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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Feurstein, Heinrich: Der Donaueschinger Altarflügel Grünewalds
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Scherer, Christian: Nochmals zur Frage der sog. Lauensteiner Gläser
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0350

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Studien und Forfcfyungen

lands- und Marienleben des Mittelalters ent-
halten keinen Qinweis, ausgenommen das Ma-
rienleben Cilalters von Rheinau. Im bekannten
Marienleben Philipp des Kartäufers findet [ich
die Magdalenenklage erft nach der Kreuzab-
nahme. Dagegen enthält das Donauefchinger
Paffionsfpiel (oberrheinifch, Ende 15. Jahrh.) diefe
rührende zehnzeilige Klage der Magdalena vor
dem Gekreuzigten:
0 we not ob aller not
0 we min liebfter 5er äft tod
Der mir fo fruntlicb hat getan
und mir vil funden abgelan
O Jefus aller liebfter 5er
wer git mir rat wer git mir 1er
veriaffen bin ich ewanclid)
0 her das clag ich inneclich
nim mich auch von difem zit
wann all min hoffnung in dir lit.
Der Kopift des Bildes ift vermutlich der Maler
Chriftoph Krafft, pictor percelebris, der für den
Abt Franz I. Chullot befchäftigt war. Er malte
eine Reihe Altarbilder, darunter fieben Szenen

aus dem Leben Chrifti, ferner kleinere, „fehr
kunftvolle“ Bilder auf Kupfer von zwei Span-
nen 5öhe, im April 1651 zwei große Fahnen-
blätter für 30 Dukaten und im Mai desselben
Jahres ein Schutjengelbild und 44 Konventualen-
bildniffe für 33 Dukaten. Von den auf Kupfer
gemalten, in ttlirklichkeit fchwachen Bildern ßnd
noch fünf in St. Paul erhalten. Sie zeigen den
Stil der niederländifchen Manieriften. Diefe Bil-
der find fo unbedeutend, daß fie mittelbar zu
einem Beweis für die ÖLIörtlichkeit unferer Kopie
werden.
Gemeint ift wohl der Maler Chriftoph Krafft,
pictor gente germanus, der 1636 für die Schloß-
kapelle des Duc d’Epernon in Cadillac bei Bor-
deaux 19 Ölgemälde mit Szenen aus dem Leben
Jefu malt (Chieme, Allg. Künftlerlexikon). Es ift
wohl derfelbe Chriftoph Krafft, der um 1660 in
Oberndorf a. N. und Rottweil a. N. als Maler
auftritt (Pfeiffer in ttlürtt. Vierteljahrsheften,
N. F. 12, 1903) und hier das Bürgerrecht erhält
(freundliche Mitteilung von Pfarrer Pfeffer in
Lautungen).

Nochmals zur Frage der fog. Lauenfteiner Gläfer
Von CHRISTIAN SCHERER

Als ich im Jahre 1913 in diefer geitfchrift1
zum erften Male die Frage der fog. Lauenfteiner
Gläfer behandelte und hierbei den Nachweis zu
führen fuchte, daß diefe Gläfer, die man auf
Grund ihrer Marke, eines unter dem Fuße ein-
gefchliffenen aufrechtftehenden Löwen, meift als
heffifche Erzeugniffe anzufprechen pflegte, viel-
mehr einer 5ütte zuzuweifen feien, die im Amte
Lauenftein des ehemaligen Braunfchweigifch-
Lüneburgifchen Fürftentums Calenberg am Ab-
hange des Ith beim Dorfe Ofterwald belegen
war, konnte ich mich im wefentlichen nur auf
eine im ganzen dürftige literarische Überlieferung
fowie auf gewiffe äußere und innere Kennzeichen
jtütjen. Doch genügten diefe Momente, um jener
3uweifung einen fo hohen Grad von Cüahr-
fcheinlichkeit zu verfchaffen, daß fie fdpon bald
danach als gefiebertes Ergebnis in die Spezial-
literatur Aufnahme finden konnte2, tüenn nun
auch meine Vermutung durch den Umftand, daß
eine Anzahl fpäter Gläfer im Keftner-Mufeum
zu 5ann°ver, die ebenfalls jene Löwenmarke
tragen, in der Familie des lebten, an der Ofter-
walder 5ntte befchäftigten Oberfaktors Bauer
bis vor kurzem vererbt worden find, inzwifchen

1 Der Cicerone V (1913), ßeft 11, S. 403ff.
2 Siebe Robert Schmidt, Die Gläfer der Sammlung Miil)-
fam. Berlin 1914, S. 50. Vgl. auch desfelben VerfalJers
bandbud) „Das Glas“, 2. Äufl., S. 356ff.

eine weitere Beftätigung erfahren hat, fehlte es
doch bislang immer noch an einem, auch den
lebten 3weifel ausfchließenden Beweis für die
von mir angenommene 5erkunft diefer Gläfer-
gruppe. Diefen Beweis kann ich nunmehr dank
der Liebenswürdigkeit des um die Erforfcßung
der Cüirtfd)aftsgefchichte der Güefergegend hoch-
verdienten Profeffors ÜCI. Feife in Einbeck er-
bringen. 5err Profeffor Feife machte mich näm-
lich vor einiger 3eit auf eine in den „5arinove-
rifchen Anzeigen Ao. 1768, 86tes Stück, Montag,
den 24-ten October“ erfd)ienene Bekanntmachung
aufmerkfam, die, da fie nicht nur für die ganze
Frage von Interefje iß, fondern auch allerlei
wertvolle Ergänzungen bzw. Berichtigungen zu
meinem oben erwähnten Auffatj enthält, im
ttlortlaut, wie folgt, hier mitgeteilt fei:
Vermifchte Nachrichten.
5annover. Nachdem Königl. und Churfürftl.
Cammer die weiß Glashütte am Ofterwalde, Amts
Lauenftein, welche weyl. Schichtmeifter Bremer
bis zu deffen im abgewichenen Jahr erfolgten
Ableben für eigene Rechnung in Betrieb gehabt,
feit Anfang g. J. für herrfchaftliche Rechnung
übernommen und uns zur Direction anvertrauet
hat: So haben wir dem Publico hiemit zur An-
zeige bringen wollen, daß das auf bemeldeter
5ütte bisher gefertigte fchöne Criftall- und Krei-

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