Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

DOI Artikel:
Neuerscheinungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0305

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Der Grapljikfammler

Neuerfdjeinungen
Literatur
Max Geisberg, Die Anfänge der Kupferstecher.
Meister der Graphik, Band II, 2. Aufl. Mit
144 Abbildungen, Leipzig 1923.
Aus der Folge, die Klinkbardt & Biermann
unter dem Citel „Meißer der Graphik“ beraus-
geben, war der 1909 erfchienene Band, der dem
deutfcben Kupferftid) des 15. Jahrhunderts ge-
widmete, feit längerer 3eit vergriffen. Nun ift
er in neuer, ftark veränderter Auflage wieder
da, und wegen der Bedeutung des Gegenftandes
fowie des Anfebens, das der Verfaffer genießt,
wird eifrig danach gegriffen werden. Max Geis-
berg hat den Stoff, der ihm bei ununterbroche-
nem Studium anfchwoll, auseinandergelegt; aus
dem einen Bande find zwei geworden, von denen
der erfte vorliegt. Mit dem Citel „Die Anfänge
des Kupferfticbes“ umfaßt die Darftellung den
Meifter der Spielkarten und feine deutfcben und
niederländifcben 3eitgenoffen, alfo die Genera-
tion, die zwifchen 1430 und 1460 tätig war.
Das Material, das Geisberg hier als Kenner
und ^'ßoriker ordnet, ift von Lebrs in feinem
„kritifchen Katalog“, von dem vier Bände er-
fcbienen pnd, mit unübertrefflicher Genauigkeit
befcbrieben worden. Diefe Katalogifierung nimmt
ficb abfchlitßend aus, wirkte abfchüeßend auch
in dem Sinne, daß fid) niemand mit fpffnung
auf erhebliche Studienerfolge auf diefes Gebiet
wagte. Geisberg allein hat weitergearbeitet und
im Befitj aller Kenntniffe, die Lebrs gewonnen,
mit Benutzung der pbotograpbifcben Aufnahmen,
die Lebrs gefammelt hat, ift er bei Verteilung
der erhaltenen Stiche unter die von Lebrs auf-
geftellten und auf Notnamen getauften Meifter
vielfach zu neuen Refultaten gelangt. Sein Band
ift alfo nicht nur Auszug, zufammenfaffende Dar-
ftellung neben dem kritifchen Katalog, fondern
auch tief eingreifende Kritik diefes Kataloges,
Die 3abl der ümtaufen ift groß. Alle Blätter,
die Lebrs unter dem Verlegenheitsbegriff „Schule
des Spielkartenmeifters“ aufführt, pnd bei be-
ftimmten Meißern untergebracht.
Für den Außenftebenden — und drinnen ßeben
eigentlich nur Lebrs und Geisberg — ift es un-
gemein fcbwer, pch ein Urteil über die Streit-
punkte zu bilden. Selbß geübte und erfahrene
Stilkritiker verfagen hier. Diefe Kupferftecber
pnd, mit Ausnahme des Meifters der Spielkarten,
keine vollrunden Perfönlicbkeiten, deren Kiefen
gleichermaßen Auffaffung, Kompoption, Formen-
fpracbe und Cecbnik durchdringt und dadurch
faßbar wird. Geisberg entfcheidet zumeift nach
kleinen Eigenheiten der ftecherifcben Arbeit. Faft
jeder diefer Stecher hat Blätter gefdjaffen, die
in der Gefamterfcbeinung fcbroff voneinander
abweichen. Der ümßand, das Lebrs vielen (Im-
ßellungen feiner Kritikers zugeßimmt hat, fowie

das günßige Vorurteil, das Geisbergs gewiffen-
bafte Sachlichkeit erzeugt, machen mich geneigt,
zu glauben, wo ich mich nicht überzeugen kann.
Von diefen erßen deutfchen Kupferßecbern, die
im Hauptberufe Goldfcbmiede waren, iß lebens-
gefchichtlid) fo gut wie nichts bekannt. Nur einer
der geringften unter ihnen, der Meifter der Ber-
liner Paffion, konnte fcbarffinnig ermittelt werden
als der Vater Ifraels von Meckenem, als ein zu
Bocholt tätiger Goldfehmied. Sonft gelingt im
beften Falle zeitliche und örtliche Fixierung. Vor-
zugsweife am Oberrhein, am Niederrhein und in
den Niederlanden waren diefe Meifter tätig.
Der Band enthält ausführliche Mitteilungen
und reiche, vorzüglich gewählte Illuftration in
bezug auf folgende Stecher: Der Meifter der Spiel-
karten, Der Meifter der Kleibermacht, Der Meifter
der Nürnberger Paffion, Der Meifter von 1446,
Der Meifter des h'- Klolfgang, Der Meifter des
Bileam, Der Meifter des Kalvarienberges, Der
Meißer des Codes Mariä, Der Meifter der Liebes-
gärten, Der Meißer der Bandrollen, Der Meifter
der Berliner Paffion.
Die Einleitung umfaßt den gefamten deutfchen
Kupferßicb des 15. Jahrhunderts, mit lehrreichen
Ausführungen über die Bedeutung, die Funk-
tion der 'Cecbnik, über legendenhaft falfcbe Mei-
nungen in bezug auf die Erpndung des Kupfer-
fticbes, ßatiftifebe Angaben über den erhaltenen
Beftand an Drucken und über das Verhältnis
diefes Beßandes zu dem urfprünglicb vorhandenen.
Sie bietet aus genauer Kenntnis aller Daten die
befte Einführung in das dunkle und fcbwer zu-
gängliche Gebiet. Max J. Friedländer.
Martin Schongauer, Handzeichnungen1.
Herausgeg. v. Jakob Rosenberg. Mit 50Ab-
bildungen. Verlag R. Piper & Co., München 1923.
Auf Grund eingehender Studien (Münchner
Differtation 1922) veröffentlicht Jakob Rofenberg
14 Federzeichnungen, welche den Anfprud) er-
heben dürfen, Originalarbeiten Martin Scbon-
gauers zu fein. In den einleitenden Kapiteln
wird die Perfönlicbkeit des Meifters umriffen,
feine Stellung zur Vergangenheit pxiert, fein
künftlerifcber Entwicklungsgang, wie er pch aus
feinen Kupferftichen herleiten läßt, klargeftellt.
Einige ebarakterißifebe Beifpiele, im wefent-
licben mit der bisherigen Anfcbauung im Ein-
klang, illuftrieren treffend Scbongauers ttlerde-
gang als Stecher. Die fo gewonnene Vorßel-
lung wird zum Maßftab bei der Kritik der 3eicb-
nungen. — Rofenberg legt feiner Arbeit das Ver-
zeichnis Scbongauerfcher Handzeichnungen von

1 Im Märzbeft des „Burlington Magazine“ be[prid)t Max
Lebrs eingebend dies Buch, erkennt die 3ufd)reibun9en
Rofenbergs, die im Gegenfafj zu den feinen [teben, nahezu
reftlos an und veröffentlicht zugleid) zwei weitere 3eid)-
nungen Scbongauers der Sammlung Fjenry Oppenheimer,
London, darftellend den Kopf eines alten Mannes und
das Bruftbild eines Linken. Red.

281
 
Annotationen