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Sammlungen
BERLIN
Die publizistisch trägste der Berliner Ga-
lerien, das Kaiser-Friedrich-Museum,
hat in einer kleinen Zusammenstellung von
oberrheinischen Gemälden und
Skulpturen des 15. und 16. Jahrhunderts
endlich einmal einen bescheidenen Ver-
such gemacht, seinen Besitz zu verleben-
digen und die Dinge in neue Beziehung
zueinander und zum Betrachter zu rücken.
Bei der hervorragend ungünstigen Aufstel-
lung speziell der deutschen Plastik in die-
sem Hause sollte immer wieder wenigstens
einzelnen Gruppen Befreiung aus der ma-
gazinhaft lichtlosen Enge vergönnt werden.
Leider gefällt sich das Kaiser-Friedrich-
Museum ganz allgemein in einer Zurückhal-
tung, die dem Charakter einer öffentlichen
Sammlung, zumal in unseren Tagen, ge-
radezu widerspricht. Neuerwerbungen wer-
den stillschweigend eingeordnet, quietanon
movere ist oberster Grundsatz, weder den
Privatbesitz noch gar andere Museen for-
dert man auf, zu interimistischen Ausstel-
lungen beizutragen. Das ist auch diesmal
nicht geschehen, sondern man hat sich auf
zwei kleine Säle beschränkt und damit be-
gnügt, den eigenen Besitz zu versichtbaren.
Trotzdem das so Gebotene in keiner Weise
dazu ausreicht, einen deutlichen Begriff des
spezifisch Oberrheinischen zu schaffen,
soll dies erste Anzeichen einer so lange
vermißten Aktivität hoffnungsvoll und dank-
bar begrüßt werden. Denn der erwähnte
Mangel begründet sich keineswegs in der
bekannten Raumknappheit des Kaiser-
Friedrich-Museums, vielmehr in einer
kunstkapitalistischen Einstellung, die Er-
werben über Wirkenlassen stellt und die
Fruchtbarkeit der thesaurierten Werte ge-
fährdet. Nehmen wir denn diesen Versuch
als Versprechen. — Im Mittelpunkt der Dar-
bietung steht höchst ansehnlich repräsen-
tiert Konrad Witz; zu dem bekannten Be-
sitz der Galerie, jener stimmungsstarken
kleinen Kreuzigung und der einzeln herver-
schlagenen Tafel des Heilspiegelaltars sind
kürzlich zwei weitere Proben getreten, ein
farbig sehr kräftiges, urwüchsig-anschauli-
ches Christophorus-Bildchen, jener Kreuzi-
gung verwandt, und eine große goldgrun-
dierte Tafel mit dem thronenden Gottvater,
als „Ratschluß der Erlösung“ bezeichnet.
Die singuläre Zeichnung des Kupferstich-
kabinett ergänzt die Folge. Die spätere
Phase vertritt als Maler Hans Bal düng
Grien, auf dessen Entwurf auch ein zu
Brüssel gewirkter Teppich, darstellend
Pauli Bekehrung, nicht unplausibel zurück-
geführt ist. (Was aber soll Strigel in die-
sem Zusammenhang?) Unter den Skulptu-
ren erscheint die Dangolsheimer Madonna
und der liebenswürdige Meister des Lau-
tenbacher Altars, ferner Meit und mit der
kühl und fein dem Sandstein abgewonne-
nen „hl. Anna selbdritt“ Nie. Gerhart van
Leiden. Unter den anonymen Dingen der
früheren Phase am eindrucksvollsten zwei
Prophetenköpfe, Straßburger Steinarbeiten,
und eine Relief dar Stellung der Geburt Chri-
sti aus dem Beginn des 15. Jahrhunderts,
zärtlich und in blaßlila Verwitterung dop-
pelt schmerzlich und geheimnisvoll er-
scheinend. —
Das Ostasiatische Museum beher-
bergt seit einigen Wochen eine größere
Sammlung chinesischer Keramik aus dem
Besitze Otto Burchards, über die ein
wissenschaftliches Urteil zu wagen mir
nicht zusteht. Es sei schon jetzt auf eine
eingehende Publikation dieser Serie im
nächsten „Jahrbuch der Asiatischen Kunst“
verwiesen. Willi Wolfradt.
BOLOGNA
Der Direktor der hiesigen Pinakothek,
Graf Malaguzzi Valeri, hat ein neues Mu-
seum eröffnet, indem er die Bildergalerie
der Doria Bargellini mit den städtischen
Sammlungen für angewandte Kunst zu-
sammen in acht großartigen Sälen ver-
einigte. Die Gemälde wurden zeitlich und
stilistisch mit den Kunstgegenständen zu-
sammengestellt, so daß das ganze Mu-
seum einen harmonischenEindruckmacht.
Es handelt sich fast ausschließlich um
Bologneser Kunst des 17. und 18. Jhrh.
mit einigen Ausnahmen aus früheren Jahr-
hunderten, wie die Madonna des 14. Jhrh.
von Vitale da Bologna, eine andere von
Jacopo Francia, ein bedeutendes Werk
von Vivarini aus dem 15., eine Skulptur
(Madonna mit Kind) von Jacopo della
Quercia und eine Büste Onofris vom Be-
ginn des 16., die beiden letztgenannten
Skulpturen von besonderer Schönheit. Die
Möbel, Terrakotten, Glas, Keramiken, so-
wie die Kirchengegenstände, Stoffe und
Stickereien sind ebenfalls durchweg Bo-
logneser Arbeiten von erstklassiger Quali-
tät und bieten ein reiches Studien- und
Vergleichsmaterial. Ein illustrierter Kata-
log wird erscheinen. A. C.
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