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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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22. Heft
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Aus der Sammlerwelt und vom Kunsthandel
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0919

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AUS DER SÄMMLERWELT UND VOM KUNSTHANDEL

Sammlers, innerhalb von 50 Jahren die beften
Beifpiele aller europäifchen Sdiulen zufammen-
zubringen. Erwähnt fei hier noch: das Jogen.
Coneftabile Skizzenbuch, das neun Rafaelhand-
zeichnungen enthält, ferner Peruginos und Pin-
turicchios; fodann eine ganze Reihe von Fra Bar-
tolommeos; Andrea del Sarto, Michelangelo,
Hlbertinelli, Lorenzo di Credi, Titian, Tintoretto,
Carpaccio u. a. m. Die deutfchen, niederländi-
fchen und vlämifchen Schulen find ebenfalls
nicht bloß durch ihre größten Vertreter, trefflich
repräfentiert; ebenfo die namentlich an Watteaus
reiche franzöfifche Schule. Die englifche Ab-
teilung umfchiießt u. a. 17 Skizzen von Gains-
borough. F.

MÜNCHEN Vom 1. bis 15. November waren
in der Modernen Galerie Thannhaufer
(Arcopalais) eine Kollektion von Entwürfen
für die Bühnenausftattung von Architekt Emil
Pirchan, München, ausgeftellt. Sie umfaßte
über 40 Szenenbilder, darunter die für: Hebbel,
„Nibelungen“; „Der Rubin“; Maeterlinck, „Joy-
zelle“; Grillparzer, „Der Traum ein Leben“, „Des
Meeres und der Liebe Wellen“; Offenbach
„Hoffmanns Erzählungen“. Die dazugehörigen,
Figuren waren in plaftifchen Modellen mit aus-
geftellt.

Ferner wurde in der Modernen Galerie Thann-
haufer am 16. November eine Kollektivausftel-
lung von Werken der beiden franzöfifchen Meifter
Adolphe Monticelli und Paul Guigou er-
öffnet.

VENEDIG Die koftbare Privatgalerie L a y a r d
wird demnächft ins Ausland und zwar in die
National Gallery in London gelangen, da feiner-
zeit vom verftorbenen Sir Henry Layard tefta-
mentarifch beftimmt wurde, daß nach Hinfeheiden
feiner Gattin die Sammlung nach England komme.
Frau Layard ift nun am 1. November geftorben,
und die Bilder werden nächftes Jahr nach London
überführt. Ans der reichhaltigen Sammlung feien
einftweilen genannt Werke von: Gentile Bellini,
Carpaccio,Boccaccino,Bramantino, LorenzoLotto,
Luini, Moroni, Montagna, Moretto da Brescia
Savoldo, Cofimo Tura, Sebaftiano del Piombo,
Vivarini, Biffolo, Bonifazio Pitati, Gaudenzio
Ferrari, Garofalo, Ercole Grandi, Mazzolini, Pre-
vitali, Marco Zoppo. Br.

WIEN Galerie Dr. Otto Fröhlich. Unter
diefem Namen wurde hier kürzlich ein neues
kunfthändlerifches Unternehmen begründet, das
für den Wiener Kunftmarkt hoffentlich Erfprieß-
liches zu leiften beftimmt fein wird. Von einem

Kunfthiftoriker, dem bisherigen Herausgeber der
„Internationalen Bibliographie der Kunftwiffen-
fchaft“, geleitet, zeigte es fchon bei feiner Er-
öffnung eine beträchtliche Zahl guter und inter-
effanter Gemälde alter Meifter.

Von deutfchen Gemälden finden wir u. a. zu-
nächft ein fränkifches Bild um 1480 (aus
der Sammlung Hoogendijk, die durch mehrere
Jahre im Amfterdamer Rijksmufeum ausge-
ftellt war). Derfelben Provenienz gehören
zwei primitive Vlamen an, denen fich ein
Hieronymus der Matfys-Schule und ein vor-
trefflicher Pieter Aertfen anfchließen. Durch
einige kunfthiftorifch intereffante Gemälde find die
niederländifchen Romaniften vertreten: Marten
van Heemskerck (mit zwei Bildern), Franz
Floris, Coxie u. a. m. Aus dem Rubens-
Kreife fieht man ein großes Werkftattbild, die
Wiederholung eines um 1620 entftandenen, 1699
verbrannten Gerechtigkeitsbildes des Brüffeler
Rathaufes, und eine große Madonna von J. de
Cray er. Von fpäteren Niederländern wären
gute Stücke von Cafpar Netfcher, N. von
Raveftejn, Dubbels, Lingelbach, Momper,
W. de Poorter ufw. erwähnenswert. — Am
beften find wohl die Italiener vertreten. Auf
diefem Gebiete bilden eine große thronende
Madonna aus der Richtung des Boccaccino,
charakteriftifche Werke der Barockmeifter: Ma-
gnasco, Sebaftiano Ricci, Ribera, Luca
Giordano, Solimena, ein figniertes und
datiertes Hauptwerk des G. B. Crefpi, endlich
ein fchöner Caravaggio („Drei Mufikanten“,
aus der ehemaligen Afhburton-Sammlung) der-
zeit den Grundftock. Diefe Abteilung krönt als
bedeutfamftes Stück ein heiliger Johannes von
Nepomuk, der der reifften Zeit Giov. Batt.
Tiepolos angehören dürfte.

Zwifchen die Gemälde find einige Skulpturen
verteilt, fo unter anderem eine venezianifche
Madonnenftatue (Holz, Mitte des 16. Jahrhunderts,
in fehr gut erhaltener Faffung), eine oberitalie-
nifche Goldbronze vom Jahre 1699, eine fchöne
polydiromierte Madonna (fpanifch, Mitte des
18. Jahrhunderts), verfchiedene deutfehe Skulp-
turen des 15. und 16. Jahrhunderts, einige cha-
rakteriftifche Werke des füddeutfehen und öfter-
reichifchen Barock.

Das Unternehmen fcheint fich vorzugsweife
an feriöfe Sammler- und mufeale Kreife zu
wenden und ift daher freudig zu begrüßen.

K. R.

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