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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 18
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Der Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0957

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DER KUNSTMARKT

B e vors tehende
Versteigerungen
MÜNCHEN
Am 6. und 7. Oktober kommt bei Hugo
Helbing der Nachlaß eines Münchener
Sammlers zur Versteigerung. Generaldirek-
tor Dr. Halm vom Bayerischen National-
museum hat dem Katalog das Geleit-
wort beigegeben und würdigt die Samm-
lung als ein Ergebnis jener alten, mit Ge-
schmack und Spürsinn begabten Sammler-
tätigkeit, der es im Laufe der Jahre ge-
lingt, einen Besitz von nicht alltäglicher
Reichhaltigkeit und Vielseitigkeit zusam-
menzubringen. Unter den zahlreichen
kunstgewerblichen Erzeugnissen weist die
Keramik einige gute Stücke auf, Arbeiten
süddeutscher Fayencemanufakturen und
hübsche Porzellane, hauptsächlich der
Manufakturen Meißen, Ludwigsburg und
Nymphenburg. Auf mit Emailfarben be-
malte oder geschnittene Gläser und Silber-
arbeiten folgen eine ganze Reihe sehr guter
Zinngeräte. Ferner sei noch darauf hinge-
wiesen, daß die Sammlung eine Anzahl be-
achtenswerter Kleingegenstände in Bronze,
Kupfer, Messing und Eisen, einige gute
Waffen und Holzarbeiten enthält.
Der künstlerischen Qualität nach bean-
spruchen die plastischen Bildwerke, unge-
fähr 60 an der Zahl, den Vorrang. Es ist
in diesem Rahmen nicht möglich, alle in
Betracht kommenden Skulpturen hervorzu-
heben. Um einiges herauszugreifen: zwei
Terrakotta-Apostel, Chiemgau Anfang des
15. Jahrhunderts, eine Madonna aus Trost-
berg, Chiemgau um 1428/30, eine Bewei-
nung Christi, mittelrheinisch um 1480,
eine thronende Madonna, Augsburg um
1520, dem Kreise Adolf Dauchers nahe-
stehend, das bedeutendste Stück der auch
sonst ausgezeichnet vertretenen schwäbi-
schen Schnitzkunst, eine Maria unter dem
Kreuz, niederbayerisch um 1520, und die
interessante Begegnung unter der goldenen
Pforte, die nach Oberösterreich in die 30er
Jahre des 16. Jahrhunderts weist. Das 17.
und 18. Jahrhundert ist vorwiegend durch
reizvolle Kleinplastik vertreten.
Von älteren Gemälden interessieren drei
Tafeln eines Hausaltars, deren mittelste die
Gregormesse darstellt, wohl eine fränkische
Arbeit um 1470/80, und eine Kreuzigung,
die dem Kreis des Wohlgemut angehört.
Von den Bildern der deutschen, nieder-
ländischen und italienischen Schule des
17. und 18. Jahrhunderts seien eine alte

Kopie nach Wouwermann, eine signierte
Jagdszene von Carei van Falens und zwei
an Magnasco erinnernde Architekturland-
schaften erwähnt. Arbeiten von Einsle,
Gasnier, Kaltner und F. A. König bilden
neben anonymen Arbeiten auch früherer
Jahrhunderte die Abteilung Miniaturen.
Den Beschluß des Kataloges bildet eine
kleine, doch außerordentlich gewählte
Sammlung moderner Gemälde.
Der mit 20 Tafeln ausgestattete Katalog
umfaßt übeqooNummern und ist durch die
Firma Hugo Helbing zu beziehen, die jede
weitere Auskunft gerne erteilt. r.
PARIS
Die Vente Poiret findet am 18. Novem-
ber im Hotel Drouot statt und bringt an
140 moderne Bilder zum Ausruf, darunter
Hauptwerke von Picasso, Derain, Matisse,
M. Laurencin, Utrillo und vielen anderen.
Der berühmteste aller Schneider verzichtet
also endgültig auf die Ehre, ein Förderer
der lebendigen Kunst zu sein. n.
Aus der Sammlerwelt
und vom Kunsthandel
DIE SAMMLUNG CASTIGLIONI
Der Zusammenbruch jener tönernen Kö-
nige der Inflation wird auch die kostbare,
rasch aufgebaute Sammlung des Wiener
Großindustriellen Camillo Castiglione ent-
scheidend berühren. Ein wesentlicher Teil
der hier vereinigten Werke alter Meister
kommt im Spätherbst bei Frederic Mül-
ler & Co. in Amsterdam zur Versteige-
rung, darunter Arbeiten von Donatello, Ti-
zian, Correggio, Rubens, van Dyck, Hals,
Rembrandt, ferner die erstklassigen Re-
naissancebronzen und Teppiche. Quali-
tativ und der Zahl nach sicher eine der
bedeutendsten Versteigerungen, die in der
kommenden Saison Tatsache werden, auf
deren Ergebnis man mit Recht gespannt
sein darf. n.
BERLIN
Die Kunsthandlung Karl Nierendorf
teilt mit, daß sie die Vertretung von Ri-
chard Herber zugleich mit dem Vertrieb
seiner Arbeiten vertraglich übernommen
hat, auf den der Herausgeber dieser Zeit-
schrift in Heft 15 nachdrücklich hinwies.
Etwaige Interessenten wollen sich also di-
rekt mit Herrn Nierendorf ins Benehmen
setzen.

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