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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 19
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0987

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RUNDSCHAU

GEORG KOLBES EBERT-
BÜSTE
Die Ausschmückungskommission des
Deutschen Reichstages (der vermutlich
auch seine Kantine von einem paritätisch
zusammengesetzten Ausschuß politischer
Volksvertreter verwalten läßt) hat die Auf-
stellung der von Georg Kolbe model-
lierten Porträtbüste des ersten Reichsprä-
sidenten abgelehnt, gestützt auf ein Gut-
achten ihres Beraters Professor Hugo
Lederer, das durch seinen schroffen,
ja geradezu rüden Ton Aufsehen erregt
und die wohl einmütige öffentliche Mei-
nung gegen sich empört hat. Die Aka-
demie der Künste hat geglaubt, diesen Kon-
flikt zweier ihrer prominentesten Mitglieder
auf die Ursache persönlicher Verärgerung
zurückführen zu sollen, und hat auf dieser
Grundlage eine Beilegung angebahnt. Diese
Unterstellung unsachlicher Motive Lede-
rers, berechtigt oder nicht, trifft keinesfalls
den Kern der unerfreulichen Angelegenheit.
Der Tenor des mit billigsten ästhetischen
Thesen verbrämten Gutachtens ist einfach
hanebüchen; kein kritischer Schriftsteller
würde sich eine derartige Ausdrucksweise
selbst an minder prekärer Stelle und gegen
einen weniger ausgezeichneten Meister her-
ausnehmen, obgleich ihn nicht einmal die
kollegiale Zurückhaltung binden würde, die
hier eine Selbstverständlichkeit des Taktes
gewesen wäre. Andererseits möchte man
der natürlichen temperamentvollen Einsei-
tigkeit des schaffenden Künstlers Manches
zugute halten und wird in der Beurteilung
der Büste selbst vielleicht eine gewisse Ent-
täuschung verstehen können, bei aller
Wertschätzung ihres Verfassers gerade.
Geheimrat Justi hat das Streitobjekt so-
fort ausgestellt, und soweit sich ohne
Kenntnis der Licht- und Raumverhältnisse
in der Halle des Reichstagsgebäudes die
Wirkung ermessen läßt, scheint sie mir
nicht eben die günstigste und dies Werk
kaum Kolbes gelungenstes. Statt äußer-
licher Repräsentation und hohler Markanz
hat der Künstler versucht, ein nach innen
gekehrtes, stilles, beschlossenes Antlitz zu
bilden; dabei aber ist eine gewisse Ver-
blasenheit aufgekommen und die eigentüm-
liche Festigkeit der Züge des Dargestellten
zur verschwommenen Würde abgestumpft
worden. Insbesondere hat der Mund wenig
Kraft, und die Augen wirken, als seien sie
des Kneifers gewohnt und ohne den blick-
lahm. Auch die körperliche Gedrungenheit
des Mannes ist in der skizzistisch zerlocker-
ten Modellierung nicht recht herausgekom-

men, zudem schädigt ein ganz unmetalli-
sches Grüngelb des Bronzetons die Ge-
wichtigkeit der Gesamtform. Im Profil und
auf größere Entfernung ist freilich die Wir-
kung geschlossener und mächtiger, tritt
man dann aber von Ungefähr vor Rodins
nicht weit davon aufgestellten Falguifere-
kopf, so erlebt man doch eine ganz andere
Übertragungskraft bei innerlichster Haltung,
eine ganz andere Konzentration trotz ma-
lerischer Zerpflügung. Einwände lassen
sich also durchaus vorbringen, wenn-
schon es dahingestellt bleiben muß, ob sie
eine kränkende Abweisung des gleichwohl
die Hand eines Bildners von hohem Rang
bekundenden Werkes rechtfertigen.
Der sonst leider nicht betonte Kernpunkt
des Falles aber ist die’ leidige Verwechs-
lung von Produktivität und Sachverständig-
keit, die immer wieder trotz allen schrecken-
den Erfahrungen den schaffenden Künstler
zum Kunstrichter beruft. Von seltenen Aus-
nahmen abgesehen, sind Künstler die ver-
ständnislosesten, ungerechtesten und gröb-
sten Kritiker, die sich nur denken lassen;
es wird Zeit, daß man aufhört, ihnen als
Juroren und Rezensenten andere Künstler
auszuliefern. Willi Wolfradt.
Zu diesem unerfreulichen „Fall“ ist nach-
zutragen, daß inzwischen ein Dutzend deut-
scher Museumsdirektoren —■ von Baum bis
Waldmann — eine öffentliche Vertrauens-
kundgebung an Georg Kolbe gerichtet ha-
ben, deren dieser Künstler eigentlich kaum
bedurft hätte. B.
Sammlungen
BARCELONA
Die moderne Abteilung der städtischen
Museen im Ausstellungsgebäude nahe des
„Parque“ in Barcelona ist für das Publi-
kum geöffnet worden, während die archäo-
logische Abteilung im Museum innerhalb
des „Parque“ verblieben ist.
Die meisten Werke sind Heimatkunst, de-
: en Meister außerhalb ihrer Grenzen keine
Bedeutung haben. Unter ihnen ist aber ein
Künstler, I. A. Clave, der bis jetzt leider
ziemlich unbekannt war. Sein Stil erinnert
an die Nazarener oder an Ingres, „die Venus
mit den Tauben“ kommt dem Meister von
Montauban am nächsten.
Dann folgen Mercade, Marti y Alsina,
Fortuny, Simo Gomez, Caba usw.
Die Freunde junger Kunst würde außer
dem Vorläufer Nonell noch der „Harlekin“
von Picasso interessieren, dies prachtvolle,

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