DIE HANDZEICHNUNGEN-SAMMLUNG
DR. HOFSTEDE DE GROOT IM HAAG. I.
Mit 8 Abbildungen Von OTTO HIRSCHMANN
*T\em Sammler von Handzeichnungen bietet [ich bei [einen Erwerbungen eine weit
A-V größere Auswahl an, als dem Gemälde[ammler. Aber in entfprechend höherem
Maße gilt es bei den Handzeichnungen, die Spreu vom Weizen zu [cheiden. Mehr
noch als bei Gemälden i[t es bei Zeichnungen üblich, unbe[timmbaren Schöpfungen
einen fe[ten Mei[ternamen zu geben, de]fen Sugge[tion ein nicht durch und durch
kritifch ge[timmter Betrachter nur allzuleicht erliegt. Mit Namen wie Lukas von Leiden,
Francken, Vinckboons, Gol^ius, Saverg, Rembrandt, Berchem u[w. — um bei den
Niederländern zu bleiben - werden die Werke von je ganzen Kün[tlergruppen be-
zeichnet, die ihren Taufnamen oft wegen künftlerifcher Verwandtfchaft, häufiger aber
nur zufolge äußerlicher Übereinftimmungen in Vorwurf, Technik oder Material tragen.
Hier hat die [ichtende Kritik auch in den beftgeleiteten Kabinetten noch ein weites Feld.
Mehr noch als bisher wird man viele Blätter lediglich nach ihrer Schulzugehörigkeit ein-
ordnen oder dann aber das Faktum der bloßen Zufchreibung deutlich vermerken muffen.
Das Angenehme der Aufgabe, mit der wir uns hier befaffen, wird dadurch erhöht,
daß man nicht, wie oft bei ähnlichen Unternehmungen, vor ein Dilemma geftellt wird:
nämlich entweder einen Kompromiß mit feinem Gewiffen zu [chließen oder einen Be-
fißerftolz zu beleidigen. Weitaus die größte Zahl der Blätter Dr. Hofftede de Grools
befteht aus charakteriftifdien Zeichnungen, die „die Hand" ihres Urhebers ohne weiteres
erkennen laffen oder urfprüngliche Künftlerfignaturen tragen. Nicht weniger intereffant
ift aber die kleinere Gruppe von Zeichnungen, deren Zufchreibung an beftimmte, oft
wenig bekannte Meifter, einer Begründung bedarf. Glaubt ein Betrachter hinfichtlich
der Benennung diefer oder jener Zeichnung anderer Meinung [ein zu müffen, [o weiß
er, daß er es hier nicht unüberlegt [ein darf und zum mindeften damit zu rechnen hat,
gewichtige Gründe entkräften zu müffen.
Das Programm, das [ich Dr. Hofftede de Groot als Sammler von Handzeichnungen
gemacht hat, umfaßt die holländifchen Künftler des „goldenen" Jahrhunderts, zu denen
als Hals-Schüler auch Adriaen Brouwer gerechnet wird. Die untere Grenze wird
etwa durch das Jahr 1590 gebildet. Aus der Legion holländifcher Künftler des
17. Jahrhunderts hat Dr. Hofftede de Groot dann wieder einzelne Gruppen und
Perfönlichkeiten bevorzugt. Vor allem Rembrandt. Ihm hat er nicht nur einen
großen Teil feiner Lebensarbeit gewidmet, er hat ihn auch zum Mittelpunkt feines
Sammelintereffes gemacht. Das fcheint in diefer Umgebung natürlich, ift es aber
angefichts der Schwierigkeit der Aufgabe keineswegs. Bekanntlich ift es Dr. Hof-
ftede de Groot gelungen, eine der größten Sammlungen von Rembrandtzeichnungen
in Privatbefit) — auf jeden Fall die größte der noch begehenden — zufammen-
zubringen. Außer Rembrandt war es befonders Lambert Doomer, deffen qualitätvolle
Zeichnungen Dr. Hofftede de Groot, wo er ihrer habhaft werden konnte, erworben
hat. Bei andern Gruppen, denen er feine befondere Aufmerkfamkeit zugewendet hat,
werden wir im Laufe unferer Befprechung Gelegenheit haben zu verweilen. Von
dem Wunfche geleitet, daß die durch ihn gefammelten Schäle feinem Lande erhalten
bleiben, hat Dr. Hofftede de Groot bereits vor Jahren die meiften feiner Zeichnungen,
vor allem die Rembrandts, dem Rijksprentenkabinett in Amfterdam, feine Gemälde-
fammlung, fowie die inzwifchen neuerworbenen Zeichnungen — worunter wiederum
verfchiedene von Rembrandt — feiner Vaterftadt Groningen vermacht.
400
DR. HOFSTEDE DE GROOT IM HAAG. I.
Mit 8 Abbildungen Von OTTO HIRSCHMANN
*T\em Sammler von Handzeichnungen bietet [ich bei [einen Erwerbungen eine weit
A-V größere Auswahl an, als dem Gemälde[ammler. Aber in entfprechend höherem
Maße gilt es bei den Handzeichnungen, die Spreu vom Weizen zu [cheiden. Mehr
noch als bei Gemälden i[t es bei Zeichnungen üblich, unbe[timmbaren Schöpfungen
einen fe[ten Mei[ternamen zu geben, de]fen Sugge[tion ein nicht durch und durch
kritifch ge[timmter Betrachter nur allzuleicht erliegt. Mit Namen wie Lukas von Leiden,
Francken, Vinckboons, Gol^ius, Saverg, Rembrandt, Berchem u[w. — um bei den
Niederländern zu bleiben - werden die Werke von je ganzen Kün[tlergruppen be-
zeichnet, die ihren Taufnamen oft wegen künftlerifcher Verwandtfchaft, häufiger aber
nur zufolge äußerlicher Übereinftimmungen in Vorwurf, Technik oder Material tragen.
Hier hat die [ichtende Kritik auch in den beftgeleiteten Kabinetten noch ein weites Feld.
Mehr noch als bisher wird man viele Blätter lediglich nach ihrer Schulzugehörigkeit ein-
ordnen oder dann aber das Faktum der bloßen Zufchreibung deutlich vermerken muffen.
Das Angenehme der Aufgabe, mit der wir uns hier befaffen, wird dadurch erhöht,
daß man nicht, wie oft bei ähnlichen Unternehmungen, vor ein Dilemma geftellt wird:
nämlich entweder einen Kompromiß mit feinem Gewiffen zu [chließen oder einen Be-
fißerftolz zu beleidigen. Weitaus die größte Zahl der Blätter Dr. Hofftede de Grools
befteht aus charakteriftifdien Zeichnungen, die „die Hand" ihres Urhebers ohne weiteres
erkennen laffen oder urfprüngliche Künftlerfignaturen tragen. Nicht weniger intereffant
ift aber die kleinere Gruppe von Zeichnungen, deren Zufchreibung an beftimmte, oft
wenig bekannte Meifter, einer Begründung bedarf. Glaubt ein Betrachter hinfichtlich
der Benennung diefer oder jener Zeichnung anderer Meinung [ein zu müffen, [o weiß
er, daß er es hier nicht unüberlegt [ein darf und zum mindeften damit zu rechnen hat,
gewichtige Gründe entkräften zu müffen.
Das Programm, das [ich Dr. Hofftede de Groot als Sammler von Handzeichnungen
gemacht hat, umfaßt die holländifchen Künftler des „goldenen" Jahrhunderts, zu denen
als Hals-Schüler auch Adriaen Brouwer gerechnet wird. Die untere Grenze wird
etwa durch das Jahr 1590 gebildet. Aus der Legion holländifcher Künftler des
17. Jahrhunderts hat Dr. Hofftede de Groot dann wieder einzelne Gruppen und
Perfönlichkeiten bevorzugt. Vor allem Rembrandt. Ihm hat er nicht nur einen
großen Teil feiner Lebensarbeit gewidmet, er hat ihn auch zum Mittelpunkt feines
Sammelintereffes gemacht. Das fcheint in diefer Umgebung natürlich, ift es aber
angefichts der Schwierigkeit der Aufgabe keineswegs. Bekanntlich ift es Dr. Hof-
ftede de Groot gelungen, eine der größten Sammlungen von Rembrandtzeichnungen
in Privatbefit) — auf jeden Fall die größte der noch begehenden — zufammen-
zubringen. Außer Rembrandt war es befonders Lambert Doomer, deffen qualitätvolle
Zeichnungen Dr. Hofftede de Groot, wo er ihrer habhaft werden konnte, erworben
hat. Bei andern Gruppen, denen er feine befondere Aufmerkfamkeit zugewendet hat,
werden wir im Laufe unferer Befprechung Gelegenheit haben zu verweilen. Von
dem Wunfche geleitet, daß die durch ihn gefammelten Schäle feinem Lande erhalten
bleiben, hat Dr. Hofftede de Groot bereits vor Jahren die meiften feiner Zeichnungen,
vor allem die Rembrandts, dem Rijksprentenkabinett in Amfterdam, feine Gemälde-
fammlung, fowie die inzwifchen neuerworbenen Zeichnungen — worunter wiederum
verfchiedene von Rembrandt — feiner Vaterftadt Groningen vermacht.
400