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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Martinie, Henri: Ausländische Maler in Paris
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#1150

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Ausländische Maler in Paris

Mit sechs Abbildungen auf drei Tafeln

Von H. MARTINIE

nbeftrittener als je behauptet ßd) Paris als Kunftzentrum unferer Cage. So weiß


man, daß ausländifcße Maler wie Picaßo, van Dongen, Foujita — um nur

einige Namen zu nennen — ßier zur Berühmtheit gelangt find. Das auslän-
difd)e Element, das am Parifer Kunftleben beteiligt iß, erweift pd) als immer wesent-
licher. Befonders [gmptomatifd) war im Einblick darauf im letjten Salon der „Unab-
hängigen“ die Organifation der ausländischen Abteilungen, welche das Volk der Palette
und des Meißels in große Aufregung verfemen. Der Fjerbß-Salon nahm ße gleichfalls
bereitwilligst auf, ebenfo der Salon der Cuilerien; desgleichen ßnden fie Plafc» in den
offiziellen Ausstellungen.
Der Verfud) fd)eint intereffant, bei Betrachtung des lebten Salons der Cuilerien feß-
zuftellen, wie die verschiedenen Gruppen ausländifcher Künftler zu der modernen Be-
wegung fteßen und welchen Anteil ße daran haben.
Im Salon der Cuilerien, einem Salon der Auslefe und nicht der großen 3ahk zählte
man rund 710 Ausfteller, auf die ca. 175 Ausländer kamen. Die Rußen traten durch
ihre Anzahl hervor (30 ungefähr), unter ihnen die Maler Chagall, Feder, Gontdjarova,
Vera Rockeline, Olga Sacharoß, Ferat, Soutin, alle mehr oder weniger bekannt, einige
unter ihnen wie Chagall fehr begabt. Die meiften bewahren die d)arakteriftifd)en 3üge
ihrer eigenen 3ivilifation und zeigen Gefchmack an prunkvoller Malerei. So heben
ße fid) Tcharf von ihrer franzöfifchen Umgebung ab. ttlenn man aber die üJerke
eines Künstlers losgelöft von der Umgebung prüft, fo [teilt fich heraus> baß nur bei
einer etwas oberflächlichen Betrachtung diefe Verfchiedenheit als Originalität an fid)
angefeßen werden kann, da es fid) im wefentlichen um nationale Eigenart handelt.
Die Polen folgen zunäcßft (ungefähr 25) und [teilen ein ftarkes Kontingent an ge-
[chatten Namen: Mmes. Boznanska, ßalicka, Lewi^ka undMela Muter; Kißling, 3ak ufw.
iUie bei den Rußen ift man betroßen von der Großzügigkeit der Künftlerinnen. Aber
in der Gefamtheit der polnifchen Gruppe zeigt pd) eine große Fähigkeit der Anpaßung,
fowohl in ted)nifd)er als auch in geiftiger Fjinfid)t. 3U erwähnen feien noch Fjayden,
Ibramftyk, 3awado, Kakowfki, Frau Reno.
Die Schweizer kommen an dritter Stelle (ungefähr 15), und ihre Beiträge durch Maler
wie Borgeaud, Boßhard, Domenjoz, Gimmi, Robert und Valloton erweifen fid) als gute
Qualität.
Es folgen die Cfchecßen (10) wie Kars, Afd)er, Coubine, Kremlicka, Spala, von
denen man an befondere Stelle und außer Vergleich Coubine fe^en muß, der den
Lefern des „Cicerone“ wohlbekannt ift.
Unter den Engländern (ungefähr 10) macht mit Ausnahme von O’Conor, diefem alten
Freunde Gauguins, kein Name befonderen Eindruck.
Bei den Rumänen (ungefähr 8) feßelt Ifer mehr als alle anderen die Aufmerkfamkeit.
Die Spanier bilden eine Gruppe, in der vielfad) eine ausgefprochen völkifche Eigen-
art wieder auflebt. Man kann fogar behaupten, daß der Lokalcharakter in der fpa-
nifchen Malerei fid) niemals mit fo viel Kraft ausdrückte wie in unferen Cagen, wäh-
rend die großen fpanifchen Künftler der Vergangenheit immerhin in irgendeiner Uleife
mit der wefteuropäifchen Äßhetik verknüpft waren. Greco z. B., der Eigenartigste von
ihnen, kam von Cintoretto her. Im Gegenfatj dazu gehört ein 3uloaga einer oßenbar
autod)tonen Kunft an.
Die Skandinavier bilden eine [ehr intereßante Künftlerfd)ar, feinfühlend und doch
kräßig. (Dethow, Grunewald, Per Krogh, Ofterlind.)
Einige Holländer (Conrad-Kickert und van Dongen) erhalten die Rechte einer rul)m-

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