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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Hübner, Friedrich Markus: Zu einigen Porträts von Valentijn Edgar van Uytvank
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0198

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3u einigen Porträts vonValentijn Edgar
van üytvank v°n‘F-“• HUEBNfE!.
5 Abbildungen auf 2 Tafeln

Valentijn Edgar van üytvank ift ein in Pjolland anfäffiger belgifcßer Maler. Schon
[ein Name [agt, daß er der ßämifcßen Raffe zugehört. Auch feine Malerei fagt
es, die im Gegenfab zur Malerei der modernen Holländer die Fülle, den Schwung,
die Üppigkeit liebt. Dies fowoßl in der Vifion wie im Vortrage. Er ift kein Sparer
und ängftlicßer 3ufammenhalter. Es fehlt ißm fowoßl das Ethos etwa eines Petrus
Alma als auch der pflegliche Sinn für die eigene Ruhmesmehrung eines Jan Sluiters.
Er ift ein Unbedenklicher, ein Verfcßwender, was freilich nicht heißt ein Unbefangener,
ein Naivling. Auch in den nüchternen Niederlanden ift dies an der Grenze einer ge-
wiffen Qualitätshöhe unmöglich- F)ier fetjt die beffernde, abbiegende, unter Umftänden
fd)wächende Arbeit des Gehirns ein. Van Uytvank wird davon nicht gefchwäcßt,
wenn fchon diefe fehr lebendige kritifche Stimme in feinem Innern ihn nicht völlig
hat wachfen und gedeihen laffen wie die urfprüngliche Anlage es vorhatte. Die ur-
fprüngliche Anlage flämifcher Maler drängt zum Naiven. Als Beifpiel in der Lite-
ratur fei Felix Cimmermans, der Verfaffer des Pallieter-Romans, genannt, üreuherzig-
keit, fentimentales Sichbefcheiden, ängftliches Fefthalten an dem Erbe des Eng-heimat-
lichen wird \)ier oft für die Vorausfetjung künftlerifchen Geftaltens genommen. Be-
rührung mit dem kalviniftifchen Nordholland bringt flämifche Maler gewöhnlich zu
einem Aufhorchen und dann zu einem Fjinausfluten über den eingeborenen provin-
zialen Geift. So ift es Guftav de Smet gegangen, der im Cicerone fchon gewürdigt
wurde, fo ift es Edgar van Uytvank ergangen, wenn fchon diefer, ftatt in die Breite
hinauszubrechen wie de Smet, fleh mehr zur Sammlung, Stütjung, Verfeinerung feines
Kiefens in Holland hat drängen laffen.
Kennzeichnende Beifpiele diefer Vermählung flämifchen und h°Uändifchen Kiefens
find vor allem feine Porträts. Auf einer Ausftellung, die der Maler unlängft im ßaag
veranftaltete, bildeten diefe den Höhepunkt. Namentlich das Porträt Dirk Schäfers,
des Pianiften, tat es der holländifchen Kunftkritik an. Das Rühmenswerte: üreffßcßer-
heit der Kliedergabe ohne Banalität, Verinnigung des Ausdrucks ohne pfycßologifche
Spintifiererei, ßervorkeßrung des Menfchlichen ohne literarifche Gefchwätßgkeit fällt ohne
weiteres ins Auge. Der befondere Grund, weshalb wir t)ier einige Reproduktionen
bringen, um damit den Namen diefes Künftlers den deutfehen Liebhabern geläufig zu
machen, ift diefe fo deutliche FJerausarbeitung zweier Raffenmerkmale, flämifcher und
niederländifcher Art, von denen fie 3<mgnis geben. Einen Schuß [üdländifch-romanifcßer
Geiftigkeit bringt der ßämifeße Einfcßlag mit und trägt fo von vornherein zur Bändi-
gung, zur klaren Formendurchgliederung bei. Und der ßolländifcße Einfluß ift feiner-
feits fpürbar an der Gediegenheit, der Geduld, der Machart. 3wei Einflüffe kämpfen
alfo um den Künftler; in feinen Ölbildern wird er bisweilen willenlos in die Gewalt
des einen oder anderen geriffen; in feinen gezeichneten Porträts weiß er ße gleicßer-
weife zu bemeiftern und fiel) aus ißnen gleicßerweife feine Kraft zu holen.

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