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Wolfradt, Willi: Lyonel Feininger
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0187
Lyonei Feininger
Von WILLI WOLFRADT j Mit zehn Abbildungen
auf fünf Tafeln und zwei Abbildungen im Text1
Lyonei Feininger. Draifinenfahrer. 3eid)nung. 1908.
In der Vifion, im Stil Lyonei Feiningers ift das Disparate der Begriffe Craveftie und
Fuge in der allerfeltfamften deife aufgehoben, und indem diefe fo unvereinbar
fd)einenden Begriffe die Spannung feines Schaffens definieren, ergibt [ich ihre un-
vermutbare ideelle Kongruenz als deffen letzte Liefe. In diefer Kunft, als Ganzes und
als Lebensfumme betrachtet, bekundet fiel) die geradezu abenteuerliche Catfache, daß ein
heimlicher Einklang des örfprungs und des Sinns befteht zwifd)en Karikatur und Archi-
tektur. Die gleiche Phantafie der Übertreibung wirkt zum Kuriofen und zum Konftruk-
tiven hin, über den banalen Anlaß hinaus ins Närrifche und ins Steile. Dasfelbe Qn-
endlichkeitsverlangen entdeckt fid) Clown und Kriftall zu Spiel und Craum. Solche Ver-
wandtfehaft von ßieratik und Groteske, die eine des myftifchen (Ueltgefühls ift (und
nicht mit der Nad)barfd)aft des Erhabenen und des Lächerlichen zu verwechfeln ift),
hat auch die Antithetik des Gotifdjen beftimmt mit feiner paradoxen Verbindung kathe-
draler Elevation und chimärifcher Allotria fowie den romantifchen Charakter in feinem
Mitfammen des ewigkeitlichen Pathos und der ironifierenden Verfchrulltheit. Feininger,
nichts weniger als ein Nachahmer des Gotifchen oder Romantifchen, ift Gotiker und Ro-
mantiker von Grund feines tüefens auf und unmittelbar aus dem Formerleben der
Gegenwart, aus der Aktualität diefes 3eitalters heraus.
Karikatur und Architektur bezeichnen hier nicht etwa nur divergente Möglichkeiten,
1 Die Vorlagen für „Letmftedt I“, „Fjulks“ und „Caubach“ [teilte die Kunftbandlung Dr. Gold-
fdjmidt & Dr. Cüallerftein, Berlin, zur Verfügung.
Der Cicerone, XVI.Jatjrg., Fjeft4
9
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Von WILLI WOLFRADT j Mit zehn Abbildungen
auf fünf Tafeln und zwei Abbildungen im Text1
Lyonei Feininger. Draifinenfahrer. 3eid)nung. 1908.
In der Vifion, im Stil Lyonei Feiningers ift das Disparate der Begriffe Craveftie und
Fuge in der allerfeltfamften deife aufgehoben, und indem diefe fo unvereinbar
fd)einenden Begriffe die Spannung feines Schaffens definieren, ergibt [ich ihre un-
vermutbare ideelle Kongruenz als deffen letzte Liefe. In diefer Kunft, als Ganzes und
als Lebensfumme betrachtet, bekundet fiel) die geradezu abenteuerliche Catfache, daß ein
heimlicher Einklang des örfprungs und des Sinns befteht zwifd)en Karikatur und Archi-
tektur. Die gleiche Phantafie der Übertreibung wirkt zum Kuriofen und zum Konftruk-
tiven hin, über den banalen Anlaß hinaus ins Närrifche und ins Steile. Dasfelbe Qn-
endlichkeitsverlangen entdeckt fid) Clown und Kriftall zu Spiel und Craum. Solche Ver-
wandtfehaft von ßieratik und Groteske, die eine des myftifchen (Ueltgefühls ift (und
nicht mit der Nad)barfd)aft des Erhabenen und des Lächerlichen zu verwechfeln ift),
hat auch die Antithetik des Gotifdjen beftimmt mit feiner paradoxen Verbindung kathe-
draler Elevation und chimärifcher Allotria fowie den romantifchen Charakter in feinem
Mitfammen des ewigkeitlichen Pathos und der ironifierenden Verfchrulltheit. Feininger,
nichts weniger als ein Nachahmer des Gotifchen oder Romantifchen, ift Gotiker und Ro-
mantiker von Grund feines tüefens auf und unmittelbar aus dem Formerleben der
Gegenwart, aus der Aktualität diefes 3eitalters heraus.
Karikatur und Architektur bezeichnen hier nicht etwa nur divergente Möglichkeiten,
1 Die Vorlagen für „Letmftedt I“, „Fjulks“ und „Caubach“ [teilte die Kunftbandlung Dr. Gold-
fdjmidt & Dr. Cüallerftein, Berlin, zur Verfügung.
Der Cicerone, XVI.Jatjrg., Fjeft4
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