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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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24. Heft
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Biermann, Georg: Das Bismarck-Denkmal am Rhein: ein Schlusswort
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#1015

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DÄS BISMÄRCK-DENKMÄL AM RHEIN

EIN SCHLUSSWORT

Schneller als wir vermuten konnten, hat der
Kunftausfchuß das legte Wort in diefer Sache
gefprochen und den Kreis-Lederer fchen
Entwurf zur Ausführung auf der Elifenhöhe be-
ftimmt. Diefe Tatfache mußte um fo mehr über-
rafchen, als die Jury noch bei ihrer lebten Ent-
fcheidung — wenn auch nicht mehr einmütig —
an den früheren Befchlüffen feftgehalten und fich
abermals für den Hahn-Beftelmeierfchen Ent-
wurf erklärt hatte. Gegen diefen Befchluß er-
ftand in den Perfönlichkeiten von Hermann Mu-
thefius, Max Deffoir, Paul Clemen und Frig
Schuhmacher in der Jury felbft eine Gegner-
fchaft, die — zwar in der Minorität — doch
offenbar ihr Teil zu der endgültigen Entfchließung
des Kunftausfchuffes beigetragen haben, wofür
fie des Dankes all derer gewiß fein dürfen, deren
künftlerifche Überzeugung in dem Urteil der
Jury von allem Anfang an ein Heil nicht er-
kennen konnten.

Was immer man auch an Kritik gegen den
Kreis-Ledererfchen Entwurf einwenden kann,
künftlerifch war er von allem Anfang an der
wertvollfte; nicht nur, weil er in der Formen-
fprache die deutfche Tradition des Rheinlandes
ungemein glücklich aufgegriffen hatte, fondern
weil auch viel von dem innerften Gedanken
diefes Monumentes in befter Harmonie zu der
Perfönlichkeit des eifernen Kanzlers hinüber-
lenkte und weil diefer Entwurf legten Endes
das preisgab, was über jede fadenfeheinige Sym-
bolik erhaben, wuchtig, ernft und einfach zur
Reflexion zu ftimmen berufen fchien. Eine glück-
lichere Löfung diefer bis zum legten Moment
ftark verfahrenen Angelegenheit hätte deshalb
unfehwer gefunden werden können und ficher
war der Mut derer größer, die in der Jury frei-
mütig ihren erften Irrtum eingeftanden, als der
der enttäufchten Richter, die ein fo blamables
Ende ihrer Autorität kaum erwartet hatten.

Wir begrüßen diefen Schlußakt der Bismarck-
Nationaldenkmal-Konkurrenz aus zweifachem
Grunde. Einmal weil wir vom erften Tage an,
noch vor Eröffnung der Düffeldorfer Ausftellung,
hier und vor der breiteren Öffentlichkeit mit

Entfchiedenheit für den nicht mal durch einen
Preis ausgezeichneten Entwurf von Kreis ein-
getreten find und die natürliche Freude des
Sieges deshalb doppelt empfinden, dann aber,
weil wir zum erftenmal der öffentlichen Meinung
zu einem vollen Erfolg in einer Angelegenheit
gratulieren können, bei der neben den künft-
lerifchen auch die nationalen Intereffen auf dem
Spiele ftanden. Unfer Proteft, der fich mit dem
der urteilsfähigften unter den deutfehen Kriti-
kern deckte, ift deshalb nicht umfonft gewefen
und wenn jegt die enttäufchte Jurymehrheit
gewiffermaßen zum Proteft ihren Austritt aus
dem Künftlerausfchuß erklärt hat, fo ift das wie
ein köftliches Satyrfpiel, weil die beleidigte Miene
diesmal nur zur Heiterkeit ftimmen kann. Man
fragt fich mit Recht „cui bono“ und kommt als
Antwort doch nur zu der Einficht, daß der
Denkmalsfache ficher nicht mehr genügt, dem
Preftige deutfehen Kunftrichter-Urteiles dagegen
durch jenen Schritt ein ungeheurer Schaden zu-
gefügt worden ift. Aber glaubt man im Ernft,
daß es heute noch eine Handvoll urteilsfähiger
Männer gibt, die fich mit dem Standpunkt jenes
Kunftberichterftatters derFrankf.Ztg. decken wer-
den, deffen Erbitterung über die Entfcheidung des
Kunftausfchuffes in die Worte ausklingt: „Diefem
Bismarck-Denkmal keinen Pfennig“, der anstelle
fachlich einwandfreier Polemik fein legtes Heil
in der perfönlichen Verunglimpfung von Paul
Clemen fuchte, von dem wir wiffen, daß er in
legter Stunde die Entfcheidung zum Guten ge-
wendet hat, wofür es ihm und feinen drei Kollegen
an Dank nicht fehlen foll. Wäre es jenen Herren
wirklich um ihre Überzeugung zu tun gewefen,
fo hätten fie — wie es der Fall war — jener
legten entfeheidenden Sigung nicht fernbleiben
dürfen. Die nachträgliche Enttäufchung hat
immer etwas Gekünfteltes.

Die Lehren diefer Konkurrenz aber werden
heilfam für alle Zukunft fein. Ihr Endergebnis
bedeutet im Legten einen völligen Sieg heran-
ftrebender künftlerifcher Jugend und nicht minder
den Triumph des gefunden Menfchenverftandes
über die fogenannte Autorität. G. B.

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