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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Mitius, Otto: "Noch einmal Dürers Schloßhofzeichnungen"
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Tiemann, Grete: Zur Grünewaldfrage
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#1111

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Studien und Forfdjungen

„Scbneckenturndl“ [ein [oll, verdeckt, ünd doch
liegt in diefem Vergleich) der Schwerpunkt der
Dregerfcben Beweisführung! „Es hängt alles in
der Luft“.
Prof. Dregers Deutungsverfucb ift unhaltbar,
worüber auch die fchönften Redekünfte nicht
hinweghelfen. Gar viele waren fcbon auf der
Cadolzburg; Kliderfprucb habe ich bis jegt nicht
erfahren. Hud) Bauamtmann Heim-- Cbierfd),

wohl der befte Kenner des Cadolzburgbaus, hat
fid) rückhaltlos zu meiner Deutung bekannt (Bau-
zeitung 20, S. 144, Stuttgart 1923). Die fd)öne
Husftattung meiner Studie habe ich nicht ver-
anlaßt; fie ift ganz Cüille und ttlerk des f)errn
Verlegers. Dr.Röttingerhatentfchieden: „Indem
Klettftreit Dreger-Mitius hat den Vogel der Öfter-
reicher abgefchoffen.“ Klirklid)? — InRube darf ich
das weitere Urteil der Öffentlichkeit überlaffen.

3ur Grünewaldfrage
Über Matthias Grünewalds frühefte Sdjaffens-
zeit haben wir noch keine Klarheit, wir wiffen
nichts von feinem Schickfal vor feiner Tätigkeit
in Frankfurt, wenn fid) auch zwei Nachrichten
vom fahre 1489 über einen Meifter Mattbis in
Hfcbaffenburg, die Scbmid in feinem Grüne-
waldbuche anführt, auf ihn beziehen ließen1.
Ein Meifter Mattbis ftreicbt nach ihm das Uurm-
kreuz auf dem Elifabethenfpital und malt in
demfelben Jahr ein Altarbild mit zwei Flügeln
für den Liebfrauenaltar der Hgatbenkirche; die
urfprünglicbe Quelle für diefe letztere Nachricht
war leider nicht mehr zu ermitteln.
Diefe mangelhafte Überlieferung wird nun
glücklich ergänzt durch einige Eintragungen, die
[ich in den Fabrikaturrechnungen der Stiftskirche
zu Hfcbaffenburg fanden2:
1488: Item X;S meifter Matbis zu malen die IIII
stebe ane das sacrament dach.
1489: Item IIII d meister (Mat)tbis des melers
knaben pro bibalibus von der taffein zu
malen.
Item IV ß meister (Mat)tbis dem meler
pro oleo de anno domini Johannis nona.
Item II fl in auro facit III Jl IX ß II d* zu
malen den deckel vff dem dauffe ex iussu
dominorum.
Item VIII ß meister (Mat)tbis zu vergvlden
vnd malen der knaben fenlin."
In den folgenden Jahren erfcbeint dann der
Name in den Rechnungen nicht mehr.
Ulieder alfo ift der Meifter mit Hufträgen
zweierlei Ärt befchäftigt; als Hnftreicber bemalt
er die Stäbe an dem Dach des Sakramenta-
riums, den Deckel zum Caufftein und „der kna-
ben fenlin“, alfo wohl eine Prozeffionsfabne;
außerdem aber malt er auch ein Cafelbild, diefes
Mal für die Stiftskirche, die, berühmt wegen
ihres Reichtums und Glanzes, fid) ficber nicht
mit einem Handwerker minderen Ranges be-
gnügt hätte, fondern fid) einen Meifter aus-
[ud)te, der etwas von feiner Kunft verftand,
zumal fie fid) auch in demfelben Jahr für ihren
1 5- -S. Sdjmid, Die Gemälde und 3eid)nungen von
Matthias Grünewaid. Straßburg 1911. S. 285ff.
2 Jeßt im Bagerifcßen Staatsarchiv zu CHürzburg.

Von G. TIEMANN

Hochaltar den bekannten Sehniger Hans von
Ülorms holte.
Leider find nun die Rechnungen aus diefen
Ja'pren nur recht lückenhaft erhalten, fo daß alle
übrigen Husgaben für diefe Cafel, befonders
die 3al)lungen an den Meifter felbft, fehlen.
Sehr nahe liegt nun, in diefem Maler — einen
gefebägten, nachweislich an drei Kirchen be-
febäftigten Meifter — den jungen Mattbes von
Hfcbaffenburg zu [eben. Die Entwicklung des
Künftlers würde damit in ein neues Licht ge-
rückt: Sein Geburtsdatum wäre danach auf etwa
1470 anzufegen, und die Münchner Verfpottung
von 1503 wäre dann nicht ein ftürmifd)es Erft-
lingswerk, fondern das Ergebnis einer mindeftens
zehnjährigen Entwicklung und die Mauritiustafel
ein legtes Hufleuchten von des Hlternden Genius.
Nun ift ja überhaupt die Diskuffion über den
Familiennamen des Meifters Mattbes noch nicht
gefcbloffen. Das [tei)t wohl feft, daß der erft
1675 bei Sandrart auftauchende Name „Grüne-
wald“ nicht der des Meifters war. Er läßt fid)
nirgends in irgendeiner Beziehung zu feinem
UIerk nachweifen, fondern wo der im Mittel-
alter recht häufige Name uns überliefert ift, be-
zeichnet er ftets den Angehörigen eines anderen
Berufes.
In legter 3eit wurden zwei neue Namen ber-
angezogen, die KI. K. 3üld) im Stadtarchiv zu
Frankfurt ans Licht brachte und die für den
bisherigen Grünewald vorge[d)lagen wurden. —
Ein Matthias Grün, Bildfehniger und Maler, und
ein Mattbis Golbart Neitbart von Kiürzburg
ließen fid) in den Akten nach weifen1. Matthias
Grün febeidet aus, die Nachrichten über ihn
decken fid) nicht mit den uns über Grünewald
überlieferten. Huf Grund einer füchtigen2, von
ihm felber fpäter wieder verworfenen3 Vermu-
tung Hägens und der vorhin genannten Ver-
öffentlichungen Sülcbs1 fprad) nun Rolfs in fei-
nem Buch: „Die Grünewaldlegende“4 die be-
1 Repertorium für Kunftwiffenfdßaft, Bd. XL, 1917, S. 120
und Bd. XLIII, 1922. S. 9.
2 O. Fjagen, Matthias Grünewald. Piper. München
1919, S. 214. Änm. 1.
3 O. Fjagen, Matthias Grünewald. 2. Äufl. 1923, S.244,
Änm. 2.
1 (XI. Rolfs, Die Grünewaldlegende. Leipzig 1923.

Der Cicerone, XVI. Jaßrg., 5eft 22

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