Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925
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Heft 4
DOI Artikel:Klar, Martin: Studien zum Werk des Töpfers MF
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Studien zum Werk des Töpfers M7
Mit neun Abbildungen auf fünf Tafeln Von Martin KLAR
UNTER den deutschen Hafnerarbeiten der Sammlung Lanna befand sich
eine mit bunten Schmelzfarben überzogene, 36 cm hohe Tonstatuette, die
Figur eines Mannes in spanischer Tracht. Der Katalog bezeichnet das Stück
(Nr. 596), das sich heute bei Frau Bromberg in Hamburg befindet, als säch-
sische Arbeit und verweist auf zwei verwandte Exemplare im Leipziger Grassi-
museum (Abb. 1) und Berliner Schloßmuseum (Abb. 2); erwähnt aber nicht,
daß diese Figuren mit einem Meistermonogramm MF signiert sind, und daß
eine vierte Statuette von Bode im Katalog der Sammlung Kaiserin Friedrich
im Schloß Friedrichshof — allerdings ohne Text — publiziert worden ist. Da
die Annahme einer sächsischen Provenienz sich lediglich darauf stützte, daß
die Leipziger Figur in Torgau gefunden und Fragmente ähnlicher Arbeiten in
Leipzig als Bodenfunde zutage gekommen waren, ist es notwendig, ihre Rich-
tigkeit nachzuprüfen. Das Gebiet der sächsischen Ofenkeramik ist bisher von
der wissenschaftlichen Forschung unberührt geblieben. Die vorliegende Ar-
beit kann deshalb weder bei der Zusammenstellung des Materials noch beim
Aufzeigen von Parallelen und Zusammenhängen Anspruch auf erschöpfende
Vollständigkeit machen.
Unsere Untersuchungen gehen von dem bekannten Material aus.
Stellt man die vier genannten Statuetten nebeneinander, so erkennt man ohne
weiteres, daß sie von ein und derselben Hand geschaffen sind. Auf profilier-,
tem Rundsockel stehen Männer in Schrittstellung, gestützt durch einen Baum-
stumpf, ein Arm hängt frei herab, der andere ist in die Seite gestemmt. Die
Dargestellten sind Soldaten. Ihre Uniformen entsprechen der Mode, die seit
Philipp II. bis in das zweite Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts in Deutschland ge-
tragen wurde. Die Waffen, ein Säbel in der Säbeltasche und eine Hellebarde
oder Partisane in der hohlen Hand des gestreckten Armes, waren aus Metall
und sind nirgends erhalten. Alle Figuren sind aus feinem weißen Pfeifenton
sehr sorgfältig mit freier Hand modelliert; dabei sind Sockel, Baumstumpf und
Körper hohl gebildet und die Köpfe mittels eines Tonzapfens vor dem Brande
eingesetzt und befestigt. Zur Vermeidung des Schiefbrennens wurde der auf
der Töpferscheibe aufgedrehte Sockel zweimal in der Wandung durchbohrt.
Beachtenswert und charakteristisch ist die Wiedergabe der Haare, die mit Hilfe
der Gießbüchse aus locker aufeinanderliegenden Tonfäden gebildet sind. Nach
den in der Masse gefärbten, nebeneinander aufgetragenen Glasuren gehören
die Statuetten zur Gruppe der deutschen Hafnerarbeiten. Zinnglasur wurde
nur für Kragen und Fleischteile verwendet, der weiße Schmelz verwischt hier
die Feinheiten der Modellierung. Die übrigen Farben sind durchsichtige Blei-
glasuren: Sockel und Baumstumpf sind grün, Strumpf und Hutfeder gelb, für
das Wams wurde grün oder braun gewählt. Die Friedrichshofer Figur trägt
vorn am Sockel, vor dem Brande eingeritzt, die Jahreszahl 1602, die Leipziger
und Berliner Figur 1604 und das Meistermonogramm MF, die Hamburger
Statuette ist 1606 datiert.
In Stil und Auffassung sind unsere Tonfiguren mit den Soldatenstichen des
Hendrick Goltzius und Jacob de Gheyn d. Ä. aufs engste verwandt. Trotz des
Mangels an origineller Gestaltungskraft, die schon in der Einförmigkeit des
Aufbaues zum Ausdruck kommt, überraschen diese plastischen Arbeiten des
MF nicht nur durch ihr hohes technisches Können und die sorgfältige Durch-
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Mit neun Abbildungen auf fünf Tafeln Von Martin KLAR
UNTER den deutschen Hafnerarbeiten der Sammlung Lanna befand sich
eine mit bunten Schmelzfarben überzogene, 36 cm hohe Tonstatuette, die
Figur eines Mannes in spanischer Tracht. Der Katalog bezeichnet das Stück
(Nr. 596), das sich heute bei Frau Bromberg in Hamburg befindet, als säch-
sische Arbeit und verweist auf zwei verwandte Exemplare im Leipziger Grassi-
museum (Abb. 1) und Berliner Schloßmuseum (Abb. 2); erwähnt aber nicht,
daß diese Figuren mit einem Meistermonogramm MF signiert sind, und daß
eine vierte Statuette von Bode im Katalog der Sammlung Kaiserin Friedrich
im Schloß Friedrichshof — allerdings ohne Text — publiziert worden ist. Da
die Annahme einer sächsischen Provenienz sich lediglich darauf stützte, daß
die Leipziger Figur in Torgau gefunden und Fragmente ähnlicher Arbeiten in
Leipzig als Bodenfunde zutage gekommen waren, ist es notwendig, ihre Rich-
tigkeit nachzuprüfen. Das Gebiet der sächsischen Ofenkeramik ist bisher von
der wissenschaftlichen Forschung unberührt geblieben. Die vorliegende Ar-
beit kann deshalb weder bei der Zusammenstellung des Materials noch beim
Aufzeigen von Parallelen und Zusammenhängen Anspruch auf erschöpfende
Vollständigkeit machen.
Unsere Untersuchungen gehen von dem bekannten Material aus.
Stellt man die vier genannten Statuetten nebeneinander, so erkennt man ohne
weiteres, daß sie von ein und derselben Hand geschaffen sind. Auf profilier-,
tem Rundsockel stehen Männer in Schrittstellung, gestützt durch einen Baum-
stumpf, ein Arm hängt frei herab, der andere ist in die Seite gestemmt. Die
Dargestellten sind Soldaten. Ihre Uniformen entsprechen der Mode, die seit
Philipp II. bis in das zweite Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts in Deutschland ge-
tragen wurde. Die Waffen, ein Säbel in der Säbeltasche und eine Hellebarde
oder Partisane in der hohlen Hand des gestreckten Armes, waren aus Metall
und sind nirgends erhalten. Alle Figuren sind aus feinem weißen Pfeifenton
sehr sorgfältig mit freier Hand modelliert; dabei sind Sockel, Baumstumpf und
Körper hohl gebildet und die Köpfe mittels eines Tonzapfens vor dem Brande
eingesetzt und befestigt. Zur Vermeidung des Schiefbrennens wurde der auf
der Töpferscheibe aufgedrehte Sockel zweimal in der Wandung durchbohrt.
Beachtenswert und charakteristisch ist die Wiedergabe der Haare, die mit Hilfe
der Gießbüchse aus locker aufeinanderliegenden Tonfäden gebildet sind. Nach
den in der Masse gefärbten, nebeneinander aufgetragenen Glasuren gehören
die Statuetten zur Gruppe der deutschen Hafnerarbeiten. Zinnglasur wurde
nur für Kragen und Fleischteile verwendet, der weiße Schmelz verwischt hier
die Feinheiten der Modellierung. Die übrigen Farben sind durchsichtige Blei-
glasuren: Sockel und Baumstumpf sind grün, Strumpf und Hutfeder gelb, für
das Wams wurde grün oder braun gewählt. Die Friedrichshofer Figur trägt
vorn am Sockel, vor dem Brande eingeritzt, die Jahreszahl 1602, die Leipziger
und Berliner Figur 1604 und das Meistermonogramm MF, die Hamburger
Statuette ist 1606 datiert.
In Stil und Auffassung sind unsere Tonfiguren mit den Soldatenstichen des
Hendrick Goltzius und Jacob de Gheyn d. Ä. aufs engste verwandt. Trotz des
Mangels an origineller Gestaltungskraft, die schon in der Einförmigkeit des
Aufbaues zum Ausdruck kommt, überraschen diese plastischen Arbeiten des
MF nicht nur durch ihr hohes technisches Können und die sorgfältige Durch-
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