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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 11
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Der Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0600

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DER KUNSTMARKT

B evorstehende
Versteigerungen
MÜNCHEN
Am 24-/25. Juni findet bei Hugo Hel-
bing eine Versteigerung' von Antiqui-
täten und Gemälden alter Meister aus süd-
deutschem Adelsbesitz und anderem Be-
sitz statt. Der Katalog beginnt mit kera-
mischen Arbeiten, darunter vor allem gu-
ten Fayencen aus süd- und norddeutschen
Manufakturen. Daran schließen sich Glä-
ser des 18. Jahrhunderts und der Bieder-
meierzeit, Arbeiten in Silber und unedlen
Metallen. Die Abteilung Textilien umfaßt
flämische und französische Gobelins,
Orientteppiche, Casein, Stoffe und Sticke-
reien. Vor allem ist auf die Möbel hinzu-
weisen, es finden sich Truhen und
Schränke der deutschen Spätrenaissance,
Kommoden, Konsoltische, Aufsatzschränke,
Tische und Stühle des 18. Jahrhunderts,
wie der Empire- und Biedermeierzeit. Ein-
richtungsgegenstände, wie Spiegel, Stand-
uhren, kleine Truhen, vervollständigen
diese Abteilung. Außerdem gelangt ost-
asiatisches Kunstgewerbe, Graphik, Do-
sen und Miniaturen, darunter ein Damen-
bildnis von Daffinger und ein dem Isa-
bey nahestehendes Kinderbildnis zur Ver-
steigerung. Eine Madonnenstatuette von
Kaschauer ist unter den Plastiken beson-
ders hervorzuheben. Unter den Gemälden
der niederländischen Schule befinden sich
Werke von Brouwer, Teniers, Herri met
de Bles, Vonck und Murandt; auch die
deutschen und italienischen Schulen sind
mit guten Arbeiten vertreten. r.
Aus der Sammlerwelt
und vom Kunsthandel
DER VERKAUF DES RAFFAEL
AUS DER SAMMLUNG OSCAR
HULDSCHINSKY
Über diesen von der Londoner Firma
Agnew & Co. wahrscheinlich im Auftrag
eines großen amerikanischen Sammlers
getätigten Ankauf sind wieder einmal irre-
führende Nachrichten in die Presse ge-
gangen, deren Urheber nicht unbekannt
sein dürfte. Das Geschrei von der Gefähr-
dung nationalen Kunstgutes ist gerade in
diesem Fall besonders unangebracht, weil
es sich erstens um ein immerhin nicht
ganz gesichertes Werk des italienischen

Malers, zweitens aber um ein Bild han-
delt, das mit dem für uns Deutsche maß-
gebenden Begriff „national“ schwer zu-
sammenzubringen ist, zumal es Herr
Huldschinsky seinerzeit aus dem Aus-
lande erworben hatte. Infolgedessen be-
stand für die zuständige Reichsbehörde
überhaupt kein Anlaß, die Ausfuhr dieses
Bildes zu verbieten, im Gegenteil bedeutet
diesmal der erzielte Kaufpreis von einer
Million Goldmark ein wirtschaftliches
Mehr gegenüber einem zweifelhaften Raf-
fael, den die Allgemeinheit kaum gekannt
hat. Die sogenannte Liste des nationalen
Kunstgutes darf nicht nur eine Handhabe
sein, um verdiente Sammler zu einem Ver-
kauf ihrer Kunstwerke gegen billiges Geld
an öffentliche Sammlungen zu zwingen.
Das wäre Mißbrauch der Staatsgewalt. Mit
Recht betont deshalb die „Kunstchronik“
in Nr. 7 in einer kurzen Notiz über dieses
Bildnis des Giuliano de Medici, daß die
Trauer über den Verlust nur bei denen
sein könne, die es nicht gekannt haben, r.
DEN HAAG
Die Firma Frederic Müller, Amster-
dam, kaufte von einem Ingenieur de Haas
im Haag ein Personenbildnis, das Hof-
stede de Groot als einen echten Frans
Hals begutachtet hatte. Die Kauf summe
betrug 50000 Gulden. Der Abnehmer des
Bildes, an den Frederic Müller dieses wei-
tergab, beanstandete seine Echtheit. Hof-
stede de Groot verwahrte sich öffentlich
gegen ein Fehlurteil und setzte für die
Echtheit seine gesamte Forscher-Kariere,
ja auch einen Teil seines privaten Kunst-
besitzes als Pfand. Die Firma Frederic
Müller nahm das Bild zurück und ver-
klagte den Ingenieur de Haas auf Rück-
bezahlung der 50000 Gulden. Das Gericht
ernannte eine Untersuchungskommission,
und zwar den Engländer Sir Charles Hol-
mes (London), Prof. Martin vom Haager
Mauritshuis und den Chemiker Professor
Scheffer aus Delft. Die Kommission stellte
fest, daß in dem Bilde das erst 1826 er-
fundene künstliche Ultramarin, das erst
gegen 1820 fabrizierte Kobaltblau vor-
kommt, sowie Zinkweiß, das vor 1780 un-
bekannt war. Durch Röntgenphotographie
wurde außerdem festgestellt, daß die Lein-
wand auf die Spannrahmen mit Draht-
nägeln befestigt, die erst im ig. Jahrhun-
dert hergestellt wurden. Die Kommission
erklärte auf Grund dieser und noch ande-
rer Indizien den Frans Hals für eine Fäl-
schung. H.

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