EINE FAYENCEFABRIK DES 18. JAHRHUNDERTS IN REVAL
befprochenen Arbeiten Motive, die auch an Stral-
funder Fayencen nachzuweifen find. So könnte
die hübfche kleine Terrine in gefchwungenen
Formen (Äbb. 6) fehr wohl auf eines der be-
liebteften Mufter von Stralfund zurückgehen.1 Sie
ftimmt mit diefem in der ovalen Gefamtform, in der
reichen Schwingung des oberen Randes und in
jener Form des Deckels mit den aufgebogenen
Enden genau überein. Nur die Henkel find ver-
fchieden; ftatt der in Stralfund üblichen Knäufe
find in Reval gefchloffene Henkel angewandt.
Übrigens kommt diefe Terrinenform auch in Rör-
ftrand vor.2 Bei den zu dem großen Tafel-
fervice gehörigen Terrinen laffen fich ebenfalls
Beziehungen zu Stralfund finden. Die Form und
die Anfügung der Füße entfprechen durchaus den
Stralfunder Muftern. Jedoch ift bei diefen Über-
einftimmungen nicht
zu vergeffen, daß
fich ähnliche Motive
flbb. 16. Männlicher Putto (Höhe 30 cm) auch bcl anderen
Fabriken finden, wie
denn überhaupt die Formen der keramifchen Produkte
im 18. Jahrhundert fich fehr rafch über mehrere Fabriken
verbreiteten. Auf Grund der Bemalung wird man fchwer-
lich auf eine Beeinfluffung durch Stralfunder Arbeiten einen
zwingenden Schluß ziehen können. Sie zeigt die all-
gemein in Norddeutfchland übliche Buntmalerei in Muffel-
farben, und die Motive find die von Meißen aus ver-
breiteten Blumen: Rofe, Stiefmütterchen, Vergißmeinnicht,
Tulpe, Kornblume, Chryfanthemum. Ganz fehlt die fcharfe
blaue Unterglafurmalerei, wie fie in Stralfund und Marie-
berg befonders beliebt war. Eine ähnliche Anwendung
von Grün zur Modellierung der gefchwungenen Flächen
kommt allerdings in Reval vor und findet fich gerade
bei der kleinen Terrine, die auch in ihren Formen an
Stralfunder Vorbilder denken läßt.
1 Abbildungen mehrerer Stralfunder Arbeiten diefer Art finden
fich in dem Auffatj von Stieda in den „Keramifchen Monatsheften“,
Bd. II (1902), p. 92ff., Abb. 4, 6-8.
2 Terrine von 1767 im Mufeum für Kunft und Gewerbe zu
Hamburg. Abgebildet in Brinckmanns Führer von 1894, p. 357.
Abb. 17. Weiblicher Putto
(Höhe 30 cm)
570
befprochenen Arbeiten Motive, die auch an Stral-
funder Fayencen nachzuweifen find. So könnte
die hübfche kleine Terrine in gefchwungenen
Formen (Äbb. 6) fehr wohl auf eines der be-
liebteften Mufter von Stralfund zurückgehen.1 Sie
ftimmt mit diefem in der ovalen Gefamtform, in der
reichen Schwingung des oberen Randes und in
jener Form des Deckels mit den aufgebogenen
Enden genau überein. Nur die Henkel find ver-
fchieden; ftatt der in Stralfund üblichen Knäufe
find in Reval gefchloffene Henkel angewandt.
Übrigens kommt diefe Terrinenform auch in Rör-
ftrand vor.2 Bei den zu dem großen Tafel-
fervice gehörigen Terrinen laffen fich ebenfalls
Beziehungen zu Stralfund finden. Die Form und
die Anfügung der Füße entfprechen durchaus den
Stralfunder Muftern. Jedoch ift bei diefen Über-
einftimmungen nicht
zu vergeffen, daß
fich ähnliche Motive
flbb. 16. Männlicher Putto (Höhe 30 cm) auch bcl anderen
Fabriken finden, wie
denn überhaupt die Formen der keramifchen Produkte
im 18. Jahrhundert fich fehr rafch über mehrere Fabriken
verbreiteten. Auf Grund der Bemalung wird man fchwer-
lich auf eine Beeinfluffung durch Stralfunder Arbeiten einen
zwingenden Schluß ziehen können. Sie zeigt die all-
gemein in Norddeutfchland übliche Buntmalerei in Muffel-
farben, und die Motive find die von Meißen aus ver-
breiteten Blumen: Rofe, Stiefmütterchen, Vergißmeinnicht,
Tulpe, Kornblume, Chryfanthemum. Ganz fehlt die fcharfe
blaue Unterglafurmalerei, wie fie in Stralfund und Marie-
berg befonders beliebt war. Eine ähnliche Anwendung
von Grün zur Modellierung der gefchwungenen Flächen
kommt allerdings in Reval vor und findet fich gerade
bei der kleinen Terrine, die auch in ihren Formen an
Stralfunder Vorbilder denken läßt.
1 Abbildungen mehrerer Stralfunder Arbeiten diefer Art finden
fich in dem Auffatj von Stieda in den „Keramifchen Monatsheften“,
Bd. II (1902), p. 92ff., Abb. 4, 6-8.
2 Terrine von 1767 im Mufeum für Kunft und Gewerbe zu
Hamburg. Abgebildet in Brinckmanns Führer von 1894, p. 357.
Abb. 17. Weiblicher Putto
(Höhe 30 cm)
570