Cornill (geft. 1907). Neben fein ausgeführten
Zeichnungen und Aquarellen, meift Änfichten und
Volkstypen aus Italien, die Früchte eines zehn-
jährigen faft ausfchließlich der Malerei gewid-
meten Aufenthaltes im Süden, intereffieren am
meiften die wenigen vorhandenen Ölgemälde
des verewigten Meifters, darunter zwei feiner
bekannten und gefchä^ten Darftellungen zu Herr-
mann und Dorothea. Eine Serie von neun voll-
ftändig durchgeführten Kartons zu Wilhelm Teil
dürften ebenfalls zu den bedeutendften Werken
des Nachlaffes gezählt werden. Sehr fein und
hübfch ausgearbeitet find die zahlreichen Aquarelle
mit allegorifchen und ornamentalen Darftellungen

Den Befchluß des Kataloges, der durch die
Firma Hugo Helbing, München, zu beziehen ift,
bildet eine prächtige Kollektion Waterloofcher

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