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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Kellner, Otto: Rudolph Czapek
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0779

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äfynlidjen ülerts find: Glutrot — Kühlblau— Gelbgrün, Rotgelb — ßodjlila — Blaugrün.
Es folgen noch drei Nebenklänge: Rot —Blau — Lila; Rot — Gold — Orange; Grün —
Blau — Gold, der glänzende rückläufige Quartfehritt der Pfauenfärbung. Dazu kommen
nod) die [ieben engeren Dreiklänge: Rot — Lila — Silber; Rot — Lila — Grün; Lila —
Blau — Grün; Lila — Blau — Silber; Lila—Grün— Silber; Gold —Silber — Grün wird
mit etwas Schwarz zu einer feffelnden, waldmärdjenljaften tüirkung; Blau — Silber —
Grün, in gellen Stufen mit ttleiß (Baumblüte) ift ein befonders lieblicher und ftiller
fjalbklang.“ —
Aud) mit der Farbenlehre Goethes und Oftwalds, den Ojeorien von tü. James, Kan-
■dinfky, Skryabin hat fid) Czapek in feiner Schrift „Farbenwelt und Bildaufbau“ aus-
einandergefetjt und dabei darauf tüngewiefen, wie tief in der Empfindung gerecht-
fertigt jene geiftige Einteilung Goethes gewefen war, wenngleich fie wiffenfdjaftlich
wie tedjnifch keineswegs förderlich werden konnte. -—
In einer weiteren Ärbeit, „Umriffe und Raumwerte“ betitelt, hat Czapek es dann zu-
letzt unternommen, eine pfycd^ifche Methode des Selbftunterrichts im 3eid)nen zu be-
gründen. Ein erftes Kapitel befaßt fid) mit der Änfangsftufe Naturftand, der primi-
tiven 3eid)nung, ihrer technifchen Ausführung, weiterhin mit den Farbenklängen und
dem Ornament. Das zweite Kapitel ift der fymbolifchen 3eid)nung gewidmet: Plakat
iund Graphik finden \)ier ihre tüürdigung. Das dritte Kapitel verbreitet fich eingehend
(über die realiftifche 3ßicbnung, die Prinzipien der ümriffe und der malerifd)en 3eid)-
nung, über Linear- und Schattenperfpektive, über die Ornamentik der realiftifchen Stufe
und die Durchbrechung diefer Stufe in der modernen Kunft. (üeiterhin wird gehandelt
über die menfd)lid)e Figur (Ausmaße, Schwerpunkt, Körperteile, Detail- und Cotalein-
•druck, Verkürzungen irn Raum), über die Oerwelt, die Vegetation, die Landfchaft und
die künftlerifche Auswertung aller Eindrücke mittels des Stifts und der flächigen Seg-
nung. Die geometrifchen Figuren werden dann nach ihrem Flächen- und Raumwert
unterfucht; Konftruktionsübungen fd)ließen fid) daran an. Ebenfo werden die Grund-
züge der Schriftzeichenformung von Czapek entwickelt; Faltenwurf, Kleidung und Ge-
rät werden gleichfalls im ßinblick auf die zeichnerifche Bewältigung behandelt. Eine
Abhandlung über konftruktives, dynamifcl)es und emotionelles Seiten bildet den Ab-
fchluß diefes modernen Künftlertraktates.
Eße wir uns zum Schluß mit dem Künftler Czapek befaffen, fei noch in Kürze auf
die Verdienfte hingewiefen, die er fid) als Kultur- und Kunftpolitiker erwarb. In feiner
Kulturftudie „Die neue Malerei“ (Band II der Sammlung „Kunft und Kultur“, Stutt-
gart 1909) hat Czapek bereits den Gedanken einer ÜLIeltkoalition formuliert und eine
erträumte, aber dennoch realisierbare Erdkunft als Gegenfatj zu den üblichen Arten von
Landeskunft aufgeftellt. In jener kleinen Schrift, die das Präludium zum Hauptwerk,
der „Synthefis“, bildet und durd) eine machtvolle Abfage an Fr. Nietjfche denkwürdig
bleiben muß, wurde auch mit Nachdruck auf die ungeheuren Schäle der oftafiatifchen
Kultur hingewiefen und die Grenze zwifd)en djinefifcher und europäifcher Art gezogen,
des weiteren die Frage aufgeworfen, ob denn nicht doch noch das alte Reich des
fjimmels und der Mitte, das Land der Verkehrtheit felber, zur künftigen Erdkultur
manches beitragen könne. Meifterhaft ift auch die Auseinanderfetjung Czapeks mit
feinen drei Vorläufern in der Forderung einer kunftwärts gerichteten Neuorientierung
des gefamten Lebens, mit Richard ülagner, mit Langbeßn, dem „Rembrandt-Deutfd)en“
und mit Friedrich Nietjfche. Sie alle blieben in den Grenzen des Nationalen und Nur-
Europäifchen befangen, und keinem kam der Gedanke, daß Nordamerika, daß Japan
oder vielmehr fein Mutterland China auch an der Kultur der 3ukunft teilhaben müßten,
gemäß dem Prinzip, daß, wie in der Kunft, auch in der Kulturfrage erft durch die
harmonifche Verföhnung des Entgegengefetjten eine befriedigende Löfung, ein ewiges
Gleichgewicht erzielt werden kann. —
ÜUas nun die fd)öpferifd)en Leitungen Czapeks betrifft, denen wir uns abfchließend

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