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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913

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22. Heft
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Stoermer, Curt: Die Neuerwerbungen der Bremer Kunsthalle
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https://doi.org/10.11588/diglit.26374#0825
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DIE NEUERWERBUNGEN DER BREMER KUNSTHALLE


natürlich. Es genügt
auch nicht, wenn der
Rösler hier neben van
Gogh und Paula Mo-
derfohn hängt. Er hat
nur Raum nötig, we-
nigstens eine räumliche
Stimmung. Auch Ru-
dolph Tewes gehört
zu diefen Anspruchs-
vollen. Ein Sehr Stark
empSundenes Selbft-
porträt wurde ange-
kauSt.
Auch nach anderer
Seite hat Sich das Mu-
Seum erweitert. Von
Blechen, einem der
beSten MeiSter der Ber-
liner Schule, wurde
erworben „Das Atelier
Schadows in Rom".
ÜberraSchend iSt das impreSSioniStiSche Können, das in dieSer raSchen Studie zum Aus-
druck kommt. Es Scheint mir unvollendet zu Sein, denn links am Rande beginnt der
Maler zu tifteln, während die Weinranken der Laube prachtvoll mit grünen Flecken
hingefeßt Sind. Die gelbe Wand gegen die Luft wirkt Sehr zart und friSch.
Ein intereSSantes Dokument iSt ein Erstlingswerk Böcklins aus dem Jahre 1851, ein
Kinderbildnis „Maritta", die Tochter der Wirtin des Künstlers. Die Naivität dieSes
KindergeSichtes en faqe darzuStellen, Scheint dem jungen Böcklin viel Freude gemacht
zu haben. Die AuffaSSung iSt auffallend felbftändig. Was er durch die Farbe hat
ausdrücken wollen, fühlen wir hier deutlich. Das orange Kleid wirkt kühn und zart
zugleich. Außerdem ging ein Bild Heinrich Vogelers in den Befiß der Kunfthalle, das
Gartenbild, ein älteres Werk. Es ift nicht übermäßig bezeichnend für das Gefamt-
fchaffen Vogelers. Es war wohl eines der wenigen Verfügbaren. Lohnend wäre es,
eines feiner monumentalen Bilder anzukaufen, die „Verkündigung"* oder die „Melufine".
Gründe der Ökonomie find hier wenig am Plaße.
Den Neuerwerbungen anzugliedern wären noch Ankäufe moderner Skulpturen. Ich
will es jedoch unterlaffen, in einem Kapitel, das in der Hauptfache der Malerei realifti-
fcher Epochen gewidmet ift, diefe Werke des näheren zu erörtern. Nicht nur, weil
die Skulptur wefentlich andrer Sinneneindrücke, Weltanfchauung und Charakterfunk-
tionen bedarf wie die Malerei (z. B. wurde diefe Verfchiedenheit in der Renaiffance
und dem Barock, mehr noch bei den alten Ägyptern im wefentlichen ausgeglichen), viel-
mehr weil gerade die moderne Skulptur ihre befonderen Wege geht, kann man fie der
Linie diefes Auffaßes nicht einfügen. Erft in leßter Zeit gefchieht von feiten der
Malerei eine Annäherung an die Plaftik, da, wo fie linear, kubifch oder dekorativ wird.

Abb. 9. SLEVOGT, Das Landhaus Genehmigung von

i Inzwischen wurde die „Verkündigung" nach Amerika verkauft.

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