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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Lohmeyer, Karl: Die Fürstlich Nassau-Saarbrückische Porzellanmanufaktur in Ottweiler
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0564

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Die Fürftlid) Naffau - Saarbrückifcße
Porzellanmanufaktur in Ottweiler

Mit vierzehn Abbildungen auf acht Tafeln

Von KARL LOHMEYER

der (Ueftgrenze des ^eiligen römifcßen Reichs deutfcßer Nation wetteiferten um


die Mitte des 18. Jahrhunderts zwei Fürften als bedeutende Kulturträger diefer

A oft umftrittenen Lande, Chriftian IV. aus dem Fjaufe ülittelsbad), der Herzog von
3weibrücken, und Ulilhelm Heinrich von Naffau, der Fürft von Saarbrücken. —
Sie hätten nicht die typifchen Rokokoregenten fein müffen, die gerade j'ie waren,
wenn fie nicht auch ihre eigenen Porzellanmanufakturen hätten haben wollen. —
Die auch lange 3eit vergebenen Ulerkftücke der 1767 auf dem Gutenbrunn begrün-
deten Pfalzzweibrücker Fabrik, die mit einem verfcl)lungenen P. 3- und in feltenen Fällen
mit einer Brücke mit zwei Bogen fignierte, find nun wieder feit einer Reihe von Jahren
in das rechte Licht gefegt und gehören zu den viel umworbenen Seltenheiten unferer
Porzellanfammlungen, aber über die früher begründete und weit koftbarere Erzeugniffe
liefernde Saarbrücker Manufaktur herrfcht immer noch große Unklarheit.
So mag denn hier das Bild ihres Ulerdens und Vergehens in Kürze an uns vorbei-
ziehen und bewirken, daß neues Material zutage tritt, um dann endlich einmal klar
die Leiftungsfähigkeit diefer wichtigen füdweftdeutfchen Fabrik der Kunftgefchichte zu
erfchließen. —
(Uilhelm Heinrich von Naffau-Saarbrücken (1742—1768), dem als Gemahlin die geift-
reiche Sophie Erdmuthe von Erbach, die Freundin Diderots, zur Seite ftand, der der
franzöfifcße Dichter fein Luftfpiel „Le pere de famille“ gewidmet hat, ftand in nahen
Beziehungen zu zwei der glänzendften Höfe des damaligen Europas, zu Verfailles und
Dresden, alfo gerade zu den beiden Hofhaltungen, die eine Ehre darin festen, fich in
koftbaren Porzellanerzeugniffen zu überbieten. So fcheinen von daher auch die erften
Einflüffe gekommen zu fein, die fich bei der Gründung einer Saarbrücker Porzellan-
manufaktur geltend gemacht haben. —
Noch ift es nicht klar, wann zum erften Male ein derartiger Plan in Saarbrücken
auftauchte. 1747 bereits weilt Simon Feylner lange 3eit dafelbft, der nachmals
eine fo einflußreiche Rolle in der Gefchidßte der Fabriken von Höcßft, Fürftenberg
und namentlich der Nachbarfabrik von Frankenthal gefpielt hat. Über feinen Bildungs-
gang enthalten die Äkten wichtige AuffcFüüffe. So erzählt uns der bedeutende Bau-
direktor der Saarbrücker Fürften, Friedrich Joachim Stengel, daß der Ärkanift zu-
erft die Stukkaturkunft erlernte, bevor er fich der Malerei zuwandte. Unter der Leitung
diefes fjofarchitekteri hat er den großen Speifefaal im neuerbauten Saarbrücker Refi-
denzfchloß, das der weitgereifte Baron Knigge eine der fcßönften Fürftenwoßnungen
feiner 3eit nennt, „ä la porcellaine“ ausgemalt, einen ftimmungsvollen Raum, in dem
bei Feftlichkeiten das Licht nur von einer großen Reiße von Ulandleuchtern in feinftem
Porzellan gefpendet wurde, in denen wir Erzeugniffe der Meißner Manufaktur und
vielleicht Gefdßenke des befreundeten fächfifcß-polnifchen Königspaares zu feßen haben
werden, das auch fonft die koftbaren Saarbrücker Bauten fogar durch 3ufd)üffe ge-
fördert ßat.
Die Ausmalung diefes Saarbrücker Porzellanfaales war aber nicht das einzige tüerk
Feylners dafelbft, er ßat nach dem 3eugnis Stengels Befcßäftigung mancherlei Art
gefunden und auch von Stuttgart, wo er 1750 tätig war, wird er wieder von ißm zu-
rückberufen, um nun nach dem Mufter des vielbewunderten Saarbrücker Saales einen
folcßen im Bibricßer Schlöffe „ä la porcellaine“ auszumalen, und danach erfahren wir
von einem einjährigen Aufenthalt Feylners in Paris, woßin er gleich nach feiner

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