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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Raeber, Willi: Alfred Heinrich Pellegrini
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#1205

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Älfred Kubin.

Älfred f)einrid) Pellegrini
Mit acht Abbildungen auf vier Tafeln Von WILLY RAEBER
Innerhalb der Malergeneration des alemannifdjen Kunftkreifes, die um die Jahrhundert-
wende an ihre künftlerifche Hufgabe herantrat, ift der Schweizer Älfred ßeinrid)
Pellegrini eine der markanteren Perfönlichkeiten. Äus einem italienifd)-[d)weize-
rifchen Gefd)led)te ftammend, Bafler von Geburt und (Hefen, empfing er feine Aus-
bildung vornehmlich in Deutfd)land. 3war haben auch die großen Franzofen, Cezanne
vornehmlich und Picaffo, [einer Entwicklung Pate geftanden; ausfdßlaggebend für feine
künftlerifche Art waren jedoch die Anregungen des Stuttgarter Kunftkreifes, als Adolf
Fjölzel und Fjans Brühlmann noch in feinem Mittelpunkte ftanden — wenn auch die
Förderung, die er dort fand, vielfach nur zu fchnellerem (Had)stum brachte, was keim-
haft fd)on in feinem (Hollen wurzelte. So ift die Kunft Pellegrinis im wefentlichen
eine ausgefprochen germanifche, obwohl im Farblichen ein romanifd)es Element nicht
zu leugnen ift und obfdjon die ungewöhnliche Befähigung des Künftlers für das (Hand-
bild [icherlich feiner romanifchen (fpeziell teffinifdjen) Äbftammung zuzufchreiben ift.
Pellegrini ift einer der wenigen Künftler, die fid) im Chaos der aus Deut[d)land und
Frankreich kommenden Strömungen des Kubismus, Expreffionismus und der abftrakten
Kunft ruhig, unbeirrt und konfequent entwickelten. Impreffionift und Naturalift ift er
nie gewefen, aber er war von vornherein neuzeitlich gerichtet. Relativ bald tyatte. er
fid) einen perfönlichen Stil gefchaffen, der indes feiner eminenten Entwicklungsfähig-
keit niemals hindernd im (Hege ftand, fonderr, ihr eher fördernden Rückhalt gewährte.
Ruhig und geradlinig ift er feinen (Heg gegangen, als ein außerordentlicher Arbeiter,
der immer höhere Forderungen an fid) [teilte — gemäß der inneren (Heitung feiner
Perfönlichkeit. Fjeute, in einem Älter, da die meiften feiner Ältersgenoffen ihren Stil
im wefentlichen abgefd)loffen haben, tritt er in eine Phafe ftärkfter Entwicklung, quillt
feine fd)öpferifd)e Kraft wie noch nie, ift er jung wie die Jüngften. Der Reichtum
feiner (Herke ift faft unerfd)öpflid); keines ift wie das andere und dod) ift jedes reiner
Pellegrini. Ihm ift es eben gegeben, fid) vor jedem neuen Vorwurf aus [ich heraus
zu erneuern, jeden aus feinen individuellen Bedingungen heraus zu geftalten. Jedes
neue Motiv bedeutet ihm eine neue künftlerifche Problemstellung, die eine neue Löfung
verlangt und erhält. So bleibt ihm alle Manier, alle Selbftwiederholung fern. 3u
Fjiife kommt ihm dabei feine reid)e — nicht nur gegenftändlich, fondern vor allem auch
malerifd) reiche — Phantafie. So [ehr er die Natur, das Modell ftudiert, ift er dod)
nicht von ihnen abhängig; er [tel)t fouverän über der (Hirklid)keit — nid)t als unbe-
kümmerter Draufgänger, fondern als ein außerordentlich fenfibler Künftler.
Das höchfte Streben von Pellegrinis Malerei ift das (Handbild — als Monumental-
maler wird diefer Künftler immer mehr zu werten fein, das zeigen die (Herke der
lebten Jahre deutlich. Hnd zwar wird man ihn als Monumentalmaler zu den be-
deutendften feit Fjodler zählen müffen, nicht nur in der Schweiz, aud) in Deutfd)-

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