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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Kellner, Otto: Rudolph Czapek
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0780
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zuwenden, fo ift der Künftler durchaus vom Kunfttßeoretiker zu trennen. Czapeks
Bilder, meift in zarten Cemperatönen gehalten, wiffen nicpts von Doktrin und Dogma.
In fcßöpferifcßen Augenblicken pnd pe entftanden, Glerke von köftlicßem Stimmungs-
gepalt und kosmifcßer Gleite, fcßön wie Glunder und feltfam zeitlos, Gier vor den
Scßildereien Oftapens, den Bucßilluftrationen der Gotik, den Glerken GIßiftlers und
Beardsleys nocß nicßt inne ward, daß Malerei Fläcßenkunft ift, daß Menfcß und Land-
fcßaft, auf der Bildßäcße zum Linien- und Farbenornament umgedeutet, erft in Glaßr-
ßeit verewigt werden und die Natur im Kunftwerk die Gleiße der Äbftraktion erßält,
der erfäßrt es vor den Bildern Czapeks. Eine feltfam eindringlicpe und docp unauf-
dringlicpe Glirkung gept von dem ganzen Malwerk Czapeks aus. Orient fand fiep pier
zum Okzident. Nur im weftöftlicpen Diwan wurde eine äpnlicp elementare Syntpefe
erreiept und dargetan, welcpes Maß von Glacßtraumbegabung Menfcpen der weißen
Raffe zu eigen fein kann.
Czapek ift feinen (lieg als Künftler abfeits von Gilde und Gildenzwang gegangen.
Anregungen auep von Seiten des Exprefponismus pat er pep nie verfcploffen, den Ent-
wicklungsgang der jüngften Malerei ftets mit Gloßlwollen verfolgt, ünd docp konnte
es für ipn, den die Natur mit unerfcpöpßicper Ppantape begabte, nur den einen Gleg
der perfönlicpen Eigenart geben, den Gleg der Einkepr in das innere Selbft, die Gm-
und Überfefeung feines totalen Gleltgefüßls in die IJarmonie der Linien und Farben.
Darum wirkt fein künftlerifcpes Glerk auep fo durepaus gefcploffen und bleibt unver-
geßlicp wie fonft nur die Glerke von van Gogp und Mund); darum nur ift es ftatt-
paft, abfcpließend zu betonen, daß Czapek die Forderungen, die er als Cpeoretiker der
Kunft ganz allgemein ftellte, als Künftler von Grund auf erfüllt pat, daß er für feine
Lepre mit feinem künftlerifcpen Leben einftand und daß er diefe feine Lepre nur leben
konnte, weil pe das große Erlebnis feines Anfangs war und die tieffte Einfiept in das
Glefen der Malerei überpaupt. Gerade von feinen Scpöpfungen gelten die Scplußworte
feiner Farbentpeorie in befonderem Maße: „Erft durepgeiftigte Glirkungen können den
Eigenwert der Bildwerke begründen, erft geiftiger Einzelrang vorliegender Kunftwerke
vermag die Hemmungen des Alltags zu durepbreepen, geiftige Markfteine zu fetten,
zur günftigen Stunde durep glückließe Ausweitungen und nacpßaltige Erpebung ßoßen
erzieperifepen Fjilfswert vorzuftellen, innerem Giert die ümgebung zu unterwerfen.“ —
II. Czapeks Malwerk
Rudolpp Czapek wurde am 2. Juli 1871 als zweiter Sopn des Stabsarztes Dr. Fried-
riep Czapek in Prag geboren. Auf Glunfcß des Vaters wandte er pcß feßon in jungen
Japren der militärifeßen Laufbapn zu und war bis 1899 in öfterreicßifcß-ungarifcpen
Dienften als aktiver Seeoffizier tätig; Auslandsfaprten erfcßloffen ipm Südamerika, die
Südfee und den Orient. 1899 napm Czapek aus gefundpeitlicßen Rückpcßten feinen
Abfcßied und widmete pcß in Glien und 3üricp eifrigen Studien in pßilofopßifcßer und
künftlerifcßer Ricßtung. Die Giendung zum Malerberuf erfolgte 1902 in Müncßen;
Knirr, fjerteriep und Gröber, zulefet Alexej. Jawlenfky waren in den folgenden Japren
feine Leprer. Von 1907—1909 arbeitete Czapek felbftändig, diesmal in Berlin, wofelbft
er auep eingepend die moderne, die mittelalterlicße und die oftapatifepe Malerei ftudierte.
Gleitere Glanderjaßre füprten Czapek naeß der Oftfee und naep Cßüringen. Seit 1917
lebt der Künftler in Deggendorf am bayrifeßen Glald.
Gläßrend die Fjocßßut der etwa pundert Scßriften, die über die Moderne pandeln,
erft mit dem Japre 1912 einfetjt, pat Czapek bereits 1908 in feinen „Grundproblemen“
und 1909 in feiner Kulturftudie „Die neue Malerei“ der Durcßbrecßung des Realismus
das Glort geredet und das Glefen der kommenden Kunft intuitiv erfaßt. Auf S. 108
und 109 der „Grundprobleme“ ftepen die denkwürdigen Säfee: „Die Intenptät und nießt
der ümfang des Scßauens begründet den Kunftwert. Obeißäcßlicße Beobachtung ver-
urfaeßt als Begleiterfcßeinung die ßandwerkließen Malleiftungen. Vertiefte Anfcßauung

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