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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Bodmer, Fritz: Die neuere Leonardo-Forschung in Italien
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Bombe, Walter: Die Befreiung von San Francesco in Assisi
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#1105

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Malaguzzi-Valeris Buch über „Leonar-
do da Vinci und die Skulptur“ bringt
unter anderm die langerfehnte zufammenfaffende
Darßellung des Reiterßandbildes, wobei zum
erftenmal eine übrigens völlig überzeugende
Chronologie der vielen Skizzen durchgeführt ift
und die beiden Gruppen der Entwürfe zum
Francesco Sforza-Denkmal und zum vielleicht
noch kühneren Crivulzio-Monument reinlich ge-
fchieden find.
In der Nachkriegszeit ift auch Luca Beltrami,
der Mailänder Architekt und glückliche Reßaura-
tor des Mailänder Kaftelles, deffen Verdienfte
um die Leonardo-Forfchung bekannt find, mit
verfchiedenen Publikationen hervorgetreten. In
dern Buche „Leonardo da Vinci e i disfattisti
suoi“ verpacht Beltrami die Rettung einer Reihe
von tUerken, die die Forfchung fchon längft aus
der 3at)l der eigenhändigen fflerke des Künftlers
hat ftreichen müffen. Solche Ättributionen wieder
aufzunehmen, bedeutet keinen Gewinn für das
Leonardo-Studium, welches bemüht ift, desKünß-
lers öUerk durch Abtrennung alles deffen, was
eine falfdbe Vorftellung von feiner Eigenart er-
wecken könnte, in feiner Reinheit wieder her-

Studien und Forfdjungen

zuftellen. Als Beltrami in einem ziemlich oberfläch-
lich gearbeiteten Bande: „Berichte und Dokumente
über das Leben und die ttlerke Leonardo da
Vincis“, fei es mit, fei es ohne Abficht, es unter-
ließ, den Namen desjenigen Forfchers zu zitieren,
der durch feine feit vielen Jahren publizierten
Regeften in der Raccolta Vinciana Beltramis Ar-
beit erft möglich gemacht hatte, nämlich Vergas,
erhob fid) gegen diefes Vorgehen allgemeiner
(Uiderfprucb und aus der nachfolgenden Pole-
mik zwifchen den beiden Gelehrten, die von
Verga mit einer vornehmen 3urückhaltung, von
Beltrami aber mit großer Heftigkeit geführt wurde,
gewinnt man keineswegs den Eindruck, als ob
Beltrami mit der 3urückfe1jung Vergas menfd)-
lich richtig gehandelt habe. Den Ruf des erften
Kenners der gewaltig angefchwollenen Leonar-
do-Literatur, den Verga heute weit über die
Grenzen Italiens hinaus genießt, vermochte der
Angriff Beltramis nicht zu erfchüttern. Ulir alle
fehen mit freudiger Erwartung dem hoffentlich
nicht mehr allzu fernen 3eitpunkt entgegen, in
welchem der verdiente Gelehrte durch die Heraus-
gabe der großen Leonardo-Bibliographie eine
langjährige Lebensarbeit krönen wird.

Die Befreiung von San Francesco in Äffifi
Von WALTER BOMBE

In dem mir durch die freundlichen Patres des
Franziskanerklofters in Äfpßi zugefandten Auguft-
heft ihrer fchönen illuftrierten Monatsfchrift „San
Francesco di Assisi“ fand ich zu meiner großen
Freude die Beftätigung deffen, was mir fchon vor
einigen öüochen bei meinem lebten Befuche in der
Stadt des heiligen Franz als unmittelbar bevor-
ftehend angekündigt worden war, die Nachricht
von der Befreiung des Sacro Convento. Es ift das
eine Nachricht, die in weiteften Kreifen freudigen
ttliderhall finden wird, denn wer auch immer
in den lebten fünfzig Jahren in Äffifi geweilt
hat, der wird fich erinnern, daß die wenigen in
San Francesco zur Äufrechterhaltung des Kultus
verbliebenen Patres nicht mehr Herren im eigenen
Haufe waren, feitdem die italienifche Regierung
ihnen die monumentalen Kloftergebäude des
Frate Elia und feiner Nachfolger fortgenommen
und dort ein tüaifenhaus untergebracht hatte,
was als ein großes Unrecht bezeichnet werden
muß, da nur die Minoriten die rechtmäßigen
Bewohner des Klofters pnd.
Über die Bep^rechte an den Gebäuden des
Klofters befteht nicht der mindefte 3 weifel. Der
Bauplalj ift Papft Gregor IX. gefcßenkt worden,
der am 21. Oktober 1228 für pch und feine Nach-
folger auf dem Äpoßolifchen Stuhl feierlich da-
von Bepß ergriff. Im Jahre 1331 verlieh der-
felbe Papft der Baplika die Vorrechte einer
Clßefa Secolare und den Eitel: „Haupt und

Mutter des ganzen Minoritenordens.“ Als 3eid)en
feines Befitjrechtes legte er dem Kloßer eine
jährliche Steuer auf, die noch heute am Cage
Mariä Lichtmeß durch den Beauftragten der
Mönche bezahlt wird. Als im Jahre 1860 Um-
brien in das neugeeinte Königreich Italien auf-
genommen wurde, hat der Regierungskommiffar
Pepoli, ohne diefen Sachverhalt zu beachten,
auf das Kloßer des hl- Franz das Gefetj über
die Aufhebung der Klöfter zur Anwendung ge-
bracht. Im Jahre 1875 wurde das Lehrerwaifen-
haus „Principe di Napoli“ in den Räumen des
Kloßers untergebracht. Güenige Jahre fpäter
wandelte man die päpftlichen Gemächer in Sctml-
zimmer um und verschleuderte das wertvolle
antike Mobiliar. Nach einer fehr „gründlichen“
Untcrfuchung erkannte der italienifche Staat
durch eine ofpzielle Cransaktion im Jahre 1887
das Beptjrecht des Papßes ausdrücklich an und
erklärte pch zur Freigabe des Klofters bereit,
fobald ein neuer CUohnpß für das Cüaifenhaus
gefunden fei. Diefer neue Ulohnph aber fand
fid) nicht. «lohl hielt man im Minifterium Kom-
mifponspjjungen ab, faßte Befchlüffe und holte
neue Gutachten ein, aber die Sache rückte nicht
vom Fleck. Alles Drängen der Mönche war vergeb-
lich. In armfeligen, viel zu engen Räumen mußten
pd) die zur Äufrechterhaltung des Kultus dort ver-
bliebenenOrdensbrüder zufammendrängen.in un-
mittelbarer Nad)barfd)aft der lärmenden Sd)ul-

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