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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 11
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Rohde, Alfred: Die wissenschaftlichen Instrumente des Hamburgischen Museums für Kunst und Gewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0520
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Künftler die Quattrocentoornamentik gefchaffen, grapt)ifd)e Vorlagen wirken hier früh)
befruchtend auf die Cüerkftätten, eine ganze Reihe von Einzelperfönlid)keiten läßt jicß
fcßon aufzeid)nen: 3oan Ändrea, Nicoletto da Modena, Enea Vico u. a. Das be-
rät) mtefte Inftrument des Mufeums, das Äftrolabium des Danti (Hbb. 1) fchließt fid) in
feiner Ornamentik diefer Stecßergruppe an, an Nicoletto da Modena am meiften an-
klingend. Von diefen Beifpielen ausgehend fdjuf in Deutfcßland die Gruppe der foge-
nannten Kleinmeifter, von der Qnfymmetrie der Spätgotik in einem neuen Stilgefühl
fid) allmählich befreiend, das fymmetrifche Ornament der deutfchen Frührenaiffance.
Durch ihre mannigfaltigen Stiche haben die Beham und der Meifter J. B. aus Nürnberg,
Äldegrever aus (Xleftfalen, Lucas von Leyden und der Meifter mit den Pferdeköpfen
aus den Niederlanden und vom Rhein nachhaltig mit ihrem Ornamenten fchajj auf das
Kunftgewerbe der Renaiffance eingewirkt. Mit Inftrumenten bis in die 70er Jahre des
16. Jahrhunderts fd)ließen fleh Chriftoph Sd)ißler und vor allen Dingen der Münchner
Ulrich Sdjniep (Äbb. 2) diefen Vorlagen an.
Die cisalpine Ornamentik hatte nach diefer italienifierenden Blüte zwei Formen aus-
gebildet, die — vom Ornamentftid) als ihrem Propagandamittel getragen — richtung-
gebend für annähernd zwei Jahrhunderte waren: das Rollwerk und die Maureske. 3a
beiden Gruppen haben italienifche Meifter in Frankreich beigetragen. Franzöfifche Meifter
wie Ducerceau variieren das Rollwerk mit feinen Schli&ungen und Biegungen, laffen
ihm aber — was für Frankreich charakteriftifd) ift — feine Bedeutung als Rahmenwerk,
von architektonifchem Gefühl durchdrungen. Diefe Aufgabe der Rahmung hat das Roll-
werk auf einem Inftrument von Danfery'(Äbb. 3) nach einer direkten Vorlage von Etienne
Delaune (Äbb. 4) und auf einer Sonnenuhr von Qlrid) Scßniep (Äbb. 5).
Niederländifche Meifter nahmen die Anregungen von Fontainebleau auf. 1565 nennt
Vredemann de Vries in feiner „Architektur“ diefe Ornamentik „das verfterben und ver-
lieren unden und oben am werck mit geröll“. Cornelis Floris, Code und der fpäter
in Frankfurt tätige Cßeodor de Bry find die fjauptmeifter: pe verbinden Rollwerk und
Groteske. Än den Formfchatj von Floris und Cock lehnt fiel) der bedeutendfte Inftru-
mentenmacher Süddeutfchlands, Erasmus ßabermel, an, ohne daß wir ein einziges Mal
irgendeine unmittelbare Vorlage für ihn nachweifen können (Äbb. 6), während die Setj-
wage eines unbekannten Meifters (Äbb. 7) eine Stichvorlage des üßeodor de Bry
(Äbb. 8) kopiert.
Die Maureske — oft in Verbindung gebracht mit dem Rollwerk z. B. als Füllung
einer Rollwerkumrahmung — knüpft ebenfalls in Frankreich an italienifche Meifter an.
Francisco Pelegrino gab hier 1530 „La fleur de la Science de broderie, fa?on arabesque
et ytalique“ heraus, eine Reihe weiterer Bücher über die Maureske folgte: 1546 Gour-
mont, 1563 Ducerceau. Qm 1550 erfcheint in Nürnberg durch „Virgillius Solis ge-
ordnet“ die „Moriske und Cürkifcße (einfacher und duppelter) Art zuglein“. Die Vor-
lagen des Solis (Äbb. 9) haben vermutlich der Schißlerfcßen Olerkftatt die Maureske
vermittelt (Äbb. 10), außer bei ißm finden wir fie befonders reich bei Q)omas Rückert
argewandt.
Die weitere Entwicklung der Ornamentik im 17. Jahrhundert: der Übergang des Roll-
werkftils zum flächigen Befchlagwerk, das Knorpelwerk, die allmähliche Durchdringung
des Ornaments in Deutfcßland mit franzöfifeßen Neufchöpfungen aus der Louis XIV.-3eit
findet in der Gefchichte der wiffenfcßaftlichen Inftrumente nur geringen Niederfd)lag.
Der Blüte der Inftrumentenfabrikation um 1600 folgt bald ein künftlerifcßer Niedergang:
die augsburgifch-nürnbergifeßen tüerkftätten bringen nichts Neues, fondern laufen Ge-
fahr, in alten überlieferten Formen zu erftarren. So findet erft der ausgebildete
Äkanthus, der in feiner ftacßlicßen Art am Ende des Jahrhunderts eine ftarke gotifi-
rende Richtung im Barock bedeutet, deffen formaler Reichtum in Deutfd)land durch
Meifter wie Indau und Bodenehr im Ornamentftich ausgebildet wird, wieder engere
Berührungspunkte mit tüerken der Inftrumentenmacher, befonders der Kreis um Michael

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