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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Die Zeit und der Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0803

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DIE ZEIT UND DER MARKT

Sammlungen
Die Neuerwerbungen des Franz
bopp-Mufeums für oftafia-
t i f di) e Kunft in Budapeft
Emerid) Schwaiger, welcher fchon in frü-
heren Jahren diefes junge, in voller Entwick-
lung ftehende Mufeum durch viele Schenkungen
unterftüjzte, hat demfelben wiederum eine ganze
Reihe von hochwichtigen Gegenwänden verehrt.
Der treffliche Leiter diefes Mufeums, Dr. 3°1-
tän v. Cakäcs, konnte felbft die Auswahl in
London treffen. 3U den feltenften Stücken der
SchwaigerfchenSchenkungen gehören zweichine-
fifche Cerrakottafiguren, die fpäteftens in dem
lebten vorchriftlichen Jahrhundert modelliert
wurden, Stücke, welche fogar in den großen
Mufeen der Kielt als koftbare Raritäten einen
Ehrenplatz einneßmen könnten. Von befonderer
Schönheit ift auch ein mit Ornamenten verzier-
ter Ring aus Jade, deffen Älter mindeftens auf
ein jahrtaufend gefchätjt werden muß. Diefe
Stücke Jtammen aus einem Grabe als Coten-
beigabe. Außerordentlich wertvoll ift unter den
Schwaigerfchen Gaben eine altchinefifcheBronze-
giocke, die nach dem Stil des Dekors zu ur-
teilen, ein Denkmal der Cß’in- Periode ift. Sehr
[chön ift auch eine Bronzeftatuette der Gottheit
Kwan-Yin (aus der Mingperiode). Auch die
alte Bronzeinduftrie Koreas wird nun im bopp-
Mufeum vertreten fein, und zwar durch eine
über alle Maßen einfach-edle Bronzefchale aus
dem neunten Jahrhundert. Sie weift eine wun-
dervolle filbergraue Patina auf. Nicht minder
bedeutend find auch drei chinefifcbe Gemälde,
das eine, Kwan-Yin mit feinem Kinde dar-
[tellend, ftammt aus der Mingperiode, das an-
dere (mit Enten im Schilf) ift ein bezeidrmetes
Klerk des berühmten Malers Cbia-Cßing, das
dritte (Landfdjaft mit Figuren) ftammt aus der
lebten Blütezeit drnnefifcher Kunft (1662 — 1722)
und ift die Arbeit K’ai-Cßi’s. Auch drei indifche
Miniaturen des 17. Jahrhunderts, ferner kleine
Proben indifdjer Textilien find Schenkungen
Schwaigers, ebenfo zwei indifche Plaftiken (be-
fonders fdjön eine kleine Gandtjara-Figur aus
bimalajafchiefer (zweites Jahrhundert), ünter
den Klerken tibetanifcher Kunft feien genannt
die ftark vergoldete Bronzefigur des tlnterwelt-
gottes Yamantaka und ein Lamahelm aus ver-
goldeter getriebener Bronzeplatte. Die fecßzehn
Buddha- und Bodßifattwa-Figuren, die diefen
beim zieren, find durchaus Meifterwerke oft—
afiatifcßer Kleinplaftik. Endlich fei noch einer
Schenkung Schwaigers gedacht, ein in feiner
Schlichtheit mächtig wirkender fiamejlfcher
Buddhakopf aus rotem Sandftein. Es ift, wie
Dr. v. Cakäcs treffend bemerkte, ein reizendes
Beifpiel der „edlen Einfalt und ftillen Größe“
aus dem oftafiatifcßen Mittelalter. G. v. T.

Moskauer Mufeen
3u den von der Sowjetregierung ins Leben
gerufenen neuen Kunftfammlungen gehörte auch
das bereits 1919 in Angriff genommene Mufeum
„Ars Äsiatica“, das nach feiner Eröffnung in
einigen proviforifchen Sälen des biftorifchen
Mufeums bald wegen Platzmangels gefcßloffen
wurde und fich weiterhin nur auf innere Tätig-
keit befchränken mußte. Nunmehr ifi die „Ars
Äsiatica“ endgültig im Erdgefchoß der ehe-
maligen Stroganoff-Kunftfchule installiert und
in gefchmackvoller Aufhellung der Öffentlichkeit
zugänglich gemacht worden. —
In Rußland, fo fonderbar dies auch erfcheinen
mag, waren bisher größere Kollektionen afia-
tifcher Kunft von irgendwelcher Bedeutung kaum
vorhanden. Das, was die Moskauer „Ars Äsia-
tica“ zufammengebracht, entftammt einigen na-
tionalifierten oder käuflich erworbenen Privat-
fammlungen, z. C. aber ift es andern Mufeen
entnommen, wo fich vereinzelt eine Reihe wert-
voller Exponate vorfand. Im ganzen ift der
Beftand des neuen Mufeums durchaus nicht im-
ponierend, und es wäre vorderhand gewagt,
hier den Maßftab analoger wefteuropäifcher
Mufeen anzulegen. Doch find die bauptzweige
afiatifdjer Kunft mehr oder weniger vertreten,
und in einzelnen Abteilungen lenken auch erft—
klaffige Sachen die Äufmerkfamkeit auf fich,
unter denen einige fogar von europäifchem Ruf
find. Dazu gehören z. B. der zu einem altruf-
fifchen Prieftergewand verwandte herrliche per-
fifche Stoff aus dem 16. Jahrhundert aus der
SammlungdesverftorbenenPeter Iw. Schtfchu-
kin, fowie deffen perfifcße Miniaturen, welche
auf der Münchner „Äusftellung Mohammedani-
fcßer Kunft“, 1912, exponiert waren und z. C.
bereits reproduziert find. Von wirklicher Be-
deutung ift auch die Vitrine mit altperfifchen
Fayencen, worunter prächtige Rhages-Erzeug-
niffe figurieren, ünd fchließlich pnd noch in der
ziemlich umfangreichen Sammlung chinefifcher
Keramik zwei intereffante Vafen aus der Sung-
periode zu erwähnen, fowie einige chinefifche
Gemälde aus der Kollektion Sfergej Scßtfchu -
kins, befonders ein fcßönes berrenbildnis des
17. Jahrhunderts. —
Alles in allem ift hier ein guter Grundftock
geboten, der zur Erweiterung und Vervollstän-
digung einladet. ttlieweit dies bei den jetzt fo
unendlich befcßränkten Mitteln der rufpfchen
Mufeen möglich fein wird, bleibt natürlich da-
hingeftellt. Vorderhand ift ein kurzer Führer
durch die Sammlungen erfchicnen.
* *
*
Das Kupferftidjkabinett des Rumjan-
troff-Mufeums, deffen Omzug in das „Mu-
feum der Schönen Künfte“ (ehemaliges Mufeum
Alexander III.) in kurzem bevorfteht, hat zuletzt
noch eine „Äusftellung englifcßer Kupfer-

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