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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Mayer, August Liebmann: Die Sammlung Plandiura in Barcelona
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0231

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Die Sammlung Plandiura in Barcelona
Mit sechs Abbildungen auf drei Tafeln Von AUGUST L. MAYER

Es ift keine Übertreibung, wenn man behauptet, daß niemand von früher fpanifcßer
Kunft, Malerei wie Plaftik und Kunftgewerbe einen wirklich umfaffenden Begriff
1 befi^t, der nicßt die Sammlung Plandiura in Barcelona gefeßen hat. D. Luis Plan-
diura, ein jüngerer Großkaufmann, befißt als erfrier Katalane eine feßr ftark ausgeprägte
Liebe für alles, was mit feiner engeren fjeimat zufammenßängt. Äuf künftlerifchem
Gebiet ßat er alle hoffnungsvollen jüngeren Maler und Bildhauer und alle vorwärts-
blickenden älteren üalente unterftü^t und läßt ihnen nach wie vor feinen Beiftand an-
gedeihen. Äber man fud)t fein Fjaus nicht in erfter Linie auf, um die Bilder von Picaffo,
Cafas, Rufinol ufw. zu fel)en. Plandiura ift ein begeifterter Verehrer der romanifchen
Kunft. Die gotifche liebt er, foweit fie ftreng, von dekorativer Kraft und national-
fpanifcher Färbung ift. Seit etwa zehn Jahren fammelt er und hat bereits mehrere
Millionen Pefeten für die Objekte ausgegeben, die in ihrer Gefamtheit ein Mufeum von
internationaler Bedeutung bilden. Mit dem Mufeo del Parque in Barcelona kann er
wetteifern, was 3a)ri und Qualität von romanifchen gemalten Ältarvorfät^en (frontales)
und Ältardächern (cibori) anlangt. COir finden hier ein romanifd)es fchmiedeeifernes Kohle-
becken, das eine große Seltenheit ift, maurifche Gewebe des 10. Jahrhunderts und romanifche
Marmorkapitelle mit ßguralem Schmuck, um die jedes Mufeum den Sammler beneiden
wird. Nicht minder hervorragend find die meiften goiifchen Ältarbilder, vor allem der
fchon früher in diefer 3eitfchrift gewürdigte dreiteilige Vinzensaltar aus Eftopina. 3U
romanifchen Schmelzarbeiten gefellen fich gotifche, zu romanifchen in ihrer alten Faffung
erhaltenen hölzernen Madonnen gotifche aus Fjolz, Stein und Marmor. Einige diefer
Stücke gehören zum fchönften, was die fpanifrfje Gotik hervorgebracht hat, fo die kata-
lanifche Marmormadonna, die ich an anderer Stelle veröffentlicht habe und der mar-
morne Santiago aus der alten Kathedrale von Ämusco (Palencia)1. Natürlich ftammen
die CUerke nicht nur aus dem Gebiet von Großaragon (Katalonien, Äragon und Valencia),
ondern aus ganz Spanien. So gelangte als eine der jüngften Erwerbungen ein
hl. Michael von Mercadante in die Sammlung, der Jahrhunderte die Kirche von Fregmal
de la Sierra gefchmückt hatte.
Natürlich fehlt auch Greco in diefem Fjaus nicht. Er ift vertreten durch eine Dar-
ftellung der Fjeiligen Peter und Paul, ein Bild, das dem der Petersburger Eremitage in
der Gefamthaltung nahe verwandt ift.
Neben Elfenbeinarbeiten, worunter auch franzöfifche Stücke des 14. Jahrhunderts fich
befinden, beachtet man befonders die gotifchen und rein mudejaren Cürklopfer aus
Schmiedeeifen, gotifche Fjolztüren und eine Reihe ausgewählter Möbel, befonders üruhen
mit KJappendekor. So groß das Fjaus auch ift, fo fehlt dod) der Platj, um die reiche
Sammlung gotifd)er Samte, Brokate und Stickereien zur vollen Geltung zu bringen-
Fjier ergänzt die Cafa Plandiura aufs neue die an fid) fo reichen Kollektionen der
Mufeen von Barcelona und Viel).
Ganz befonders wichtig und wertvoll ift die große Keramikfammlung, neben der nun
öffentliche Stiftung gewordenen des verftorbenen D. Guillermo de Osma (je^t: Inftituto
de Valencia de D. Juan in Madrid) zweifelsohne die umfaffendfte ihrer Ärt. Neben
zahlreichen und wertvollen trifpano-moresken Stücken feffelt vor allem die einzigartige
Sammlung der Ceruelkeramik mit dem d)arakteriftifd)en leuchtenden Grün und den
großen Formen2. Nicht minder intereffant find die katalanifchen und weftkaftilifd)en

1 Vgl. Belvedere I, Caf. 8 u. 9 und Mittelalterl. Plaftik in Spanien. München, Caf. 24.
Cf. auch die Äbb. in der 2. Auflage meines Bandes „Ält-Spanien“.

Der Cicerone, XVI. ]at)rg., beft 5

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