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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 18
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0943

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RUNDSCHAU

Sammlungen
ANTWERPEN
Von der Ernennung des an künstleri-
schen Dingen stark interessierten Camiel
Huijsmans zum Kultusminister erhofft
man sich die Möglichkeit der Durchfüh-
rung eines alten und dringlichen Plans, das
ist die Einrichtung eines graphischen Ka-
binetts am Antwerpener Museum. Die
Schätze an Graphik, die dieses Museum be-
herbergt, sind außerordentlich groß, aber
nicht gesichtet, geschweige denn geordnet.
Vor allem ist die Sammlung reich an Re-
produktionen nach Arbeiten von Rubens;
Max Rooses hat sie zusammengebracht. Zu
diesen Blättern kommen die im Plantin-
Museum befindlichen Graphiken, die in-
folge des Platzmangels und der fehlenden
Arbeitskräfte ebenso unzweckmäßig und
für die Öffentlichkeit fast unbenutzbar auf-
bewahrt werden. Die Zahl von Zeichnun-
gen flämischer Maler beträgt etwa 3000
Stück; die hier aufbewahrte Sammlung Ter
Brüggen beziffert sich allein auf 5000 Exem-
plare. Die Pläne sind am Ministerium für
Wissenschaft und Kunst bereits so weit ge-
fördert, daß man aus allen öffentlichen
Sammlungen den Bestand an Graphik her-
ausnehmen und an einem einzigen Orte,
dem zu gründenden graphischen Kabinette,
zusammenbringen will. H.
BAUTZEN
Der berühmte „Löbauer Marienal-
tar“ des Bautzener Stadtmuseums
(von 151g) ist nach monatelanger hingehen-
der Bearbeitung in der Museumswerkstatt
nunmehr völlig in der ursprünglichen far-
bigen Fassung wiederhergestellt worden.
Das kostbare Werk, — ein geschnitzter
und gemalter Flügelaltar aus der Schule
des hervorragenden lausitzisch-schlesischen
Malerbildhauers Hans Olmützer (tätig
um 1483—1518), — das ehemals den Haupt-
altar der Löbauer Nicolaikirche bildete,
wurde in sorgfältigster Weise auf trok-
kenem Wege — ausschließlich durch Ab-
schaben und Abkratzen — von den plum-
pen späteren Übermalungen befreit, da ein
Ablaugen mit ätzender Flüssigkeit auch die
originalen Farbschichten gefährdet, wenn
nicht vernichtet hätte. Insbesondere wurde
die reiche Vergoldung des Maßwerks wie-
der hergestellt, das während der klassizi-
stischen Periode in verständnislosester
IWeise weiß überstrichen worden war. Die
feintonige, warme Fassung aus spätgoti-
scher Zeit leuchtet nunmehr wieder im Ur-

sprünglichen milden Glanze, der durch ein
leichtes Übergehen mit heißer Wachslö-
sung nachträglich wieder zur vollen Gel-
tung gebracht wurde.
Man darf behaupten, daß der Altar erst
jetzt als künstlerischer Wert für die Ge-
genwart zurückgewonnen worden ist. Das
sächsische Landesamt für Denkmalspflege
hat bei der letzten Inspektion des Bautzener
Museums mit Befriedigung von der als
mustergültig zu bezeichnenden Restaurie-
rung Kenntnis genommen. r.
BRESLAU
Heinz Braune konnte kürzlich das Mu-
seum der bildenden Künste um einige wert-
volle Stücke bereichern. An der Spitze der
Erwerbungen älterer Kunst steht ein klei-
ner Cranach, eine Adam- und Evadarstel-
lung, des Meisters früheste uns bekannte
Behandlung dieses Themas. Sie gehört in
das erste Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts.
Die Datierung, die Friedländer ihr gegeben
hat, „ungefähr um 150g“ erscheint ange-
sichts der klassischen Haltung Evas, die
leise an eine antike Venus zu erinnern ver-
mag, schon so spät wie möglich. Jedem
falls besteht ein deutlicher Zusammenhang
mit den. Holzschnitt der Venus, der 1506
datiert, aber vielleicht erst 150g entstanden
ist, und auch das Fehlen jeglicher Signatur
deutet auf Cranachs Frühzeit. Keine der
späteren Fassungen, sei es die Münchener,
Coburger, Braunschweiger usw. kommt
dem Breslauer Werke an Schönheit gleich.
Mit seiner emailartigen vollkommenen
Malerei und dem verhaltenen keuschen
Ausdruck bildet er die Perle der hiesigen
Sammlung alter Meister —• denn der andere
Breslauer Cranach, „sein schönstes Marien-
bild“ (Glaser), ruht wohlverwahrt im Dom-
schatze, dem Publikum schwer zugänglich.
Mittlerer Qualität ist ein Martyrium des
hl. Philippus von einem rheinischen Mei-
ster des 15. Jahrhunderts, interessierend
durch die originelle Anordnung der Haupt-
gruppe. — Der Ankauf einer sitzenden, fast
lebensgroßen Holzfigur Mariä von etwa
i3go mit gut erhaltener Bemalung ist vor
allem deshalb zu begrüßen, weil damit der
Plan Prof. Braunes sich zu verwirklichen
beginnt, eine Sammlung alter nichtschlesi-
scher Plastik zu schaffen als begrüßens-
werte Ergänzung zu dem Besitz des Kunst-
gewerbemuseums, der schlesische Werke
umfaßt.
Von neuerer Kunst kam zu den drei
vorhandenen Thomas ein vierter hinzu,
eine Wolke mit musizierenden Engeln von
1878. Unter den vielen Fassungen dieses

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