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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 8.1916

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Heft 1/2
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Rundschau - Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26378#0045
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SAMMLUNGEN

um 1527, ein filberner Meßkelch von Johann
Lely, Leuwarden, um 1700, und ein kupfer-
vergoldeter Reliquienkaften aus Limoges, um
1250, fowie ein Waschbecken aus Bronze mit
den eingravierten Figuren der Lafter, deutsche
Arbeit des 12.—13. Jahrhunderts. Die Sammiung
der Berliner Eifengüffe wurde um zwei Leuch-
ter, einige Pofchfche Biidnispiaketten, zwei Eifen-
ßligranarmbänder mitEifengemmen auf poiiertem
Stahi und den Stiiarskyfchen Gneifenau (1834) be-
reichert. Endlich muß noch die Statuette einer
trauernden Frau aus gebranntem fchwarzlackier-
tenTon von Gottfried Schadow erwähnt werden,
in deren Sockel eine Uhr von „ifaMaquetä Ber-
lin" eingelaffen ift. Durch einen Vergleich mit
dem Tonmodell der Prinzeffin Friederike von
Preußen in der Nationalgalerie läßt fich diefe
Uhrbekrönung, die urfprünglich ficher nicht zu
einer folchen beftimmt war, gleichfalls als eine
Statuette der Prinzefßn nachweifen. Und zwar
hat man es mit einem bisher unbekannten Modell
für die Entwürfe zum Grabmal des Prinzen Lud-
wig von Preußen zu tun, das nicht zur Aus-
führung kam, zu dem aber mehrere Zeichnungen
Schadows vorhanden find. S.Amti.Ber.XXXVH,3.
Das KAISER FRIEDRICH-MUSEUM erwarb
eine fchöne Bildnisminiatur auf Elfenbein von
Dan. Chodowiecki, 1780 gemalt, die C. F. Foer-
fter in den „Amtlichen Berichten" nach Chodo-
wieckis Tagebüchern als das Bildnis eines Herrn
Daviffon in Danzig feftftellt, und ein frühes
Kircheninterieur von Emanuel de Witte, das
vermutlich eine Phantafiekirche darftellt.
Das MÄRKISCHE MUSEUM der Stadt Berlin
hat auch in den Kriegszeiten einige bedeutende
und wichtige Stücke zur Vervollftändigung feiner
Sammlungen erwerben können. Ein prächtiges
Zeugnis märkifchen Kunftgewerbes ift ein nicht
eben großer, aber in den Formen defto fchönerer
Bronzemörfer von kräftiger Profilierung, der im
Fußabfchnitt das Datum: „Cüfterin im Jar 1605"
trägt. Die Handgriffe laufen in großgeformte
und charakteriftifche männliche Köpfe von kräfti-
gem Renaiffancetypus aus. Das Mittelfeld trägt,
wie üblich, eineSpruchinfchrift: „Aus dem Feier
det ich ßießen. C. F. Jochum Friderich lis mich
gifen." Nach Profeffor Pniowers überzeugen-
der Deutung ift C. F. Jochum Friderich Kurfürft
Joachim Friedrich. Aus der Wegelyfchen Manu-
faktur ftammt die unbemalte Figur eines Jägers,
der in der ausgeftreckten Rechten ein Rebhuhn
emporhäit. Das Stück trägt namentlich in dem
dicken, derben, lächelnden Geficht alle Kenn-
zeichen Wegelyfcher Figurenplaftik, ift alfo bei
feiner vorzüglichen Erhaltung, der guten Arbeit
und der Seltenheit von Figuren diefer Manufaktur
ein befonders koftbarer Befit^. Auch die Möbel-

fammlung wurde durch eine Anzahl von Kom-
moden bereichert, unter denen fich recht fchöne
Stücke beßnden. Eine Kanne aus Zinn gehört
noch dem 15. Jahrhundert an. Über den Zweck
des fchön geformten Gefäßes gibt eine im Innern
aufgelötete, anfcheinend ältere Platte mit der
Kreuzigung Auskunft: es handelt fich hier um
eine Abendmahlskanne. Die weiteren Erwerbun-
gen kamen vor allem der Abteilung der Ber-
liner Anfichten zugute. Ein Bild von Heinrich
Hinße, im Jahre 1832 gemalt und damals auf
der akademifchen Kunftausftellung als „Aus-
ficht hinter dem Mühlendamm nach dem König-
lichen Schlöffe hin" ausgeftellt, zeigt das obere
Stück der heutigen Burgftraße, die Rückfeite
der Poftftraße nach der Spree hin. An der
Technik, befonders in der Behandlung von Holz-
werk, erkennt man den Einfluß Joh. Erdmann
Hümmels, deffen Schüler Hinße wohl gewefen
fein wird. Von Hinße felbft ift wenig bekannt.
Nach den Forfchungen von Prof. Pniower ift er
1800 geboren, hat feit 1822 bis 1858 regelmäßig
in der Akademie ausgeftellt, meift Architektur-
bilder, und vorzugsweife folche aus feiner engem
Heimat. 1862 verzeichnet der Wohnungsanzeiger
feinen Namen nicht mehr, er muß alfo wohl 1861
geftorben fein. Das Märkifche Mufeum befißt
ein treffliches Ölbild und vier Aquarelle von
ihm, in der königlichen Aquarellfammlung ift er
mit vielen tüchtigen Arbeiten vertreten, und zu
S. H. Spikers Werk „Berlin und feine Um-
gebungen" (1833) hat Hinße 16 Blätter, neben
Gärtner das meifte, beigetragen. Das Berlin
nach dem Deutfch-Franzöfifchen Kriege fchildert
eine Anzahl liebenswürdiger Aquarelle von
Karl Wilhelm Streckfuß, der als Lehrer der
Perfpektive an der Berliner Akademie 1896 ftarb.
1817 in Merfeburg geboren, ftudierte er in Berlin
und Düffeldorf (bei Sohn), ging dann für drei
Jahre zu Delaroche und 1844 nach Rom. Seit
1852 ftellte er in Berlin aus, zuerft ein großes
Hiftorienbiid im Gefchmack Delaroches (Anna
von Öfterreich zeigt Ludwig XIV. das empörte
Volk), dann meift Bildniffe und Landfchaften.
1877 trat er fein Berliner Lehramt an. Die
meiften feiner Blätter haben vorwiegend topo-
graphifchen Wert, wie fie denn mit ungeheurer
perfpektivifcher Genauigkeit gearbeitet find. Da
fie meiftens inzwifchen fehr veränderte Ortiich-
keiten darftellen, find fie für das Märkifche
Mufeum von beträchtlichem Wert. Aber es
finden fich auch Arbeiten darunter, die rein
ihrem Kunftwerte nach beftehen können, vor
allem eine ganz reizende Darftellung derAnhalt-
ftraße, in deren Nr. 2 er wohnte, im „Spion"
gefehen. Als Seltfamkeit fei übrigens unter
feinen Blättern noch eine Darftellung des leßten

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