Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0161
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Heft 3
DOI article:Simon, Karl: Mittelrheinische Scheiben in Amorbach
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Mittelrheinische Scheiben in Amorbach
Mit fünf Abbildungen auf zwei Tafeln Von KARL SIMON
IM Fürstl. Leiningenschen Archiv in Amorbach i. O. befinden sich vier
Scheiben, auf die ich gelegentlich eines Besuches dort aufmerksam wurde;
für die Erlaubnis zur photographischen Wiedergabe und zur Veröffentlichung
sowie für sonstige freundliche Auskünfte bin ich — und ist mit mir die All-
gemeinheit — Herrn Archivrat Dr. Krebs in Amorbach zu aufrichtigem Danke
verpflichtet. Es sind vier Rundschreiben, um die es sich handelt, zwei mit
figürlichen, zwei mit Wappendarstellungen. Wir lassen die erstgenannten
vorausgehen.
i. Auferstehung Christi.
Die 39 cm Durchmesser haltende Rundscheibe zeigt das diagonal im Bild
stehende Grab aus graurosa Stein (Abb. i; ein Stück des Randes ist bei der
Aufnahme leider weggefallen). Geschlossen ist es durch eine horizontal auf-
liegende Platte, deren einer als Löwenkopf mit Ring im Maul gestalteter Griff
zu sehen ist. Durch die noch liegende Platte steigt der silbergelb nimbierte
Christus mit dem rechten Bein hindurch, während das linke noch zurück ist.
Er ist in einen roten Mantel gehüllt; der Körper schimmert ebenso, wie das
Gesicht, in mattem Glanze wie Perlmutter. Das Gesicht ist lang, schmal, mit
kurzem Kinnbart; die gebogene Nase springt kräftig vor.
In der Linken hält er an gelber Stange die weiße Siegesfahne mit gelben
Fransen; die Rechte — die Arme sind unverhältnismäßig klein und schwach
gebildet — ist segnend erhoben.
Umlagert ist das Grab von fünf mit Stangenwaffen verschiedenster Art aus-
gerüsteten Wächtern, von denen je der äußerste oben, nach außen gewendet,
den Schauplatz verlassen will.
In Stellung und Gehaben prachtvoll lebendig charakterisiert und im Typus
individuell durchgebildet, zeigen auch sie in der farbigen Behandlung eine
Vorliebe für Silbergelb, in dem z. B. sämtliche Kopfbedeckungen gehalten sind.
Der oberste rechts, neben dem das Grün der Wiesen sichtbar wird, ist sonst
in dunkelviolett gekleidet; der mittlere ganz in gelb, der unterste über der
Rüstung in einen grünen Mantel gehüllt. Links kehrt bei dem obersten Wäch-
ter das Violett am Ärmel wieder, wie auch die grünen Wiesen wieder er-
scheinen. Der Rand weist zwei verschiedene Arten von Wellenranken auf,
die sich braungelb vom schwarzen Grunde abheben, während die prächtige
Damaszierung der Scheibe selbst weiß auf blauem Grunde erscheint.
2. Der hl. Martin mit dem Bettler.
Die leider nur zur Hälfte erhaltene Scheibe, deren Rand zum größten Teil
ergänzt ist, hat ursprünglich einen Durchmesser von etwa 37,5 cm gehabt.
Beherrschend ist die Gestalt des hl. Martin, der dem vor ihm hingesunkenen
Bettler seinen Mantel zerteilt, während rechts ein zuschauender Bauer mit
gelber Holzschüssel an der Seite die hellbraune Kappe lüftet. Der mit silber-
gelbem Nimbus ausgezeichnete Heilige ist aufs prächtigste in gemusterten
gelben Brokat mit Hermelinbesatz und ganz lichtbraunen Mantel und gleicher
Hose gekleidet. Die hellbraunen Schnabelschuhe mit gelbem Sporn stecken
in dem gelben Steigbügel. Unter dem schwarzen, mit Hermelin besetzten
Barett quillt eine Fülle goldblonder Locken hervor.
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Mit fünf Abbildungen auf zwei Tafeln Von KARL SIMON
IM Fürstl. Leiningenschen Archiv in Amorbach i. O. befinden sich vier
Scheiben, auf die ich gelegentlich eines Besuches dort aufmerksam wurde;
für die Erlaubnis zur photographischen Wiedergabe und zur Veröffentlichung
sowie für sonstige freundliche Auskünfte bin ich — und ist mit mir die All-
gemeinheit — Herrn Archivrat Dr. Krebs in Amorbach zu aufrichtigem Danke
verpflichtet. Es sind vier Rundschreiben, um die es sich handelt, zwei mit
figürlichen, zwei mit Wappendarstellungen. Wir lassen die erstgenannten
vorausgehen.
i. Auferstehung Christi.
Die 39 cm Durchmesser haltende Rundscheibe zeigt das diagonal im Bild
stehende Grab aus graurosa Stein (Abb. i; ein Stück des Randes ist bei der
Aufnahme leider weggefallen). Geschlossen ist es durch eine horizontal auf-
liegende Platte, deren einer als Löwenkopf mit Ring im Maul gestalteter Griff
zu sehen ist. Durch die noch liegende Platte steigt der silbergelb nimbierte
Christus mit dem rechten Bein hindurch, während das linke noch zurück ist.
Er ist in einen roten Mantel gehüllt; der Körper schimmert ebenso, wie das
Gesicht, in mattem Glanze wie Perlmutter. Das Gesicht ist lang, schmal, mit
kurzem Kinnbart; die gebogene Nase springt kräftig vor.
In der Linken hält er an gelber Stange die weiße Siegesfahne mit gelben
Fransen; die Rechte — die Arme sind unverhältnismäßig klein und schwach
gebildet — ist segnend erhoben.
Umlagert ist das Grab von fünf mit Stangenwaffen verschiedenster Art aus-
gerüsteten Wächtern, von denen je der äußerste oben, nach außen gewendet,
den Schauplatz verlassen will.
In Stellung und Gehaben prachtvoll lebendig charakterisiert und im Typus
individuell durchgebildet, zeigen auch sie in der farbigen Behandlung eine
Vorliebe für Silbergelb, in dem z. B. sämtliche Kopfbedeckungen gehalten sind.
Der oberste rechts, neben dem das Grün der Wiesen sichtbar wird, ist sonst
in dunkelviolett gekleidet; der mittlere ganz in gelb, der unterste über der
Rüstung in einen grünen Mantel gehüllt. Links kehrt bei dem obersten Wäch-
ter das Violett am Ärmel wieder, wie auch die grünen Wiesen wieder er-
scheinen. Der Rand weist zwei verschiedene Arten von Wellenranken auf,
die sich braungelb vom schwarzen Grunde abheben, während die prächtige
Damaszierung der Scheibe selbst weiß auf blauem Grunde erscheint.
2. Der hl. Martin mit dem Bettler.
Die leider nur zur Hälfte erhaltene Scheibe, deren Rand zum größten Teil
ergänzt ist, hat ursprünglich einen Durchmesser von etwa 37,5 cm gehabt.
Beherrschend ist die Gestalt des hl. Martin, der dem vor ihm hingesunkenen
Bettler seinen Mantel zerteilt, während rechts ein zuschauender Bauer mit
gelber Holzschüssel an der Seite die hellbraune Kappe lüftet. Der mit silber-
gelbem Nimbus ausgezeichnete Heilige ist aufs prächtigste in gemusterten
gelben Brokat mit Hermelinbesatz und ganz lichtbraunen Mantel und gleicher
Hose gekleidet. Die hellbraunen Schnabelschuhe mit gelbem Sporn stecken
in dem gelben Steigbügel. Unter dem schwarzen, mit Hermelin besetzten
Barett quillt eine Fülle goldblonder Locken hervor.
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