brandt. Da id) die Dinge liebe, glaube id), jedes Dogma verwerfen zu dürfen und die
Freiheit zu genießen, beide Arten aufzunehmen, durch die die großen Meifter ihre Auf-
faffung vom 3eid)nen ausdrückten. Eine fold)e Epoche eklektifdjer Raritätenliebhaber
wie die unfre, weiß Ingres ebenfo gerecht zu werden wie Delacroix. Id) ßabe erft
kürzlid) klug zufammengeftellte Sammlungen auseinandergehen feßen, wo eine
Silberftiftzeid)nung von Pifanello neben einer 3eid)nung Rembrandts lag. (Nur auf
jenen Jahrmärkten von heute, die überaus verderblich für die Kunft find und die fich
merkwürdig euphemiftifch „Les Salons“ nennen, fd)lagen die Klügeleien eines Malers
die des andern tot.)
Die Kunft kennt keine Dogmen. Ihr Reichtum ift allergrößte Verfd)iedenl)eit. Und
die Definition, die der große Dichter Moreas gegeben hat, als er die Scheidung der
Kunft in klaffifche und romantifdje idiotifd) nannte, wird wohl immer wahr bleiben.
Möchten nur einige frühreife Geifter, die in ihren Urteilen David und Ingres verwerfen,
daß fie den Einfluß Klinkelmanns erfahren hätten, lieber die Analogie fehen zwifd)en
der Kunft des 18. Jahrhunderts in ihrem Niedergang und der unferer Lage, die ein
Surrogat der großen Impreffioniften ift. Befucßt folcße Ausheilungen, wie die kürzlid)
gebotenen, wo bekannte Maler in den Fußtapfen großer Schöpfer zu wandeln glauben,
aber ihre wirkliche Natur verkennen und es nur auf einen mehr oder weniger verfüh-
renden Manierismus abfehen. Eine Ausftellung, die eine Gruppe großer Sammler in
der rue de la Ville Eveque veranftaltete, war da befonders bezeichnend. Die wenigen
großen Klerke von Manet, Cezanne, Renoir, die gezeigt wurden, legen 3eugnis ab fo-
wohl von einer meifterhaften Kunft als aud) von einer Epoche, in der das Streben nach
der großen Form die Kunft behcrrfcßte, was dazu berechtigt, fie den größten Epochen in
der Gefd)id)te der Malerei anzureihen. Aber diefe Form wird nad) den großen Mei-
ftern des Impreffionismus kleiner, fie artet zu einer rein dekorativen Annehmlichkeit
aus. Bonnard bewahrt nod) viel Frifche und Jugendlichkeit in feinen dekorativen und
dabei dod) intimen Stücken. Seine Ausftellung bei Druet, in der alle feine Klerke der
lebten 30 Jahre vereint waren, wurde für den Künftler ein wahrer Criumph- Man
kannte Bonnard gut, man liebte ihn; aber man legte fid) im Grunde keine Rechen-
fd)aft darüber ab, daß die Kunft diefes Malers unter ihrer femininen und unge-
zwungenen Erfd)einung ein ernftes Streben, das jedes Blendwerk verabfcheut, verbarg.
Mit guter Kunft ift es wirklich wie mit gutem Klein: die Seit macht ihn köftlid). Das
Fehlen jeder Pofe, eine glückliche, forglofe Anlage, Vertrauen in feine natürlichen
Gaben, und wie zu feinem Vergnügen Landfd)aften malend, Stilleben, Interieurs, Fa-
milienporträts, Akte, befd)eidene Bilder, aber mit anfprechendem Akzent, in eine Atmo-
fphäre von 3artheit getaucht, von wahrem Gefühl und erlefenem Gefchniack, von einer
zeid)nerifd)en Behandlung, die infolge ihrer Nahrhaftigkeit ausdrucksvoll ift, aufrichtig
in ihren verhüllten, cremigen, leichten Farbharmonien, die Renoir naheftehen, all diefe
Eigenfchaften machen diefen Maler überaus fympathifd).
Bei den „Sammlern“ behauptet Matiffe einen nicht weniger entfcheidenden Plafe
als Bonnard. Matiffe erfchöpft feine große Erfindungsgabe niemals. Er konzentriert
auf der Fläche Lebenselemente von ebenfo großer Realität als Märchenhaftigkeit.
Aber alles Seltene und Koftbare diefes üalents, alle Virtuofität der Kunft des Ma-
tiffe, die ganze Crunkenheit feiner vom Licht durchpeitfcl)ten Farben verdunkelt dod)
nicht die Landfd)aften Utrillos. Diefe find Klunder von Knappheit und Natürlichkeit.
Klas für ein großer Maler ift diefer Utrillo in feinen alten Landfcßaften, die fo ein-
fach und mit der Klugheit und Vollendung der alten Holländer gemalt find. Man
möchte auch bei der Bewunderung feines Aufbaues, der Kenntnis der Valeurs, die er
in feinen für ihn fo charakteriftifdjen Harmonien des Kleiß und Grau offenbart, — Ca-
naletto heraufbefd)wören. Diefe am Rande der großen impreffioniftifd)en Malerei
ftehende Kunft fcßeint dennoch ein echter Nachkomme der Renoir, Piffarro und Sisley.
Die von den Sammlern veranftaltete Ausftellung wird Derain nicht gerecht, da man
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Freiheit zu genießen, beide Arten aufzunehmen, durch die die großen Meifter ihre Auf-
faffung vom 3eid)nen ausdrückten. Eine fold)e Epoche eklektifdjer Raritätenliebhaber
wie die unfre, weiß Ingres ebenfo gerecht zu werden wie Delacroix. Id) ßabe erft
kürzlid) klug zufammengeftellte Sammlungen auseinandergehen feßen, wo eine
Silberftiftzeid)nung von Pifanello neben einer 3eid)nung Rembrandts lag. (Nur auf
jenen Jahrmärkten von heute, die überaus verderblich für die Kunft find und die fich
merkwürdig euphemiftifch „Les Salons“ nennen, fd)lagen die Klügeleien eines Malers
die des andern tot.)
Die Kunft kennt keine Dogmen. Ihr Reichtum ift allergrößte Verfd)iedenl)eit. Und
die Definition, die der große Dichter Moreas gegeben hat, als er die Scheidung der
Kunft in klaffifche und romantifdje idiotifd) nannte, wird wohl immer wahr bleiben.
Möchten nur einige frühreife Geifter, die in ihren Urteilen David und Ingres verwerfen,
daß fie den Einfluß Klinkelmanns erfahren hätten, lieber die Analogie fehen zwifd)en
der Kunft des 18. Jahrhunderts in ihrem Niedergang und der unferer Lage, die ein
Surrogat der großen Impreffioniften ift. Befucßt folcße Ausheilungen, wie die kürzlid)
gebotenen, wo bekannte Maler in den Fußtapfen großer Schöpfer zu wandeln glauben,
aber ihre wirkliche Natur verkennen und es nur auf einen mehr oder weniger verfüh-
renden Manierismus abfehen. Eine Ausftellung, die eine Gruppe großer Sammler in
der rue de la Ville Eveque veranftaltete, war da befonders bezeichnend. Die wenigen
großen Klerke von Manet, Cezanne, Renoir, die gezeigt wurden, legen 3eugnis ab fo-
wohl von einer meifterhaften Kunft als aud) von einer Epoche, in der das Streben nach
der großen Form die Kunft behcrrfcßte, was dazu berechtigt, fie den größten Epochen in
der Gefd)id)te der Malerei anzureihen. Aber diefe Form wird nad) den großen Mei-
ftern des Impreffionismus kleiner, fie artet zu einer rein dekorativen Annehmlichkeit
aus. Bonnard bewahrt nod) viel Frifche und Jugendlichkeit in feinen dekorativen und
dabei dod) intimen Stücken. Seine Ausftellung bei Druet, in der alle feine Klerke der
lebten 30 Jahre vereint waren, wurde für den Künftler ein wahrer Criumph- Man
kannte Bonnard gut, man liebte ihn; aber man legte fid) im Grunde keine Rechen-
fd)aft darüber ab, daß die Kunft diefes Malers unter ihrer femininen und unge-
zwungenen Erfd)einung ein ernftes Streben, das jedes Blendwerk verabfcheut, verbarg.
Mit guter Kunft ift es wirklich wie mit gutem Klein: die Seit macht ihn köftlid). Das
Fehlen jeder Pofe, eine glückliche, forglofe Anlage, Vertrauen in feine natürlichen
Gaben, und wie zu feinem Vergnügen Landfd)aften malend, Stilleben, Interieurs, Fa-
milienporträts, Akte, befd)eidene Bilder, aber mit anfprechendem Akzent, in eine Atmo-
fphäre von 3artheit getaucht, von wahrem Gefühl und erlefenem Gefchniack, von einer
zeid)nerifd)en Behandlung, die infolge ihrer Nahrhaftigkeit ausdrucksvoll ift, aufrichtig
in ihren verhüllten, cremigen, leichten Farbharmonien, die Renoir naheftehen, all diefe
Eigenfchaften machen diefen Maler überaus fympathifd).
Bei den „Sammlern“ behauptet Matiffe einen nicht weniger entfcheidenden Plafe
als Bonnard. Matiffe erfchöpft feine große Erfindungsgabe niemals. Er konzentriert
auf der Fläche Lebenselemente von ebenfo großer Realität als Märchenhaftigkeit.
Aber alles Seltene und Koftbare diefes üalents, alle Virtuofität der Kunft des Ma-
tiffe, die ganze Crunkenheit feiner vom Licht durchpeitfcl)ten Farben verdunkelt dod)
nicht die Landfd)aften Utrillos. Diefe find Klunder von Knappheit und Natürlichkeit.
Klas für ein großer Maler ift diefer Utrillo in feinen alten Landfcßaften, die fo ein-
fach und mit der Klugheit und Vollendung der alten Holländer gemalt find. Man
möchte auch bei der Bewunderung feines Aufbaues, der Kenntnis der Valeurs, die er
in feinen für ihn fo charakteriftifdjen Harmonien des Kleiß und Grau offenbart, — Ca-
naletto heraufbefd)wören. Diefe am Rande der großen impreffioniftifd)en Malerei
ftehende Kunft fcßeint dennoch ein echter Nachkomme der Renoir, Piffarro und Sisley.
Die von den Sammlern veranftaltete Ausftellung wird Derain nicht gerecht, da man
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