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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Salmony, Alfred: Die neue Galerie des 17. bis 20. Jahrhunderts im Museum Wallraf-Richartz in Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0026

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Dann kommen die Vlamen, der profane Aertfen und Momper, diefer ungewürdigie
Vorläufer von Cezanne. Erft mit Rubens und feinem Kreis beginnt der Reichtum
der Sammlung. Dem kleinen Kabinett mit der eigenhändigen Fjeiligen Familie folgt
der Saal der großen Bilder. Auf feftlicß dunklem Violett raufcßen die Farben. Der
Murillo aus dem Sevillaner Kapuzinerklofter hat den Eßrenplatj. Neu find ein Brief
des Rubens und eine 3eid)nung des Le Brun mit dem Porträt des auch von Rigaud
und einem Unbekannten gemalten Jabach- Die Seit klingt in zwei kleinen Räumen
aus. Die ßerrlicße Landfchaft des Claude Lorrain war eine Ruine und ift jetjt neu
erftanden. Das mattgelbe Rokokozimmer ergänzen zwei neuerworbene, vom Mujeums-
verein geftiftete Bilder des Januarius 3^. Gleich in den erften Sälen fällt die ruhige
Art des Bängens auf-alle Bilder auf einer Grundlinie über fchwarzem Sockel,
kein Übereinander. Diefes Gleichmaß gibt dem Mufeum, was ißm gebührt, weder
Kirche noch Plauderftübchen, nur neutrale Refonanz für viele Sprachen.
Das Bauptftockwerk gehört der Moderne. Man kommt nicht gleich in einen reprä-
fentativen Saal. Der Befucßer wird durch Einbauten und Aufteilung unmerklich weiter-
gezwungen. Er beginnt mit Klafßziften, vorbereitet und dem Rokoko verbunden durch
den faft vergeffenen Kölner Porträtiften Beckenkamp (1747—1828). Daneben hängen
Schick und feßon Franzofen, David und die vier Medaillons von Ingres, die der an
Parifer Straßen befcßäftigte Köllner Baumeifter Bittorf mitbrachte. Alles fteht gut auf
Bellrot. Dann kommen auf gedämpftem Grün Nazarener und Porträtiften der 3eit,
Landfcßaften von Reinhardt und Rottmann. Den Simon Meifter und Ramboux über-
ftrahlt die blond-fchwarze Malerei einer neugekauften Porträtgruppe, drei Knaben mit
ihrem B°f meifter (Abb. 1). Der Meifter Oppenheim aus Banau bildet verträumt und
fchwärmerifch im Geifte Bölderlins. Diefes Biedermeier kann rührend aufrichtig fein.
Das abfcpeulicß harte Dekorationsftück von Mintrop foll nur als Platjßalter von Befferem
bleiben. Ein zartgelbes Kabinett bereitet feßon auf gelockerten Pinfel vor. Da findet
pch neben Schirmer und üroyon das Gartenbild te Peerdts, fein Bauptwerk, das ißn
unbeeinflußt neben die Anfänge Renoirs ftellt. Bagelftange ßängte mit berechtigtem
Stolz feinen Ankauf unter die Jüngften. Aber diefer Meifter zwifeßen zwei Genera-
tionen ßat doeß nocß aMc UJurzeln in der Vergangenheit. Und jung genug pnd fcßließ-
licß um ißn die frühe Landfcßaft Menzels, die tolle Pßanlaftik des Spaniers F. Lucas,
eine Studie Bausmanns, und vor allem die Neuerwerbung, ein Berrenporträt aus der
Spätzeit des Dresdener Bofmalers v. Rayski (Abb. 3), der die befte Kultur der Malerei
von Paris mitbraeßte, in Deutfcßland ein verfrühter Imprefßonift. Kläßrend man überall
den neuen (Xieg ertaftete, wueßfen fieß Akademien zu grotesken Verbildungsftätten
aus. Daß Düffeldorf ernft und mit großem Können begann, follen neue Bilder, Por-
träts von Cornelius und Louis Blanc beweifen.
tüenn in notwendiger Gegenbewegung die Jugend das vergangene Jaßrßundert an-
griff, fo meinte fie die Kleinlichen, die kümmerlich Erftarrten, die abpcßtlicß Bequemen
die Literaturmaler. Daß die verpaßte Gründerzeit Fülle und Größe der Geftaltunc
befeffen ßat. ließ fieß trotzdem nicht vergepen. Ein in Köln erft feßr nachträglich geliebte
Name umfaßt den Genius der Epocße: Leibi. Die repräfentativen Bauptftücke hänge,,
in anderen Städten. Erft die Erwerbung der Sammlung Seeger gab Köln die Mög-
lichkeit von „feinem“ Meifter zu fpreeßen. Befonders delikate Stücke und das fpäte
Porträt Seegers hängen in einem mattgelben Vorraum, dem der ganz altmeifterlicß
graue Saal folgt. Beide zeigen den Luxus einer eingezogenen Glasdecke, die an
ßellen üagen unvergleichliches Ließt, an trüben nur ein Dämmer gibt. Secker ßat eine
in Köln beTonders kühne Neuerung gewagt, denn glücklich patten die Bürger gelernt
„unfer Leibi“ zu fagen, nun follen fie ißn mit Urfacße und KJirkung, eingefpannt
zwifeßen die Pole Munkaczy und Courbet, umgeben von Sperl, Schuch und Crübner
feßen. Dabei ift das Kölner Bild Scßucßs feßwaeß, Crübner nur in dem Selbftbildnis
ganz der Nacßbarfcßaft würdig. Die Einordnung gehört trofedem zu den glücklicßften

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