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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Leonhardt, Karl Friedrich: Gianbatista dale Pale, die Amazonenbotega, und Meister S.: ein Beitrag zur Kenntnis der Istoriatimajoliken
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0555

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Gianbatista dale Pale, die Hmazonenbotega,
und Meifter S. / Ein Beitrag zur Kenntnis der Istoriatimajoliken
Mit 9 Abbildungen auf 4 Tafeln und 2 Abbildungen im Text Von K. FR. LEONHARDT-Hannover
Die bildmäßige Majolikamalerei des 16. Jahrhunderts \)at ihre höd)fte Blüte unter
dem Einfluß der Klerkftatt der Fontana in ürbino entwickelt, aber fie ift keine
Erfindung diefer Botega. Schon gegen Ausgang des 15. Jahrhunderts haben
toskanifche Klerkftätten Flachgefäße geliefert, die [ich gegenftändlid) von den Istoriati
des reifen Cinquecento kaum unterjcheiden, und das erfte Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts
hat in Caffagiolo und Faenza bereits Meifterwerke diefer Gattung hervorgebracht,
die in der Folgezeit weder in technifcher noch in künftlerifcher Fjinficht übertroffen
worden find. Äber diefe feltenen und hochgefchätjten Arbeiten find doch nur gelegent-
liche Ausnahmen einer vorwiegend auf das Ornamentale gerichteten Dekorationsweife.,
Erft Nicolo Pellipario aus Castel Durante, der Stammvater des Fontanagefd)lechtes,
ftellt feinen bzw. feines Sohnes umfangreichen Betrieb in ürbino auf die Fjerftellung
ausfchließlid) bildmäßig gefdjmückter Majoliken ein. Ihm fchließt fich alsbald der durch
die große 3ahl feiner mit Chiffre oder vollem Namen bezeichnten Arbeiten bekannte
Francesco Xanto Avelli da Rovigo, für die längere 3ßit feines Klirkens wohl als
Klerkftattgenoffe an, und fchon in den dreißiger Jahren werden Arbeiten beider in
Pefaro erfolgreich nachgeahmt.
üm 1540 wetteifern Faenza und Forli mit beiden Orten, doch ift das, was fich
außer ganz vereinzelten bezeidtmeten Stücken ftilkritifch als aus Faenza, Forli und Pefaro
ftammend beftimmen läßt, fo wenig, daß nicht angenommen werden kann, diefer Klett-
bewerb habe den Abfatj der Erzeugniffe der Fontanawerkftatt nennenswert beein-
trächtigt. Eine erdrückende Konkurrenz erwächft ihr jedoch feit den vierziger Jahren
in Venedig,
Eine gefteigerte Nachfrage aus den transalpinen Ländern nach Majoliken in der
Fontanamanier fcheint eine Reihe von Kunfttöpfern der den Kunfthandel beherrfchenden
Metropole beftimmt zu haben, diefe einem weniger kultivierten, auf das handgreifliche
gerichteten Gefchmack entgegenkommendere Klare felbft herzuftellen und zu diefem
3wecke aus den bisherigen Istoriatibotegen gefd)ulte Maler heranzuziehen. So ftellen
fid) uns die Bildmajoliken Venedigs diefer 3eit als offenkundige Nachahmungen der
Erzeugniffe ürbinos dar. Klenn ich gelegentlich des Nachweifes der von den haupt-
fäd)lichrten Majolikaexportfirmen benutzten Vorlagen1 verfud)t habe die beftimmenden
und unterfcheidenden Merkmale diefer Klerkftätten foweit zu kennzeichnen, als es die
nahe Verwandtfchaft aller Bildmajoliken zuläßt, fo wollen h^r einige von Vorlagen
unabhängigere Arbeiten ans Licht gezogen werden, deren Kreife fid) ebenfalls in Ve-
nedig fchneiden.
E. Hannover veröffentlichte vor längeren Jahren in diefer 3eitfd)rift2 die Abbildung
einer in fd)wer zugänglichem englifchem Privatbefife befindlichen Sdjüffel, deren Signatur,
in den Handbüchern feit langem überliefert, fich bis dahin mit der Vorftellung einer
beftimmten Malweife nicht verknüpfen ließ. Die vom Verfaffer des wichtigen Auffafees
mir in liebenswürdiger Kleife zugänglich gemachte Originalphotographie beftätigte meine
Vermutung, daß ein Stück der damals von mir neugeordneten Braunfchweiger Samm-
lung von ausgefprodjener Eigenart von der gleichen Hand berührt, und wenn uns
jenes Stück in Bracon hall durd) feine im Brande anfdjeinend verftümmelte Signatur

1 K. Fr. Leonhardt, Italienifche Majolikawerkftätten des 16. Jahrhunderts und die in ihnen be-
nutzten Vorlagen. Cicerone XII (1920), S. 243 ff., S. 365 ff.
2 Emil Hannover, Die Majoliken Veronas. Cicerone IV (1912), S. 469 ff.

Der Cicerone, XVI. Jaljrg., fjeft 12

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