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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 16.1924

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Wolfradt, Willi: Einige Federzeichnungen Johann Christian Reinharts
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Grohmann, Will: Junge Dresdner Graphiker
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https://doi.org/10.11588/diglit.41564#0113

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eng zufammen, erfcßeint mit einer fubftanziellen Energie geladen, die ißm zuerft ab-
ging. Die Ärt der Kongiomerierung und Ausrundung ift aber diefelbe, nur ein neues
Temperament ift ftraffend und komprimierend hinzugetreten. In gleichem Sinne be-
ginnt fiel) in Rom die Terrainbeßandlung zu dynamifieren, das Fjell und Dunkel als
Gegenfaft größerer Kompartimente aufzutreten, alles Verflimmernde einer körnigen
Getriebenßeit den Plafe zu überlaffen. Dod) davon abgefeßen bewahrt fid) die Eigen-
tümlichkeit Reinharts wie in großen fo in manchen unfd)einbaren Dingen. Der linke
Baum auf Äbb. 1 und das Bufchwerk wird auf 2, die Cerrainbildung auf 4, ebenda
und auf 5 die Laubfd)ichtung, die Architektur auf 5, das detaillierte Blattzeug des
Vordergrunds am deutlichften wohl auf 2 wiederzufinden fein, immer in Anbetracht
des gekennzeichneten Stilwandels vom mehr ßolländifd)en zum römifchen Typus. An-
dere Vergleiche müffen die 3ufcßreibung an Reinhart nur des weiteren rechtfertigen.
An fid) find die Segnungen von hohem Reiz, indem fie räumiges Empfinden mit
intimen, jungfraulid)en 3artheiten, 2‘m2 anmutige Ausgeglichenheit des Ulefens mit
innig-kräftiger Gliederung aufs Glücklichfte vereinen und bei aller zierlichen Feinarbeit
des Federfpiels Fülle des Gefüges offenbaren.

Von WILL GROHMANN
Mit sieben Abbildungen

Junge Dresdner


Das letzte „Jahrbuch der Jungen Kunft“ (Leipzig 1922) brachte einen Auffatj „Füßrer-
perfönlid)keiten auf dem Gebiete der deutfeßen Graphik“. Von den fed)s bei-
gegebenen Abbildungen fielen drei auf Dresdner Künftler, auf Dix, Segall und
Voll. Und das lag fid)er nicht daran, daß der Verfaffer in Dresden lebt. Es ift feßon
etwas los in diefer heute lebhaft umftrittenen Kunftftadt, wenn auch ihre Bürger ziem-
lich indifferent zufeßauen und immer noch lieber fid) L. Meidners Lobgefang auf den
Choral ihrer Türme und die edle Geigenmufik ihres Barode gefallen laffen als die
Taten, die der 3eid)ner hier vollbrachte. Auffallend ift, daß nur ganz wenige Maler
und Graphiker aus Dresden ftammen — fie kommen aus allen Gegenden Deutfd)lands
und Europas higher —, und fchmerzlid), daß man nie von einem der Jungen hört,
er fühle fid) hier wohl. Man arbeitet in großer 3urückgezogenßeit und feßnt fid) fort,
fobald eine Leiftung fießtbar wird. Sie ßerauszuftellen hat Dresden gar keinen Ehr-
geiz. Das gefeßießt zumeift durch führende Sammler und Ausfteller in anderen Städten.
Ulas zur Folge hat, daß die Arrivierten gekränkt hier gar nichts anderes wollen als
arbeiten. Die Atmofphäre gewinnt dabei an Intenfität was fie an Repräfentation ein-
büßt. Die ganze „Brücke“ ift heute verfchwunden, und von der zehn Jahre jüngeren
„Sezeffion" find auch fchon wieder einige wefentliche über alle Berge. Segall in
Berlin, Dix in Düffeldorf, Voll in Dänemark. Kokofchka, der über den molken thront,
ift für die Dresdner, fogar für feine Schüler, mehr Legende als Ulirklicßkeit.
Sd)ulgemeinfd)aften gibt es gar nicht, nur Gefinnungsgruppen. Die dazu gehören,
fanden fiel) über die verfeßiedenften Entwicklungen und Lehrer hinweg zufammen.
Die Kokofd)kafd)ule ift vielleicht eine Ausnahme; und das ift bezeichnend, weil in
diefem Maler Leben und Kunft, Idee und Verwirklichung fo zur Identität geworden
find, daß feine Jünger fid) entweder taub ftellen oder Sprachrohr werden müffen.
Es hat in letzter 3^it eine unverhältnismäßig große 3aßl energifeßer und ganz ver-
fd)ieden begabter Füßrernaturen unter den Jungen gegeben, die das Gefamtbild und
das Niveau der jungen Kunft in Dresden heute nod) entfeßeidend beftimmen. Um das
Fehlende vorauszunehmen: die Konftruktiviften fehlen ganz. Vor vier Jahren machte
Otto Griebel einen Abftecßer nach diefer Provinz, kam aber bald zurück und näherte
fid) dem feßeinbaren Uliderfpiel politifcßer Provenienz. Selbftverftändlicß befteßt in
Künftlerkreifen eine große Sympathie für die feßöpferifeßen Kräfte des Baußaufes, für

Der Cicerone, XVI. Jat)rg., ßeft 2

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