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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 3
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0169

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Wäre es Herrn Bode deshalb um die
Sache allein und nicht um den persönli-
chen Ehrgeiz zu tun, er müßte dem Him-
mel danken, daß ihm so oder so die si-
chere Blamage bezüglich seines Dahlemer
Museums-Baues erspart geblieben ist. Ist
man in einer Millionenstadt wie Berlin
schon so glücklich, den musealen Kunst-
besitz innerhalb eines kleinen Stadtbezirks
zu vereinigen, dann hätte man den Kunst-
freunden schon vor Jahren die Zumutung
ersparen sollen, eines Tages an die äußerste
Peripherie hinauspilgern zu müssen, zumal
unter der Voraussetzung, daß dazu die mu-
sealen Bestände noch zersplittert werden.
Inzwischen ist aber die Idee des Asiati-
schen Museums in Berlin auf der einzig
möglichen Grundlage der Verwirklichung
schon sehr nahegerückt: Das frühere Völ-
kerkundemuseum in der Prinz-Albrecht-
Straße, das durch einen besonderen Ver-
bindungsbau mit der im Erdgeschoß des
alten Kunstgewerbemuseums bereits so
glücklich aufgestelltenostasiatischen Kunst-
abteilung verbunden werden wird, befindet
sich nämlich zur Zeit in einem grandiosen
Umbau, den ein wahrhaft künstlerischer In-
stinkt leitet. Hier wird in Kürze die Welt
Asiens (ohne den Islam, der, wie gesagt,
eine andere Anlehnung nötig hat) so ein-
deutig zu ihrem Rechte kommen, daß
wahrscheinlich dieses Museum eines der
schönsten, lebendigsten und meistbesuch-
ten von Berlin werden dürfte.
Mit einem Geschmack, der aus den Erfah-
rungen des letzten Jahrzehntes museums-
technisch eminent gelernt hat, wird hier
das große künstlerische Erbe Asiens leben-
diggemacht, indemman den reichenBestand
des ehemaligen Völkerkundemuseums mit
seinen Schätzen aus Zentralasien (Tur-
fan), Indien, Indonesien, Siam in stärkster
Sichtung des künstlerisch und wissenschaft-
lich allein Bedeutsamen mit dem Ostasia-
tischen Museum Kümmels vereint. Und
daß von diesem Gesamtkomplex aus auch
eine Verbindung zu den prähistorischen
und ethnographischen Schätzen der Natur-
völker geschaffen wird (die den oberen
Stock dieser beiden Museen in ganz neuer
Aufstellung füllen sollen), gibt dem hier
verwirklichten Gedanken einer großen mor-
phologischen Einheit eine so unerhörte
Perspektive ins Universale hinein, daß nur
Laien dieses Projekt mit dem Bodeschen
Plan für Dahlem in einem Atem nennen
können.
Es wäre Herrn Bode also zunächst ein-
mal von Herzen zu wünschen, daß er sich
über die Vorgänge grundlegend informiert,
die sich in seiner nächsten Nähe abspielen,

bevor er den für einen deutschen Beamten
immerhin sehr merkwürdigen Schritt tut,
die öffentliche Meinung gegen seine vorge-
setzte Staatsbehörde zu erregen.
Entweder versteht der in Bode verkörperte
„gelehrte Antiquar“ des ig. Jahrhunderts
die Zeichen dieser unserer neuen Zeit über-
haupt nicht, oder er will sie nicht erkennen,
weil er sich sonst sagen müßte, daß die
Entwicklung längst über ihn hinweggegan-
gen ist. Museen wie das Kaiser Friedrich-
Museum, die einmal nach der Idee des
Herrn v. Bode Wirklichkeit wurden, sind
warnende Tatsachen, soweit es sich um die
rein architektonisch-technischen Probleme
eines solchen Baues handelt — man denke
nur an die wahrhaft grauenvolle „Basilika“
dieses Hauses! Aber auch das sogenannte
Deutsche Museum auf der Spreeinsel, für
das man die vielen Millionen in die Spree
schütten mußte, steht heute nach Bodes
Intensionen zur Hälfte vollendet so da, daß
der Ruf, zu retten, was noch zu retten ist,
nicht laut genug erschallen kann. Daß auch
hier noch eben rechtzeitig die Hand des Mi-
nisteriums im letzten Augenblick gewisse
Dinge verhinderte, die zu einer verhängnis-
vollen Blamage geworden wären, teilt Herr
Bode selbstverständlich der Öffentlichkeit
nicht mit. Ahnungslos, wie er von jeher
diesen rein künstlerischen Problemen ge-
genübergestanden hat, schwenkt er nach
Demagogenart lustig sein Fähnlein im Win-
de, weil er der Meinung ist, daß, je lauter
er schreit, um so sicherer die Leute anneh-
men, daß nur er im Rechte sein könne.
Hätte dieser Herr wirklich den Adel der Ge-
sinnung, der es nur um das Sachliche al-
lein zu tun ist, und hätte er selbst auch
nur entfernt den Maßstab für die hinter ihm
liegende Leistung seiner Persönlichkeit, die
bei Gott niemand verkleinern möchte, dann
würde er seiner vorgesetzten Behörde die
Aufgabe nicht noch durch kleinliche Ran-
künen und gehässige Verleumdungen er-
schweren, sondern sich dankbar darauf be-
sinnen, daß hinter ihm, dem Achtzigjähri-
gen, immerhin noch eine neue Generation
steht, die anders fühlt und bei äußerer Be-
scheidenheit vielleicht doch die Dinge grö-
ßer wertet, als sie Herr v. Bode jemals ge-
wertet hat. Ein Mann in seinen Jahren hat
unbedingt das Recht, sich endlich auf den
längstverdienten Altenteil zurückzuziehen,
und er hätte eigentlich die Pflicht, wenn
wirkliche Größe in ihm wäre, den Männern,
die aus seiner Hand ein sehr stattliches,
aber auch recht zweifelhaftes Erbe über-
nehmen, die Aufgabe nicht durch Intrigen
zu erschweren, sondern zu erleichtern. Auch
persönliche Eitelkeit hat in Fragen, die

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