RUNDSCHAU
Sammlungen
ASIATISCHE KUNST IN DEN
BERLINER MUSEEN
Wilhelm von Bode hat kürzlich in der
D.A.Z.1 für die Idee seines Asiatischen Mu-
seums in Dahlem einen neuen Vorstoß ge-
macht, und dieser Artikel arbeitet mit all den
kleinen Mitteln, die man bei derartigen po-
lemischen Erörterungen von Seiten des
zwar 80 jährigen, aber noch temperament-
vollen und streitsüchtigen Herrn nachge-
rade gewohnt ist.
Wer BodesKampfesweise während nahe-
zu 20 Jahren aus der Nähe beobachtet hat,
läßt sich durch die von ihm geübte Me-
thode der Entstellungen und Verdrehungen
den Blick für die Tatsachen nicht trüben,
im Gegenteil, er erkennt deutlich die Quelle,
der dieser neue Lärm entstiegen und weiß,
daß im Grunde nur unbefriedigter Ehrgeiz,
vielleicht aber auch das Gefühl, daß die
neue Zeit andern Zielen nachstrebt, dem
Achtzigjährigen die Feder in die Hand
pressen.
Wie von ungefähr erscheint eines Tages
in der amerikanischen Presse der Artikel
irgendeines Herrn, der den ahnungslosen
Deutschen als besondere Kapazität auf dem
asiatischen Kunstgebiete vorgesetzt wird.
Daß dieser Mann seine Wissenschaft kurz
vorher von Herrn Bode selbst empfangen
hat, wird selbstverständlich verschwiegen,
dafür aber gesorgt, daß die Übersetzung
eines solchen hintenherum angeregten Auf-
satzes umgehend in einem der seiner Exzel-
lenz bedingungslos ergebenen Organe er-
folgt. DiesemerstenTrompetenstoß schließt
sich sehr rasch die Fanfare jener Ahnungs-
losen an, die heute Herrn Bode noch aufs
Wort glauben, ohne zu merken, wie sie
selbst im Grunde die Geschobenen sind.
Das Heer der Trabanten läuft Sturm, ent-
facht die öffentliche Meinung und die auf
diese Weise emporbrandende Bewegung
läßt zum letzten Male einen Schimmer von
Glorie über dem Haupt des (armen und
ach so sehr verkannten) ehemaligen Gene-
raldirektors aufleuchten, der viel des wohl-
verdienten Ruhms genossen hat, ihn aber
jetzt an falscher Stelle sucht.
Doch um auf das Wesentliche zu kom-
men:
Herr Bode plädiert, nachdem eben erst
die durchaus vorbildliche Aufstellung der
Ostasiatischen Abteilung durchgeführt wor-
den ist, erneut für die Idee seines Dahlemer
1 i. Beiblatt vom 25. Januar 1925.
Projektes, das dank der klügeren Einsicht
des Preußischen Staatsministeriums vor
einigen Jahren notgedrungen zurückgestellt
werden mußte, um nunmehr in wesentlich
geläuterter Form an geeigneterer Stelle ver-
wirklicht zu werden. Daß der museale Be-
griff „Asien“ heute noch vielfach proble-
matisch erscheint, mag zugegeben werden.
Aber wie immer man sich auch zu der
Frage der künstlerischen Totalität dieses
Erdteils stellen mag, eines ist längst er-
wiesen: daß die islamische Kunst zu min-
destens 9/io der Mittelmeerkultur zugehört
und daß nur ganz schmale Verbindungs-
wege vom Islam zu der größeren indischen
und ostasiatischen Kunst im weitesten
Sinne hinführen.
Gerade der eigentliche Schöpfer der Is-
lamischen Abteilung des Kaiser-Friedrich-
Museums, Professor Sarre, vertritt mit vol-
ler Überzeugung den oben erwähnten wis-
senschaftlichen Standpunkt und Herrn Bo-
de, für den in solchen Augenblicken die
durchaus maßgebliche Meinung des neben
ihm arbeitenden Abteilungsdirektors He-
kuba ist (nur weil es diesmal umgekehrt
besser in den Gang seiner Beweisführung
hineinpaßt!), wäre es ein leichtes gewesen,
sich über die wirkliche wissenschaftliche
Grundlage innerhalb der asiatischen For-
schung bei Herrn Sarre Aufschluß zu
holen.
Es hieße also einem ebenso verkehrten
wie einseitigen Wunsche wegen alle mor-
phologischen Voraussetzungen negieren,
wollte man der fixen Idee eines Einzelnen
zuliebe innerhalb eines großartig geplanten
neuen musealen Programms den Islam von
seiner natürlich genetischen Basis abtren-
nen, nur weil der geographische Begriff der
Einheit Asiens Laien und Outsider zu fal-
schen Schlüssen verführt.
Die Beckersche These von der Zugehö-
rigkeit der islamischen Kunst zum Kultur-
kreis des Mittelmeerbeckens ist überall
längst von den Forschern auf dem Gebiete
der asiatischen Kunst anerkannt worden
und nicht zuletzt ist ja Sarre selbst der-
jenige, der sich mit Händen und Füßen ge-
gen die von Bode beliebte Unterstellung
wehrt, daß etwa seine islamische Abteilung
logisch ein Bestandteil des Asiatischen Mu-
seums in Dahlem sein müsse. Scheidet
aber der Islam aus, dann bliebe für dieses
Dahlemer Projekt nach Bodes Absichten
überhaupt nichts übrig, denn für alle an-
deren Abteilungen ist, nachdem das alte
Kunstgewerbemuseum geräumt ist, im Zen-
trum Berlins reichlich Platz vorhanden.
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Sammlungen
ASIATISCHE KUNST IN DEN
BERLINER MUSEEN
Wilhelm von Bode hat kürzlich in der
D.A.Z.1 für die Idee seines Asiatischen Mu-
seums in Dahlem einen neuen Vorstoß ge-
macht, und dieser Artikel arbeitet mit all den
kleinen Mitteln, die man bei derartigen po-
lemischen Erörterungen von Seiten des
zwar 80 jährigen, aber noch temperament-
vollen und streitsüchtigen Herrn nachge-
rade gewohnt ist.
Wer BodesKampfesweise während nahe-
zu 20 Jahren aus der Nähe beobachtet hat,
läßt sich durch die von ihm geübte Me-
thode der Entstellungen und Verdrehungen
den Blick für die Tatsachen nicht trüben,
im Gegenteil, er erkennt deutlich die Quelle,
der dieser neue Lärm entstiegen und weiß,
daß im Grunde nur unbefriedigter Ehrgeiz,
vielleicht aber auch das Gefühl, daß die
neue Zeit andern Zielen nachstrebt, dem
Achtzigjährigen die Feder in die Hand
pressen.
Wie von ungefähr erscheint eines Tages
in der amerikanischen Presse der Artikel
irgendeines Herrn, der den ahnungslosen
Deutschen als besondere Kapazität auf dem
asiatischen Kunstgebiete vorgesetzt wird.
Daß dieser Mann seine Wissenschaft kurz
vorher von Herrn Bode selbst empfangen
hat, wird selbstverständlich verschwiegen,
dafür aber gesorgt, daß die Übersetzung
eines solchen hintenherum angeregten Auf-
satzes umgehend in einem der seiner Exzel-
lenz bedingungslos ergebenen Organe er-
folgt. DiesemerstenTrompetenstoß schließt
sich sehr rasch die Fanfare jener Ahnungs-
losen an, die heute Herrn Bode noch aufs
Wort glauben, ohne zu merken, wie sie
selbst im Grunde die Geschobenen sind.
Das Heer der Trabanten läuft Sturm, ent-
facht die öffentliche Meinung und die auf
diese Weise emporbrandende Bewegung
läßt zum letzten Male einen Schimmer von
Glorie über dem Haupt des (armen und
ach so sehr verkannten) ehemaligen Gene-
raldirektors aufleuchten, der viel des wohl-
verdienten Ruhms genossen hat, ihn aber
jetzt an falscher Stelle sucht.
Doch um auf das Wesentliche zu kom-
men:
Herr Bode plädiert, nachdem eben erst
die durchaus vorbildliche Aufstellung der
Ostasiatischen Abteilung durchgeführt wor-
den ist, erneut für die Idee seines Dahlemer
1 i. Beiblatt vom 25. Januar 1925.
Projektes, das dank der klügeren Einsicht
des Preußischen Staatsministeriums vor
einigen Jahren notgedrungen zurückgestellt
werden mußte, um nunmehr in wesentlich
geläuterter Form an geeigneterer Stelle ver-
wirklicht zu werden. Daß der museale Be-
griff „Asien“ heute noch vielfach proble-
matisch erscheint, mag zugegeben werden.
Aber wie immer man sich auch zu der
Frage der künstlerischen Totalität dieses
Erdteils stellen mag, eines ist längst er-
wiesen: daß die islamische Kunst zu min-
destens 9/io der Mittelmeerkultur zugehört
und daß nur ganz schmale Verbindungs-
wege vom Islam zu der größeren indischen
und ostasiatischen Kunst im weitesten
Sinne hinführen.
Gerade der eigentliche Schöpfer der Is-
lamischen Abteilung des Kaiser-Friedrich-
Museums, Professor Sarre, vertritt mit vol-
ler Überzeugung den oben erwähnten wis-
senschaftlichen Standpunkt und Herrn Bo-
de, für den in solchen Augenblicken die
durchaus maßgebliche Meinung des neben
ihm arbeitenden Abteilungsdirektors He-
kuba ist (nur weil es diesmal umgekehrt
besser in den Gang seiner Beweisführung
hineinpaßt!), wäre es ein leichtes gewesen,
sich über die wirkliche wissenschaftliche
Grundlage innerhalb der asiatischen For-
schung bei Herrn Sarre Aufschluß zu
holen.
Es hieße also einem ebenso verkehrten
wie einseitigen Wunsche wegen alle mor-
phologischen Voraussetzungen negieren,
wollte man der fixen Idee eines Einzelnen
zuliebe innerhalb eines großartig geplanten
neuen musealen Programms den Islam von
seiner natürlich genetischen Basis abtren-
nen, nur weil der geographische Begriff der
Einheit Asiens Laien und Outsider zu fal-
schen Schlüssen verführt.
Die Beckersche These von der Zugehö-
rigkeit der islamischen Kunst zum Kultur-
kreis des Mittelmeerbeckens ist überall
längst von den Forschern auf dem Gebiete
der asiatischen Kunst anerkannt worden
und nicht zuletzt ist ja Sarre selbst der-
jenige, der sich mit Händen und Füßen ge-
gen die von Bode beliebte Unterstellung
wehrt, daß etwa seine islamische Abteilung
logisch ein Bestandteil des Asiatischen Mu-
seums in Dahlem sein müsse. Scheidet
aber der Islam aus, dann bliebe für dieses
Dahlemer Projekt nach Bodes Absichten
überhaupt nichts übrig, denn für alle an-
deren Abteilungen ist, nachdem das alte
Kunstgewerbemuseum geräumt ist, im Zen-
trum Berlins reichlich Platz vorhanden.
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