Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

DOI Heft:
Heft 5
DOI Artikel:
Raeber, Willi: Neuentdeckte Meister der Basler Kunstsammlung
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0257

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Neuentdeckte Meister der Basler

Von WILLY RAEBER / Mit
vier Abbildungen auf zwei Tafeln

Kunstsammlung

USSER wenigen Neuerwerbungen — unter ihnen das „Selbstbildnis mit dem


XA.hohen Hut“ von Hans von Marees (1837—1887) und eine bisher unbe-
kannte, interessante „Gefangennahme Christi“ vom jüngeren Hans Leu (1485
bis 1531) an erster Stelle zu nennen — hat die Basler öffentliche Kunstsamm-
lung im eben vergangenen Jahre durch die gelungene Restauration verschie-
dener Kunstwerke, die durch den derzeitigen Konservator Professor H. A. Schmid
dem Depotdunkel entrissen worden sind, eine ebenso wertvolle, als glückliche
Bereicherung erfahren. Die Freude an dem neuen Zuwachs darf um so reiner
sein, als zu seiner Wiedergeburt keine allzu großen Ansprüche an die Geheim-
wissenschaft des Restaurators notwendig waren, die Tätigkeit dieses letzteren
vielmehr auf das Entfernen von Schmutz und Übermalungen bzw. Ergän-
zungen beschränkt werden konnte. Ausgefallene Farbstellen der Gemälde sind
mit neutraler Farbe ausgetupft, so daß sie dem Auge leicht sichtbar sind, und
die Bilder schließlich mit ganz klarem Firnis überzogen worden.
Im Jahre igio erwarb die Eidg. Gottfried-Keller-Stiftung aus altbaslerischem
Privatbesitze das „Bildnis des Ritters Adelberg von Berenfels“
und deponierte es noch im selben Jahre in der Basler Kunstsammlung. Das
Gemälde findet sich im Katalog von igio unter Nr. 855 als „Basler Schule
von 1526“ verzeichnet. (Lindenholz, Höhe 61 cm, Breite 48,4 cm.) — Offenbar
seines schlechten Erhaltungszustandes wegen ging das Bildnis bisher unter
diesem Namen. Die Zuschreibungen von Terey und Curjel, die es beide
für Baldung reklamierten, blieben ohne Folgen für das Bild, dem man höch-
stens im Zusammenhang mit der Porträtkunst der Holbein eine gewisse
Bedeutung zuerkannte. Eines Tages wurde es sogar magaziniert, bis es
dann Schmid wieder an das Sammlungslicht förderte. Die Reinigung des Porträts
ergab nun das immerhin überraschende Resultat, daß unter einer vierfachen
Übermalungsschicht aus verschiedenen Zeiten die originale Malschicht bis auf
wenige Rißstellen über dem linken Auge und im Bart des Dargestellten voll-
kommen intakt zutage trat und sich das Gemälde als eines der schönsten, best-
erhaltenen Bildnisse Hans Baldung Griens (1475/80 bis 1545) entpuppte.
Vor einem klaren,, grünlichblauen Hintergründe entfaltet sich breit der in
Dreiviertelansicht gegebene gedrungene Oberkörper des Dar-gestellten, dessen
gewaltiger, von einem breiten Vollbart umrahmter Kopf mit den derben Ge-
sichtszügen auf einem massigen Halse ruht. Die Farbe des insbesondere um
Mund- und Augenpartien wundervoll mit Lasuren modellierten Gesichtes und
der rechten Hand ist ein rötliches, fleischiges Rosa; der Bart ist graumeliert.
Die mit Goldfäden gestickte Mütze ist tiefschwarz, desgleichen der Pelz und
die damastene Schaube. Der Mantel ist intensiv olivgrün, das geschlitzte
Übergewand weiß. Eine goldene Kette, mit einem edelsteingeschmückten
Kreuze als Anhänger, legt sich um den Hals und wirft auf der Brust einen
Schlagschatten auf das weiße Gewand. Unnötig auf die ungemeine male-
rische Qualität des Ganzen hinzuweisen. — Das Porträt ist rechts oben 1526
datiert und HB monogrammiert — es ist also im gleichen Jahre gemalt worden
wie das kraftvolle Männerbildnis im Germanischen Museum in Nürnberg, das
denselben Bildaufbau nur von der Gegenseite zeigt und mit dem' es auch farbig
sehr verwandt ist. Ist das Gemälde von dieser Seite einwandfrei als Baldung
gesichert, so ist anderseits auch die Persönlichkeit des Dargestellten, der der
alten Baslerfamilie der Berenfels angehörte, durchaus historisch. Durch das

Der Cicerone, XVII. Jahrg., Heft 5

12

233
 
Annotationen