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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Salmony, Alfred: Die neue Galerie des 17. bis 20. Jahrhunderts im Museum Wallraf-Richartz in Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0025

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Die neue Galerie des 17. bis 20. Jahrhunderts
im Mufeum CU a 11 r a f - R i d) a r h in Köln
Mit acht Abbildungen auf sechs Tafeln Von ALFRED SALMONY
Dem ölechfel des Gefdjmacks unterliegen auch alteßrwürdige Bezeichnungen. Die
berühmten Stifter ließen 1864 „Mufeum GJallraf-Richarb“ über dem Portal des
Baues in Stein hauen und fchrieben in die Stiftungsurkunde die fcßönen KJorte:
„Und foll diefes Inftitut den Namen Mufeum Klallraf-Richarb führen.“ Aber englifche
Sitte hat abgefärbt, und fo nannte man leider feit einigen Jahren die bedeutendfte
Kunftftätte Kölns allgemeinem Brauche folgend (immerhin fagt man noch 3'rkus Bufch)
RJallraf-Richarb-Mufeum. Der neue Direktor der modernen Galerie im Mufeum, Dr. H-
F. Secker, will offenbar durch die Übernahme der urfprünglicßen Auffcßrift dem Haufe
in unferer 3eit die Lebendigkeit wiedergeben, die einmal an den großen Namen ge-
knüpft war.
Die Eröffnung der modernen Säle am 1. Dezember zwingt zum Rückblick. Man
muß den Kunftkampf in Köln in jener glücklichen 3eit miterlebt haben, in der folcße
Fragen noch Leidenfcßaften erregen konnten. Köln war dunkelfte Provinz. Durch
einen einflußreichen Geil der Kritik wurde alles Neue ferngehalten. Damals galt das
Schreiben von ünterhaltungsromanen als kritischer Befähigungsnachweis. Es war eine
fcßöne 3eit- Von den Impreffioniften Deutfcßlands und Frankreichs nannte man erftere
ein undeutfcßes, letztere ein verrücktes Gefindel, dem die traute Heimlichkeit Grützners
fo fremd blieb wie die erhabene Größe Pilotys. München war überhaupt alleinfelig-
machend. Dank der Nähe der Düffeldorfer Akademiker vom Schlage E. v. Gebhardts
hätte es eigentlich) noch [chlimmer kommen können. Pennäler von 1910—12 bewahren
köftliche Dokumente kritifcßer Borniertheit in Erinnerungsmappen. Der Vinnen-Proteft
von 1911 ftammt aus ähnlicher Geßnnung. In Köln antwortete 1912 die Sonderbund-
ausftellung. Führer im Kampfe gegen den jägerßemdenen Angriff war feit 1908 bis
zu feinem Gode 1914 der Direktor des Kölner Mufeums Alfred Hagelftange. Die
Neuordnung Seckers wirkte wie eine Huldigung an das Andenken diefes Mannes, den
man in Köln nicht vergeffen wird. Heute bewundert man feine einft verlachten An-
käufe. Die Marlitt-Kritik aber ift verfcßwunden.
Der neugotifche Bau gibt der Sammlung keine idealen Räume. Man muß ißn ver-
geffen machen. Das gelingt. Spitzbogen find zugemauert, farbiger Anftrich fcßafft
bis zu normaler Blickhöhe eine Bildfläche, die durch eine meift fcßwarze Borte abge-
grenzt wird. Darüber verfchwimmen die Mittelaltermaskeraden in GGIeiß, man fießt fie
nicht mehr. Eine Einheit ermöglicht die Anlage nicht. Es galt einzupaffen und unter-
zufcßlupfen. Das gelang erftaunlicß. Die neue Aufteilung kommt nicht aus ßifto-
rifchem Rundgang, fondern aus den Gegebenheiten der Sammlung und des Baues.
Im Erdgefdjoß wird aus der gotifcßen Vorhalle ein Durchgang mit Stifterbüften und
Bildern, zu denen fich als einzige monarchifche Huldigung das Portät Friedrich UlilßelmlV.
gefeilt, des einzigen Herrfcßers, den die Parteien zulaffen. Die Vollendung des Kölner
Doms gibt ihm Heiuiatrecßt; freilich ift das Bild von dem Kölner Porträtiften Simon Meifter
gemalt und geftiftet von der Kölner Karnevalsgefellfchaft. ünten bleiben weiter Barock
und Rokoko, und fcßließen fid) fo gut ab, daß die durch Buchftabenbezeichnung be-
feftigte Überfichtlicßkeit der Räume kaum übertroffen werden kann. 3uerft kommen
die Niederländer auf Mattgrün. Als im vorigen Jahrhundert Aldenhoven die Galerie
leitete, hatte man den Ehrgeiz, die großen Namen Europas zu fammeln, ohne allzu
häußg die großen Summen ausgeben zu können. Die Niederländer kamen dabei
fcßlecßt weg. Eine bedeutende Landfcßaft von Pß. Köninck ift wieder ßergeftellt, man
beßbt einen unvergleichlichen Gerborcß, und vor allem ein Kinderbild von Jacob Cuyp.

Der Cicerone, XVI. Jaljrg., Ijeft 1

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