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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Die Zeit und der Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0752

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DIE ZEIT UND DER MARKT

Sammlungen
Die Neuordnung des Provinzial-
mufeums in Hannover
Nachdem im vorigen Jahre ein Geil der neuen
Galerie (19./20. Jahrhundert) fertiggeftellt wor-
den war, war es je^t möglich, die feit längerer
3eit nicht zugänglichen mittelalterlichen Samm-
lungen (fog. Klelfen-Mufeum und die Samm-
lungen der Provinz Hannover) der Öffentlichkeit
wieder zu übergeben. Äls oberfter Grundfalz
bei der Aufteilung der Schaufammlung galt die
größtmögliche Einheitlichkeit jedes Raumes, die
zunächft durch den farbigen Änßrich derdände
beftimmt wurde. Jeder Gegenftand follte in eine
ihm gemäße Umgebung gebracht werden, die
auch den Charakter der 3eit widerfpiegelt. So
wurden z. B. die Klerke romanifcher Kunft in
einem Saale untergebracht, der durch einen röt-
lichen Cüandton und durch eine kräftig blaue
Decke einen Eindruck von romanifcher Klarheit
geben foll, oder die Klerke des 14. und frühen
15. Jahrhunderts vor dunkel violetten Kländen
mit blau dazu abgeftimmter Decke aufgeftellt,
Farben, auf denen das warme Gold der Altäre
leuchtet wie im Halbdunkel einer gotifchen
Kirche. Überall hütete man fid) vor Überlaftung
der Klände. Einzelne befonders hervorragende
Stücke wurden durch betonte Aufteilung her-
vorgehoben, wodurch immer wieder Mittelpunkte
gefchaffen wurden, um die ßch kleinere Plaftiken
und Bilder gruppieren konnten.
Auch für den Kuntforfcher, der nicht Mufeums-
mann ift, wird die Neuaufteilung manche Über-
reichung bieten. Konnte doch früher das Fjaupt-
tück der mittelalterlichen Abteilung, z. B. die
fog. „Goldene Cafel“ aus der Michaeliskirche in
Lüneburg der ungüntigen Aufteilung wegen
kaum gefehen werden. Sie prangt nun als
Scheidewand im erften Oberlid)tfaal, von beiden
Seiten in vorzüglicher Beleuchtung zu fehen-
Vielleicht trägt auch diefer Umßand dazu bei,
daß das eine oder andere Rätfel, das diefes
Klerk noch umgibt, gelüftet wird. Nicht we-
niger überrafdjend wird der große wieder zu-
fammengefet)te Altar der Franziskaner aus Göt-
tingen von 1424 fein, der mit feinen Riefenaus-
maßen eine ganze Breitwand des Saales füllt.
Auch der ehemalige Hochaltar der Marktkirche
von Hannover ift ein intereffantes Stück, das
bis jetzt von der Forfdjung fo gut wie gar nicht
beachtet wurde, wie überhaupt die vielen voll-
ftändigen Altäre, die das Mufeum beßtzt, erft
je&t recht zur Geltung kommen können. 3wei
Räume pnd der niederfäcbfifchen Kunft um 1500
mit Hans Raphon als Mittelpunkt, eingeräumt.
Anfchließend das frühe 16. Jahrhundert, wo Rie-
menfchneider mit vier überaus feinen merken
vertreten ift. Den Abfdhluß macht ein kleinerer

Raum, in dem das Porträt Eduards VI. von
Hans Holbein d. J. neben Bildern von Cranach,
H. v. Kulmbach, Martin Schaffner u. a. hängt.
In allen acht Räumen pnd neu die bisher ma-
gazinierten Gextilien hinzugekommen. Darunter
als allererftklaffige Stücke Antependien, Vor-
hänge und kirchliche Gewänder des 13.—15. Jahr-
hunderts aus den niederfächpfchen Klöftern Ma-
rienwerder, ttlienhaufen, Lüne, Ebftorf u. a.
Ferd. Stuttmann.
Oftafiatifdjes im ößerreidjifdjen
Mufeum für Kunft und Induftrie
in KI i e n
Kürzlich vorgenommene Reviponen der De-
pots von Klerken oßafiatifcher Kunft im
Ößerreid)ifchen Mufeum für Kunft und Indußrie
ergaben überrafchende Refultate. Es wurde
eine größere Anzahl feltener Erzeugniffe der
chinepfchen Porzellankunß zu Gage gefördert,
die wieder einmal zeigen, wie reich die Kliener
Sammlungen an ungenütztem Material pnd, das
infolge von Raum- und Vitrinenmangel maga-
ziniert und oft nur durch 3ufall wiederentdeckt
wird. Ein erlefenes Stüde des koßbaren Chün-
yao, in der Klerkftätte durch eingedrückte 3ah-
len bezeichnet, ein Cing-yao, das zart einge-
ritzte Ornamente unter elfenbeinfarbiger feinge-
fprüngelter Glafur zeigt und viele fd)öne Exem-
plare der Kang-hsiperiode gehören zu den
wiedergefundenen Schätzen. Sie konnten noch
nicht nach modernen mufealen Grundfä^en auf-
geftellt werden und auch die infolge der gege-
benen Verhältniffe gedrängte Anordnung be-
friedigt nicht ganz. Durch die nach den letzten
Forfchungsergebniffen durchgeführte 3ufammen-
faffung der Objekte zu beßimmten Gruppen ift
jedoch tüchtige Vorarbeit geleiftet worden, die
bei der in Ausßcpt genommenen Umgruppierung
des gefamten oßapatifchen Ätaterials ge-
wiß zur Auswirkung gelangen wird. Klir dürfen
hoffen, daß der vorbildlich aufgeßellten islami-
fchen Sammlung eine ebenfoldje oßapatifche
folgen wird. Stiaßny.
Effen
Das Kunßmufeum, Goldfcbmidthaus, erwarb
eines der bedeutendften Klerke des Adriaen
van Oftade, eine Dorffdjule darftellend, aus
der Kölner Kunßhandlung von Dr. Jaffe-Alice
Guttmann.
Flensburg
Klährend des vergangenen Jahres wurde im
Flensburger Kunßgewerbe-Mufeum der Haupt-
raum für das Kunßgewerbe Schleswig -Holßeins
fertiggeßellt. Der Saal enthält Höchßleißungen
des Landes aus der 3eit von 1600—1800. Als
Klandfarbe wurde ein lebhaftes Grün gewählt,
das den reich gefchni^ten Möbeln, der umfaf-

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