DER KUNSTMARKT
B evorstehende
Versteigerungen
BERLIN
Rudolph Lepke versteigert am 12.Mai
1925 und folgende Tage die Sammlung des
verstorbenen Konsuls M. Minkowski,
der in Königsberg etwa 45 Jahre lang eine
zweite Heimat besaß und einer der bekann-
testen Förderer der Kunst und des Kunst-
gewerbes dieser Stadt gewesen ist. Er war
ein Sammler aus Passion, zunächst um mit
den Schätzen der Kunst sein Heim zu
schmücken. Das Beieinander alter Kunst
der verschiedensten Formen und Stilarten
gab dem Hause des Verstorbenen sein ei-
gentlich geistiges Fluidum. Aber dieses war
dennoch wiederum örtlich gebunden, da
der Sammler sich ausschließlich auf die
Vergangenheit seiner zweiten Heimat, näm-
lich Ostpreußen, festgelegt hat. Von den
Möbeln ist es das heimische Barock, das
in den prachtvollen Schränken und Schreib-
kommoden vorzüglich vertreten ist, wäh-
rend die Sitz- und Ziermöbel mehr dem
englischen Formenkreise des 18. Jahrhun-
derts angehören. Die Gemälde, meist nie-
derländischer Herkunft, sind durchweg in-
teressant und von gutem Durchschnitt, die
englischen Farbstiche nicht minder bedeut-
sam wie die Bildnisminiaturen und Klein-
kunstarbeiten. In der Gruppe der Keramik
hat Meißen weitaus den Vorrang, aber auch
Wien und Berlin sind neben Delft gut ver-
treten. Auch die Abteilung des Silber ver-
fügt über kulturgeschichtlich interessante
Dokumente, und nicht zuletzt sind die in
dieser Sammlung vereinigten 18 Original-
arbeiten Adolfs von Menzel, darunter das
große Studienblatt zur Piazza d’Erbe mit
der Mitteilung an Paechter und das reizen-
de Aquarell einer humorvollen Satire auf
Paul Meyerheim, eine Überraschung für
jeden Freund dieses Künstlers.
Der prächtig ausgestattete Katalog ist mit
einem Vorwort von H. C. Krüger soeben er-
schienen.
FRANKFURT a. M.
Französische Bilder bei Bangel.
Rud. Bangel, Frankfurt a. M. verstei-
gert am 19. Mai die Sammlung des Grafen
J. Bouly. Die Kollektion, die insgesamt
100 Gemälde und Handzeichnungen, aus-
schließlich der französischen Schule des
ig. Jahrhunderts umfaßt, enthält Stücke von
seltener Qualität. Der mit 32 Tafeln ausge-
stattete Katalog ist mit einem Vorwort von
Meier-Graefe versehen, dem sämtliche Bil-
der zur Begutachtung vorlagen. Im Rah-
men dieser Vorbesprechung seien nur eini-
ge der imp ortantesten Stücke hervorgeho-
ben, von denen viele in der Literatur be-
kannt sind.
Von Gustave Courbet finden wir ein
Gemälde „Nackte Frau in der Landschaft“,
ferner eine „Winterlandschaft“ aus der
schlimmen Zeit vor seinem Ende, jedoch
unbedingt eigenhändig, das die lose Spon-
tanität, die Courbet auch in dieser Zeit noch
in glücklichen Stunden besaß, verrät. Eine
Perle der Sammlung ist eine große Land-
schaft von Corot, die nach Meier-Graefe
eines der bedeutendsten Beispiele der brei-
ten Manier Corots darstellt. Das Bild steht
auf der gleichen Höhe wie die Contreban-
diers und ähnliche Meisterwerke und ist in
den 50 er Jahren entstanden. Monet ist mit
einem für die Übergangszeit zu den Serien
der goer Jahre charakteristischen Werk
„Der Eisgang“ vertreten, der zu dem in der
gleichen Zeit entstandenen Bild ähnlichen
Motivs des Luxembourg in nahen Bezie-
hungen steht. Von Jules Dupre eine Ar-
beit in bester Zeit: „Landschaft mit Tüm-
pel“. Die ganze Kraft der Individualität Du-
pres, seine tiefe Farbe und sein kraftvoller
Aufbau der Landschaft stecken in dem Bil-
de. Weiterhin sind zu nennen ein „Kinder-
kopf“ von Eugene Carriere von selten
schöner Qualität, aus der frühen Zeit des
Meisters, zwei charakteristische Arbeiten
aus dem Volksleben „Bürger in der Pro-
vinz“ und „Unterhaltung und Überredung“
von Daumier, eine bedeutende Landschaft
von Victor Dupre, zwei in helleren Farben
gehaltene Werke von Georges Michel, so-
wie ein „Stilleben“ aus der ersten Pariser
Zeit von van Gogh. Zwei Pastelle von De-
gas der 80er und goer Jahre stellen Tänze-
rinnen dar. Von Th. Rousseau findet sich
eine in bräunlich hellen Mischtönen gehal-
tene „Landschaft mit Vieh“, ein spontan
niedergeschriebener Natureindruck von ei-
ner für Rousseau nicht eben häufigen Pa-
lette. Weiterhin sind zwei typische Arbei-
ten der 80er Jahre von Sisley, schöne Wer-
ke von Rosa Bonheur, Gericault und an-
deren führenden Meistern der französi-
schen Schule vorhanden.
Am 26.Mai folgt bei Rud. Bangel eine
Versteigerung von auserlesenen alten Por-
zellanen, die die Bestände zweier bekann-
ter deutscher Sammlungen umfassen. Das
durch die Versteigerung Darmstädter auf
dem Kunstmarkt geweckte Interesse für
Porzellan dürfte mit dieser Auktion neuen
Ansporn erhalten. Hervorragend vertreten
sind die Höchster Manufaktur mit Figu-
486
B evorstehende
Versteigerungen
BERLIN
Rudolph Lepke versteigert am 12.Mai
1925 und folgende Tage die Sammlung des
verstorbenen Konsuls M. Minkowski,
der in Königsberg etwa 45 Jahre lang eine
zweite Heimat besaß und einer der bekann-
testen Förderer der Kunst und des Kunst-
gewerbes dieser Stadt gewesen ist. Er war
ein Sammler aus Passion, zunächst um mit
den Schätzen der Kunst sein Heim zu
schmücken. Das Beieinander alter Kunst
der verschiedensten Formen und Stilarten
gab dem Hause des Verstorbenen sein ei-
gentlich geistiges Fluidum. Aber dieses war
dennoch wiederum örtlich gebunden, da
der Sammler sich ausschließlich auf die
Vergangenheit seiner zweiten Heimat, näm-
lich Ostpreußen, festgelegt hat. Von den
Möbeln ist es das heimische Barock, das
in den prachtvollen Schränken und Schreib-
kommoden vorzüglich vertreten ist, wäh-
rend die Sitz- und Ziermöbel mehr dem
englischen Formenkreise des 18. Jahrhun-
derts angehören. Die Gemälde, meist nie-
derländischer Herkunft, sind durchweg in-
teressant und von gutem Durchschnitt, die
englischen Farbstiche nicht minder bedeut-
sam wie die Bildnisminiaturen und Klein-
kunstarbeiten. In der Gruppe der Keramik
hat Meißen weitaus den Vorrang, aber auch
Wien und Berlin sind neben Delft gut ver-
treten. Auch die Abteilung des Silber ver-
fügt über kulturgeschichtlich interessante
Dokumente, und nicht zuletzt sind die in
dieser Sammlung vereinigten 18 Original-
arbeiten Adolfs von Menzel, darunter das
große Studienblatt zur Piazza d’Erbe mit
der Mitteilung an Paechter und das reizen-
de Aquarell einer humorvollen Satire auf
Paul Meyerheim, eine Überraschung für
jeden Freund dieses Künstlers.
Der prächtig ausgestattete Katalog ist mit
einem Vorwort von H. C. Krüger soeben er-
schienen.
FRANKFURT a. M.
Französische Bilder bei Bangel.
Rud. Bangel, Frankfurt a. M. verstei-
gert am 19. Mai die Sammlung des Grafen
J. Bouly. Die Kollektion, die insgesamt
100 Gemälde und Handzeichnungen, aus-
schließlich der französischen Schule des
ig. Jahrhunderts umfaßt, enthält Stücke von
seltener Qualität. Der mit 32 Tafeln ausge-
stattete Katalog ist mit einem Vorwort von
Meier-Graefe versehen, dem sämtliche Bil-
der zur Begutachtung vorlagen. Im Rah-
men dieser Vorbesprechung seien nur eini-
ge der imp ortantesten Stücke hervorgeho-
ben, von denen viele in der Literatur be-
kannt sind.
Von Gustave Courbet finden wir ein
Gemälde „Nackte Frau in der Landschaft“,
ferner eine „Winterlandschaft“ aus der
schlimmen Zeit vor seinem Ende, jedoch
unbedingt eigenhändig, das die lose Spon-
tanität, die Courbet auch in dieser Zeit noch
in glücklichen Stunden besaß, verrät. Eine
Perle der Sammlung ist eine große Land-
schaft von Corot, die nach Meier-Graefe
eines der bedeutendsten Beispiele der brei-
ten Manier Corots darstellt. Das Bild steht
auf der gleichen Höhe wie die Contreban-
diers und ähnliche Meisterwerke und ist in
den 50 er Jahren entstanden. Monet ist mit
einem für die Übergangszeit zu den Serien
der goer Jahre charakteristischen Werk
„Der Eisgang“ vertreten, der zu dem in der
gleichen Zeit entstandenen Bild ähnlichen
Motivs des Luxembourg in nahen Bezie-
hungen steht. Von Jules Dupre eine Ar-
beit in bester Zeit: „Landschaft mit Tüm-
pel“. Die ganze Kraft der Individualität Du-
pres, seine tiefe Farbe und sein kraftvoller
Aufbau der Landschaft stecken in dem Bil-
de. Weiterhin sind zu nennen ein „Kinder-
kopf“ von Eugene Carriere von selten
schöner Qualität, aus der frühen Zeit des
Meisters, zwei charakteristische Arbeiten
aus dem Volksleben „Bürger in der Pro-
vinz“ und „Unterhaltung und Überredung“
von Daumier, eine bedeutende Landschaft
von Victor Dupre, zwei in helleren Farben
gehaltene Werke von Georges Michel, so-
wie ein „Stilleben“ aus der ersten Pariser
Zeit von van Gogh. Zwei Pastelle von De-
gas der 80er und goer Jahre stellen Tänze-
rinnen dar. Von Th. Rousseau findet sich
eine in bräunlich hellen Mischtönen gehal-
tene „Landschaft mit Vieh“, ein spontan
niedergeschriebener Natureindruck von ei-
ner für Rousseau nicht eben häufigen Pa-
lette. Weiterhin sind zwei typische Arbei-
ten der 80er Jahre von Sisley, schöne Wer-
ke von Rosa Bonheur, Gericault und an-
deren führenden Meistern der französi-
schen Schule vorhanden.
Am 26.Mai folgt bei Rud. Bangel eine
Versteigerung von auserlesenen alten Por-
zellanen, die die Bestände zweier bekann-
ter deutscher Sammlungen umfassen. Das
durch die Versteigerung Darmstädter auf
dem Kunstmarkt geweckte Interesse für
Porzellan dürfte mit dieser Auktion neuen
Ansporn erhalten. Hervorragend vertreten
sind die Höchster Manufaktur mit Figu-
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