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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Boll, Walter: Bamberger Kunstschreiner der Regencezeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0096

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Bamberger Kunftfdjreiner der Regencezeit

Mit vier Abbildungen auf drei Tafeln

Von WALTER BOLL

m die (üende des 17. Jahrhunderts läßt fid) in der Gefehlte des Mobiliars deut-


lich) beobachten, wie fid),der Schwerpunkt der künftlerifchen Produktion von den

freien Reichsftädten nach den Fürftenhöfen hin verfchiebt. Die großen fürftlichen
Neubauten mit ihren zahlreichen Paradezimmern, die als 3eid)en der feit dem 30jährigen
Krieg mehr und mehr erftarkten Fürftenmacht im Beginn des 18. Jahrhunderts überall
emporwuchfen, erforderten in ungewöhnlichem Umfange die neufte, der verfeinerten
Lebensweife entfpreetjende Ausftattung. Demgegenüber blieben die Reichsftädte auf dem
Niveau eines foliden einfachen Bürgerlums.
Auch in den fränkifct)en Bistümern am Main, wo die Architektur unter einigen Fürften
aus dem Gefchlechte der Grafen von Schönborn einen großen Auffcßwung nahm, ent-
faltete p<h die Möbelkunft zu h°i1er Blüte. Ein glücklicher 3ufall hat uns die Meifter-
zeichnungen der Mainzer Cifchlerzunft erhalten, die uns ein Bild von der 3ahl und der
Leiftung der künftlerifchen Kräfte geben. In Ulürzburg, wo die Einrichtung des Refi-
denzbaues feit den dreißiger Jaßren eine Menge von Kunfthandwerkern heranzog, er-
reichte die Möbelfchreinerei um die Mitte des Jahrhunderts eine ungewöhnliche ßöhe.
Auch Bamberg hat auf diefem Gebiet nicht Unwefentliches geleiftet. Die Schloßbauten
des Kurfürften Lothar Franz von Schönborn, befonders fein Privatfcploß Pommersfelden,
find uns auch deshalb wichtig, weil fie für das nicht allzu häufige Mobiliar der Re-
gencezeit wertvolles Material liefern.
Im Schlöffe zu Pommersfelden (bei Bamberg) befindet fid) ein prunkvoll ausgeftattetes
Schreibkabinett, deffen Entftehungsgefchichte uns mit zwei angefehenen Ebeniften des
frühen 18. Jahrhunderts bekannt macht und einen intereffanten Einblick in die Arbeits-
methode der 3eit gewährt. Die Korrefpondenz des Kurfürften von Mainz und Bifchofs
von Bamberg, Lothar Franz von Schönborn, mit feinem Bamberger Oberftallmeifter, gans
Georg Freiherrn von Rotenhan, enthält darüber zahlreiche Nachrichten1.
Am 3. April 1724 berichtet der Oberftallmeifter aus feinem Schlöffe in Eyrid)sl)of
bei Bamberg an feinen gerrn:
„Nachdem vorgeftern abends ich alt)ier wieder ankahme, erführe ich fogleich die
Nachricht, daß 8 tage vorßero der Planer geftorben fey, welchen ich umb f° rnehr
beklage, als die vor Ew: Churfürftl. Gnaden angefangene fd)öne Arbeit noch nicht aus-
gemacht ift. Ich war geftern in feinem Fjaus, und fände den beftellten Bücherpult von
feiner Arbeit, bis auf das Ahnpolieren und 3ufammenfehen verfertiget, welches fo
baldten nur die Bildhauerarbeit in Bamberg folgends verguldet feyn wird, vielleicht
noch durch feinen gehabten Bildhauer zum Stand gerichtet werden kan. Der neue
Cantor ift von Schreinerarbeit völlig zufammengefetjt, auch daran einige Fournire fd)on
zu fehen, weylen nun der Riß darzu vorhanden, auch ins grofe gebracht ift, fo ftünde zu
Ew. Churfü: ftl. Gn. gnädigften Entfchließung, ob etwan der Maintjer goffd)reiner fold)en
folgends zu verfertigen überkommen mögte, uf welchen fall es faft nöthig feyn dörffte,
daß Er felbften heruf kähme, und befonders von dem vorhandenen Bildhauer mehrere
Information einzöge, fo dann den Cantor wohl eingepackt zu fiel) übernähme.“
Der Kurfürft antwortet darauf aus Mainz:
„ob des Oberftallmeifters Schreiben habe ich ungern vernommen, daß der Plifener
mit Codt abgangen fein folle, zumaßlen ich wohl hätte wünfehen mögen, den ange-
fangenen Cantor von ihme zur völligen Perfection gebracht zu fehen, dan folchen dem
hiefigen goffd)reiner zur Ausfertigung anzuverthrauen, dörffte ich feiner natürlichen
1 Die Korrefpondenz befindet fiel) zerftreut in den Oberftallmeifterakten des Staatsarchivs Bamberg
und den flmtsberichten der Regiftratur in Pommersfelden.
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