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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Mende, Dietrich: Helmut vom Hügel
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Parkes, William Kineton: Ein Triptychon von Limoges
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0295

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find rational nicht zu zergliedern. „In einem folchen Cone liegt die Gefinnung, das
Klefentliche einer Raffe, der Ausdruck einer großen feelifdjen Gefte, nicht nur Malertalent,
Gefd)mack und Berechnung,“ Blut fprid)t daraus, vor dem die Deutung zu fdjweigen hat.
Helmut vom Bügel ift nid)t zu klaffißzieren. Das erfd)wert vielen den Kleg zu feiner
Kunft. Da die Schablone ßerrfd)t, muß jeder Maler nad) feiner 3ugeßörigkeit zu Richtung,
Schule, Stil geßempelt fein. Bei Beimut vom Bügel geht das nicht an, es handelt fiel)
um eine Individualität, nicht um einen Cypus. Klo das Leben Motiv und Einfall fchenkt,
ift Scßematik undankbares Gewerbe. Man füllte fiel) über einen Künftler freuen und ihn
bejahen, der vom Beute, vom Cag, von der Straße nimmt und gibt; in dem die 3^it
atmet; der lebendig ift. Nur der Lebendige bel}errfd)t das Leben.

Ein Eriptydjon von Limoges ZZTIZ


Spink & Son, London, Ratten kürzlid) ein ungewöhnlich vollftändiges und wichtiges
Stüde Limoger Emails ausgeftellt. Es befifet die typifd)e Farbgebung in blauen,
grünen, braunen und weißen Cönen und ift in Erhaltung und Qualität vorzüglich).
Es befteßt aus zwölf hochrechteckigen Cäfeldjen in fein profilierten und ornamentierten
Rähmchen. Die drei äußeren Keile rechts und links bilden die Flügel, die fed)s inneren
das Mittelftück. Jedes der Cäfelcßen ift ein in fiel) gefd)loffenes Miniaturgemälde von
hervorragender 3eid)nung und Kompofition. Der 3ßid)ner war ein bedeutender Künftler.
Dargeftellt find Szenen aus dem Leben Cljrifti, beginnend links oben mit der Ver-
kündigung; es folgen die Geburt, die Anbetung der Könige, die Befchneidung, der
betl)lel)emitifd)e Kindermord, Jefus unter den Schriftgelehrten, der Einzug in Jerufalem,
der Judaskuß, die Bandwafchung des Pilatus, die Auferfteßung, die Bimmelfahrt und
die Ausgießung des hl. Geiftes.
Die meiften Cafeln zeigen viele Figuren in gefdjickter Anordnung. Jedes Stück trägt
ein Klappenfchild, das erfte das des Baufes Vion; die andern Klappen gehören den mit
diefem Baufe durch Beirat verbundenen Familien an. Es find dies die der Janailhac,
Cauperel, Mauquarret und Aubourg; ihre Klappen find einzeln dargeftellt, und erft das
lefete ift ein Allianzwappen. Die Familie Vion war in Frankreich im 15. und 16. Jahr-
hundert von erheblicher Bedeutung, was aus Lasdjesnaye des Bois’ „Dictionnaire de
la Noblesse“ (im Archiv der Diözefe Chartres) zu erfehen ift. Ein gewiffer Pierre de
Vion aus dem Baufe Mauquarret hatte zwei Söhne. Der erfte war Louis, Berr von Vaux
und ftarb 1510; der andere, Jean von Vion, Berr von Buanville und Beekeville, heiratete
Marie von Janailhac und überlebte fie ein Vierteljahrhundert. Er ftarb 1537. Von den
zwei Söhnen war Ives der Auftraggeber des Criptychons. Er wurde zum Berrn von
Cressaucourt, da er zuerft Miole von Cauperel, die Erbin von Cressau, heiratete. Seine
zweite Frau, mit der er fid) 1536 vermählte, war Marguerite d’Aubourg. Das üriptychon
wurde wahrfcheinlid) während der folgenden zehn bis zwölf Jahre zur Erinnerung an
diefes Ereignis ausgeführt.
Klie dies oft in jener 3eit bei Klappen gefchah, die auf Kunftwerken angebracht
wurden, find einige der Sinnbilder, vom Standpunkte der Beraldik betrachtet, ungenau.
Die Schwierigkeit der Kliedergabe hat die Umwandlung des Janailhacfdjen Löwen auf
der Binde in einen fd)reitenden Löwen veranlaßt, und die Adler der de Vion find, mit
einer Ausnahme, einköpfig dargeftellt. Künftlerifdje Freiheit muß indeffen einem folchen
Meifter der Kompofition, wie es der Verfertiger des Criptychons war, zugeftanden werden,
und als folche erfcheint die doppelköpfige Abart in der 3ßi(hnung.
Das prachtvolle Klerk ift etwas über einen Fuß im Quadrat (jedes Cäfeld)en mißt
lV/a X 8 inches), von glühend farbigem Email auf Kupfer und weder durch die Reihe
der Jahre noch durch Unfälle befchädigt worden. Überfe£. E. KI-

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