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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Die Zeit und der Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0131

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DIE ZEIT UND DER MARKT

Sammlungen
Eine Donatello-„Fälfdjung“ im Kaifer-
Friedricfj-Mufeum zu Berlin
Im 24. Bd. des Jahrbuchs der preuß. Kunft-
fammlungen (1923, S. 53ff.) veröffentlichte Bode
unter dem Eitel „Eine Porträtplakette des
Dogen Francesco Foscari von Donatello“
ein kleines Reliefporträt, das er 1910 im Kunft-
handel in Florenz für das Kaifer-Friedrich-Mu-
feum „um eine Kleinigkeit“ erworben hatte. „Klar
doch das Stüde allerfeits, auch von großen An-
tiquaren des Auslands, als moderne Fälfchung
abgelebnt worden.“
So überzeugt aber auch Bode war, es ßier
mit einem Original Donatellos zu tun zu haben,
fo Red)t hatten dod) alle anderen, die das Stüde
ablehnten. Denn im Novemberheft 1923 des
Dedalo (IV, 393ff.) meldet pch — der wirkliche
Autor des „Donatello“ zu Klort, der Bildhauer
Oreste Licudis, der die Plakette vor vielen
Jahren gefd)affen hat, und an FJand von Ab-
bildungen zeigt der Künftler, daß das Berliner
Stück ein Abguß feiner Plakette im 2. 3uftand
ohne Rand ift. Licudis hat feiner Arbeit ein
Porträt von der I)and des Bartol. Vivarini und
eine im Pal. ducale erhaltene Maske des Dogen
Foscari zugrunde gelegt, aber feine Plakette ftets
unter feinem Namen ausgeftellt und — bald in
Silber bald in Bronze, bald als Galvano oder
Cerrakottaausführung verkauft, fo 1912 in Klien
allein 23 Exemplare. Ausgeftellt war die Pla-
kette u. a. 1910 im Palazzo Cefaro in Venedig
und 1916 im Salon Benvecd)iati, bei welcher
Gelegenheit pe auch in den Cageszeitungen
kritifiert wurde. Von all diefen Catfachen hatte
der große Kenner Bode natürlich keine Ahnung.
Er kaufte feinen echten Donatello „um eine
Kleinigkeit“ für das Berliner Mufeum, wie er
feinerzeit um eine unerhörte Summe dieLionardo-
Fälfchung der Flora-Büfte erworben hatte. Eine
kleine Groteske, die fehr zur Erheiterung der
leidenden Menfchheit beitragen wird. B.
Das tüeimarer Sdjloßmufeum
Seit der teilweifen Eröffnung des Schioßmu-
Teums im November 1923 iß ein Überblick über
den ftaatlichen Kunftbepß Kleimars wieder mög-
lich. Seine Verteilung iß folgende: Das ehe-
malige großherzogliche Mufeum enthält die
Kunft von der Mitte des 19. Jahrhunderts an;
Prellers Odyßeezyklus gab den Kryftallifations-
punkt für die Sammlungen in diefem Gebäude
ab. Die weimarifchen Künftler überwiegen na-
turgemäß ftark. Ein Saal und feine Nebenräume
pnd Klechfelausftellungen Vorbehalten, in denen
vor allem die zeitgenöffifche Kunß zu Klort
kommen foll.
Die alte Kunß und das alte Kunftgewerbe

pnd auf zwei Stellen verteilt: Das Schlößchen
Belvedere (1724—32 erbaut) gibt den Rahmen
für die Beftände des 18. Jahrhunderts. Den
FJauptraum nimmt die Pozellanfammlung ein.
Mobiliar aus weimarifchem Fjausbeßß ift in Pro-
ben vertreten. Die Gläferfammlung foll, foweit
fie pch ftiliftifd) einfügt, im nächften Frühjahr
aufgeftellt werden. Auch fonß iß dort manches
noch als Proviforium aufzufaßen.
Die gefamten übrigen Beftände pnd in dem
ausgedehnten alten Ceil des weimarifchen
Schloffes vereinigt. Ein Schloßmufeum — ent-
fprechend den Vorgängern in vielen, auch klei-
neren deutfehen Repdenzen — hier einzurichten,
war von vornherein unmöglich- Dazu waren
die Refte alter Einrichtung viel zu fpärlid). Das
Schloß als Mufeum mußte an deßen Stelle treten.
Daß dabei manche Schwierigkeiten zu überwin-
den waren und noch find, liegt in der Aufgabe,
die auf ein Abwägen von Forderungen der
Sammlungen und der Räume eingeftellt ift. Die
Gliederung diefer in folche von ausgeprägtem
Stilcharakter und folche von neutraler Fjaltung
forderte eine ebenfo beftimmte Gliederung der
Beßände. Folgende Bau- und Sammlungsteile
fchloffen pch zufammen: Das Erdgeßhoß mit
hohen gewölbten Räumen (vielleicht noch des
16., fpäteftens des frühen 17. Jahrhunderts) und
die kirchliche Kunft vom 14. bis 16. Jahrhundert.
Daran fügt fid) die deutfche, insbefondere thü-
ringifche Kunß und das FJandwerk vom 16. bis
zum 18. Jahrhundert. F)ier wird alfo — zumal
nach Fertigftellung zugehöriger Räume, die durch
geringfügige bauliche Änderungen wieder in den
urfprünglichen 3uftand verfemt werden können
— die ard)itektonifcl)e Einheit mit einem in
natürlicher Fußoripher Folge pch reihenden In-
halt zufammenfallen. Im zweiten Stockwerk
dagegen iß eine 3ufammenlegung unter pch
ftark differierender Sammlungsteüe nötig ge-
wefen. F)ier mußte zunächft die graphifche
Sammlung ihren Platj pnden, der auch zu wech-
felnden Ausßellungen dient. Das I)eranziehen
ihrer Beftände ermöglichte zugleich die Samm-
lung der Cafelbilder Cranachs, feiner Schule und
Generation zu ergänzen und fo auf eine ge-
fchloßene kleine Raumgruppe auszudehnen.
Außer Blättern die aus früheren Veröffentlichun-
gen der Preftel-Gefellfchaft bekannt pnd, iß
dort z. B. an Segnungen eine Deckfarben-
ßudie des älteren Cranach zu einem Chrifto-
phorus von 1505 und ein großer Schwertriß
Klenzel Jamnitjers von 1544, unter den FJoIz-
feßnitten ein Pergamentdrude von Cra aeßs
Kreuzigung (B. 21) mit einer Kolorierung, die
in ihrer Lebendigkeit mindeftens CranachTches
Familiengut fein muß, ausgeftellt.
Ein Sprung in die Seit der Schloßausftattung
war im räumlichen Anfdßuß wegen der dort
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